Ludwig Wiese, Ministerialrat im preußischen Unterrichtsministerium,
beschreibt die Regelung hinsichtlich des Schuldgeldes im Königreich
Preußen. Das Schulgeld an den königlichen Gymnasien wurde im Jahr 1856
von jährlich 20 Talern auf 25 Taler erhöht. Die städtischen Gymnasien,
die ein niedrigeres Schulgeld einhoben, passten sich dieser Regelung an.
Das Ziel der Erhöhung war eine Aufbesserung der Lehrergehälter.
Dem
Schreiben Wieses ist ein Auszug aus der Zeitschrift für Gymnasialwesen
beigelegt. Dieser Auszug beschreibt die finanziellen Verhältnisse der
Gymnasien in Preußisch-Schlesien. An diesen Gymnasien ist das Schulgeld
im Vergleich zu anderen Ländern des Königreichs geringer. Der Aufsatz
zieht auch einen Vergleich zu den österreichischen Kronländern.
Bei dem Brief handelt es sich um einen Auszug aus einem Schreiben Ludwig Wieses an einen unbekannten Adressaten.
Beilage: Auszug aus der Zeitschrift für Gymnasialwesen (1858), S. 790
Aus einem Briefe des Geheimen Oberregierungsrathes L[udwig] Wiese in Berlin vom 5. December 1858.1
Das Schulgeld auf den Königlichen Gymnasien
betrug seit einer längeren Reihe von Jahren bis 1856 jährlich 20 Rt und 1 Rt
Turngeld, Zahlung vierteljährlich. Im Jahre 1856 wurde es auf meinen Antrag auf
24 Rt erhöht, mit Beibehaltung des Turngeldes. Die städtischen Gymnasien hatten bis 1856 meist einen etwas geringeren
Satz, einige aber auch einen höheren (z. B. Elberfeld
über 40 Rt jährlich). Sie folgten in der Maßregel der Schulgelderhöhung den
Königlichen bald größtentheils nach, einige freiwillig, andere durch die
Aufforderung genöthigt, die Lehrersbesoldungen zu verbessern. Die städtischen
Gymnasien machen übrigens Unterschiede zwischen den oberen und unteren Classen;
von den letzteren wird weniger gezahlt, ebenso von einheimischen Schülern
weniger als von fremden, doch ist das nicht überall so.
Es gibt jetzt kein
Gymnasium in Preußen, wo nicht in den oberen
Classen mindestens 20 Rt gezahlt wurden.
Eine Verminderung der
Schülerfrequenz hat die Schulgelderhöhung nirgends zur Folge gehabt; die Zahl
ist durchschnittlich in stetiger Zunahme.
Bei der Schulgelderhöhung wurde
den betreffenden Unterbehörden sogleich mitgetheilt, daß die Absicht sei, von
dem Ertrage die Lehrerbesoldungen, wo es nöthig sei, zu verbessern. Dies ist in
Berlin (ausgenommen das Joachimsthal, wo es nicht
nöthig war, also das Plus in die Schulcasse gieng und geht) bei den Königlichen
Gymnasien sogleich geschehen. So sind an den drei unter dem Direktor Ranke stehenden Anstalten (Gymnasium,
Realschule, Mädchenschule) im Jahre 1857 die Besoldungen an die Gesammtsumme von
4.130 Rt erhöht worden, im Einzelnen von 200 bis 25 Rt. Die städtischen
Patronate haben nicht die Schulgelderhöhung gern eintreten lassen, sich aber mit
der entsprechenden Verwendung für die Lehrer zum Theil säumig gezeigt, was
einiges compelle nöthig machte. Im Übrigen ist es bei den verschiedenen
Anstalten wie oben beim Friedrich Wilhelm Gymnasium gehalten worden ex uno disce
omnes.
Daß die fixirten Lehrer Schulgeldsantheile erhalten, findet nur noch
an wenigen Anstalten statt und soll allmählich überall abgeschafft werden, da es
allerdings nicht ohne bedenkliche Folgen bleibt.
Bei jeder neuen Anstellung
wird dieser Anspruch, wo er bestand, aufgehoben.
Aus Mützell’s Gymnasialzeitschrift 1858. Octoberheft S. 790.
Der Aufsatz enthält Data über die Frequenz und die finanziellen Verhältnisse
der Gymnasien in preußisch Schlesien. Besonders
beachtenswerth sind die Durchschnittsberechnungen auf S. 794. Die
Vergleichung mit den Verhältnissen der österreichischen Gymnasien wird
dadurch wichtiger, daß die Gemeindegymnasien Schlesiens den niedrigsten
Schulgeldsatz in Preußen haben.
Der
Durchschnitt des Schulgeldes, der auf den einzelnen Schüler entfällt (mit
Einrechnung der Befreiten), schwankt in den verschiedenen Anstalten von 7 ½
Rt = 11 fl – im kleinen Städtchen Lauban [Lubań] –
bis 18 7/10 Rt = 28 fl in Breslau – ungerechnet die
Liegnitzer [Legnica] Ritterakademie mit 30
Rt.
Als Durchschnitt der Schulgeldzahlung an
sämmtlichen Gymnasien Schlesiens ergibt
sich für den einzelnen Schüler fast 11 Rt = 16 ½ fl
In den
deutsch-slavischen Kronländern ergibt sich für das Schuljahr 1856/57 als
Durchschnitt des Schulgeldes für den einzelnen Schüler:
Niederösterreich fast 7 fl (für die
drei Gymnasien Wiens, akademisches
Schotten Josefst. allein gerechnet 8 ½ fl), Oberösterreich fast 5 fl, Salzburg 7 1/3 fl,
Tirol fast 6 fl, Steiermark fast 6 fl,
Kärnten 5 fl, Krain 6
1/3 fl, Küstenland 5 fl, Böhmen 6 4/5 fl, Mähren fast 8 fl, Schlesien 7 ½ fl,
Galizien fast 7 fl.