Leo Thun an Gregor Zeithammer
Wien, 8. August o. J. [post Mai 1850–ante Oktober 1852]
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Regest

Leo Thun bittet den Gymnasialinspektor Gregor Zeithammer erneut um eine Auskunft über den Lehramtskandidaten Negedly. Er möchte wissen, ob dieser die Lehramtsprüfungen schon abgelegt habe oder nicht. Der Minister möchte ihn nämlich am Czernowitzer Gymnasium einstellen und er möchte dies auch dann tun, wenn jener die Prüfung noch nicht absolviert habe. Besonders in Galizien ist nämlich der Bedarf an Lehrern groß, so dass geeignete, bereits geprüfte Lehrer rar sind. Der Minister möchte außerdem die Gymnasialinspektoren zu einer Besprechung einberufen. Da viele der Inspektoren jedoch erst kürzlich ernannt worden sind, wird er dieses Treffen noch bis auf den Oktober verschieben. Allerdings will er Zeithammer schon vorher zu einer eigenen Besprechung ins Ministerium bitten.

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Edierter Text

Wien, den 8. August!

Lieber Herr Gymnasialinspektor!

Ich muß mir über Negedly doch nochmals Auskunft erbitten. Hat er auch die Prüfung noch nicht bestanden, so will ich ihn doch noch nicht aus den Augen lassen. Der Bedarf an Gymn. Lehrern schon in Folge der nichterfolgten Anstellungen ist groß; dazu kommt der Mehrbedarf wegen der 7. und 8. Klassen, und endlich wegen der Nothwendigkeit durch Pensionierung oder auf andere Weise schlechte Elemente zu beseitigen. In Galizien allein werden ca. 50 bis 60 benöthiget. Diese Umstände werden es rechtfertigen, das nächste Jahr noch hie und da mit ungeprüften Supplenten auszuhelfen. Nahlowsky hat in Cernovic eine Reihe befähigter Leute, er kann einen in der Ausbildung noch zurückstehenden Supplenten vertragen, wenn er ein Mensch von Strebsamkeit, gutem Willen und verlässlichem Charakter ist. Ich bitte Sie deshalb nochmals um Aufschluß, ob Negedly sich dieser Eigenschaften rühmen kann, für welche Fächer er sich der Prüfung nebst Physik und Mathematik noch unterziehen wollte, und ob er etwa so schwach ist, daß sich von ihm auch nichts für die Zukunft hoffen läßt.
Jedenfalls will ich die Gymnasialinspektoren einberufen. Meine Absicht war aber es erst im Oktober, nämlich nach Beendigung der Maturitätsprüfungen zu thun, weil sie erst dann nähere Kenntnis von den verschiedenen Anstalten erlangt haben würden, um so mehr als die für Mähren und Schlesien, die innerösterreichischen 3 Kronländer, und die Küstenländer erst kürzlich ernannt worden sind. Indes würde das nicht hindern, daß ich Sie auch schon früher einmal einberufe, (nachdem Sie und nur Sie eine Bereisung schon vorgenommen haben), wenn Sie es für zweckmäßig erachten, um die Lösung einiger unverschieblicher Fragen herbei zu führen. Ich sehe diese Zweckmäßigkeit vollkommen ein, werde jedoch vorerst deshalb noch an Exner schreiben, dessen Rückkehr ich womöglich abzuwarten wünschte. Schreiben Sie mir inzwischen, welcher Zeitpunkt Ihnen mit Rücksicht auf das was Sie vor Beginn des neuen Studienjahres zu thun haben, der geeignetste scheint. In Betreff des utraquistischen Unterrichts denke ich demnächst eine Weisung für Böhmen zu erlassen.

An den Gehalten wird es für das kommende Schuljahr etwas zu ändern noch kaum möglich sein.

Mit aufrichtiger Hochachtung
Ihr
ergebener
Thun

Von den approbirten Kandidaten gedenke ich diejenigen, die schon als Supplenten gute Dienste geleistet haben, wohl auch andere über deren pädagogische Befähigung in anderem Wege Bürgschaft erlangt werden kann ohne Weiteres anzustellen, und wünsche sehr, daß ihre Zahl bei der Prager Commission groß genug sei, um einige für Galizien, Ungarn und Kroazien verwenden zu können.