Professor Ernst Moy de Sons berichtet von der Situation an der Innsbrucker Universität. Zufrieden äußert er sich dabei über die Leistungen der Studenten, wobei er sich überrascht davon zeigt, dass die italienischen Studenten fleißiger seien als ihre deutschsprachigen Kommilitonen. Gerüchte über eine mögliche Schließung der philosophischen Fakultät erfüllen Ernst von Moy allerdings mit Sorge. Er betont daher die Vorzüge, welche eine philosophische Fakultät in Tirol habe: Dort gebe es nämlich einerseits tüchtige Professoren und andererseits existiere in Tirol eine auf christlicher Basis ruhende Philosophie, die andernorts erst begründet werden müsste. Moy bemerkt jedoch, dass ein guter Historiker in Innsbruck derzeit fehle. Danach kommt Moy auf die Universitätsbibliothek zu sprechen und betont, dass eine gut ausgestattete Bibliothek von großer Wichtigkeit für die Entwicklung der Universität und der Wissenschaften im Allgemeinen sei. Schließlich gratuliert er Thun zur Berufung Höflers nach Prag und hofft, darin auch ein gutes Omen für die Berufung eines Historikers nach Innsbruck sehen zu dürfen.
Euer Exzellenz
bitte ich meinen innigsten Dank zu empfangen für die wohlwollende und
rücksichtsvolle Weise, in der meine letzte Vorstellung in Betreff der von mir zu
gebenden Stunden erledigt wurde. Im nächsten Semester werde ich davon
profitiren. Für dieses Semester muß gleichwohl die Tiroler Zeitung zurückstehen;
denn die Collegien, über Kirchenrecht mit fünf Stunden und Rechtsgeschichte mit
vier Stunden wöchentlich, sind im Gange und fordern nun allerdings meine ganze
Thätigkeit. Besonders das letztere ist zahlreich und mit großer Theilnahme
besucht, und ich habe alle Ursache, mit dem Verhalten der jungen Leute im
höchsten Grade zufrieden zu seyn. Überraschend ist mir, daß verhältnismäßig die
Welschen noch mehr Eifer zeigen als die Deutschen. Es ist ein dankbarer Boden in
Tirol, und es wäre darum überaus schade, wenn
er nicht so ausgebeutet würde, wie er es verdiente. Ein durch öffentliche
Blätter verbreitetes, bisher nicht widersprochenes Gerücht, als solle nebst
anderen auch die hiesige philosophische Facultät eingezogen werden, hat hier
große Consternation verbreitet. Ich höre, die ständische Activität wolle eine
Vorstellung dagegen unterbreiten und vielmehr um Vervollständigung der hiesigen Universität bitten. Möchte
diese Bitte nicht an finanziellen Rücksichten scheitern! Die Tiroler haben
wichtige, im Interesse der Monarchie selbst gegründete Ursachen, die Erhaltung
ihrer Studien und Studenten im Lande zu wünschen: die Tirolische Atmosphäre ist
eine mächtig conservirende. Wir haben hier an Flir und Schönach [Schenach] und Böhm
für die philosophischen Studien tüchtige Kräfte. Bekämen wir noch einen
respektablen Historiker, so ließe sich von den Zöglingen der Innsbrucker Schule
etwas Ordentliches erwarten. Und wie wichtig ist eine auf christlichem Boden
erbaute Philosophie in dieser Zeit! Was man anderwärts mühsam erst begründen
müßte, das ist hier schon gegeben und in anerkannter Wirksamkeit. Wie schade,
wenn es eingehen sollte! Und welchen niederschlagenden Eindruck müßte es auf die
Gesinnung des Landes hervorbringen, das sich bewußt ist, durch die Haltung nicht
bloß des Volkes, sondern auch der Mehrzahl seiner im Lande gebildeten Beamten in
den Zeiten schwerer Prüfung vor anderen Kronländern sich ruhmvoll hervorgethan
zu haben!
Geruhen Euer Exzellenz es mir nicht zur Unbescheidenheit
anzurechnen, wenn ich an das zu erinnern wage, was ich bezüglich der hiesigen Universität persönlich
sowohl Seiner Majestät als Eurer
Exzellenz persönlich vorzutragen die Ehre hatte. Es scheint mir nicht so fast im
Interesse des Landes als vielmehr in dem der ganzen Monarchie von der
entscheidendsten Wichtigkeit. Gestatten auch die finanziellen Rücksichten jetzt
nicht an eine großartige Schöpfung zu denken, ähnlich dem, was die preußische
Regierung in gleichem Interesse einst in Bonn gethan, so
möchte doch ein allmäliges Aufbauen immerhin statthaft seyn. Dabei wären aber
die Bedürfnisse der Bibliothek in erste Linie zu stellen, die vorzüglich im
Fache der Geschichte und des Canonischen Rechtes selbst hinter den
bescheidensten Anforderungen zurück ist. Wie soll man die jungen Leute zu
wissenschaftlicher Thätigkeit anspornen, wenn man ihnen nicht einmal die
unentbehrlichsten Quellen und Hilfsmittel dazu an die Hand geben kann?
Die
Ernennung Höflers für
Prag hat mich innig erfreut, und
ich erlaube mir Eurer Exzellenz zu dieser Maßregel meinen herzlichsten
Glückwunsch darzubringen. Möchte sie ein glückliches Omen auch für Innsbruck seyn!
Genehmigen Eure
Exzellenz den Ausdruck der tiefsten Verehrung und Dankbarkeit, womit ich
verharre
Hochdero
unterthänigster Diener
Freih. v. Moy
Innsbruck, den 9. November 1851