Leo Thun erkundigt sich bei Franz Exner, wann dieser wieder in das
Ministerium kommen werde. Der Minister möchte nämlich, einem Vorschlag
von Gregor Zeithammer folgend, einige Gymnasialinspektoren aus Böhmen
und Galizien zu einer Besprechung nach Wien einladen, um deren Eindrücke
über die Situation an den Gymnasien zu erfahren. Thun bittet Exner um
seine Meinung dazu. Thun glaubt nicht, dass eine Reise Exners nach
Deutschland derzeit erforderlich sei, es sei denn, Exner könne auf einer
solchen Reise einen Professor für Geschichte für die Prager Universität
gewinnen. Abschließend wünscht Thun Exner noch eine gute
Besserung.
In der Beilage findet sich ein Brief von Gregor Zeithammer,
in der dieser einige Fragen zur Reorganisation der Gymnasien an Leo Thun
richtet.
Auf der Rückseite findet sich in Abschrift ein Auszug aus einem Brief von Gregor Zeithammer.
Wien, den 10. August
Lieber Herr Ministerialrath!
Ein Brief von Zeithammer – aus welchem ich einen Auszug am Ende folgen lasse bestärkt mich wieder in meiner früheren Ansicht, daß es sehr gut wäre die Gymnasial-Inspektoren – wenigstens diejenigen, die schon in der Lage waren Bereisungen vorzunehmen und die eine große Anzahl von Gymnasien unter ihrer Aufsicht haben, etwa die aus Böhmen und Galizien und dazu vielleicht Kleemann – auch während der Ferien einzuberufen. Ich bitte, schreiben Sie mir Ihre Meinung darüber, und zugleich wann Sie wieder hier einzutreffen denken, wobei ich Sie aber dringend bitte, sich nicht zu übereilen, sondern sich ordentlich auszukurieren. Zu einer Reise nach Deutschland wüßte ich Ihnen keine besonderen Aufträge zu geben, es wäre denn, daß Sie Hoffnung hätten für Prag einen zweiten Grauert zu finden. Das ließe sich aber auch später machen und ich sollte denken Sie thäten besser jetzt auf gar nichts als Ihrer Erholung zu denken, und die Rückreise daher mit einer Tour in das Salzkammergut oder dergleichen zu verbinden. Ich hoffe der Kreuzbrunn schlägt Ihnen gut an, und Sie finden unter der Gästen von denen Marienbad überfüllt sein soll, einige die Ihnen die Brunnen und Waldpromenaden angenehm machen.
Mit aufrichtiger Hochachtung
Ihr ergebener Thun
Auszug:
Es entstehen jetzt viele wichtige Fragen, welche vielleicht am besten ihre
Lösung erhielten, wenn wir Inspektoren nach Wien zu
den einschlägigen Berathungen berufen würden, denn schriftlich sind die
Erörterungen darüber zeitraubend und unvollständig. Ich erlaube mir hier
einige zu berühren:
Sind die als befähigt anerkannten Kandidaten
sogleich vorzuschlagen und anzustellen? was sehr wünschenswerth ist, da das
Supplentenwesen nicht viel taugt.
Welche Gymnasien werden Ober-, welche
nur Untergymnasien sein? sind vor der Hand sechsklassige zu
belassen?
Wie ist es in Hinkunft mit dem utraquistischen Unterricht zu
halten? Da der Usus ein sehr verschiedener ist, wie aus meinem, dem
H. Statthalter bereits
übergebenen Revisionsbericht an das hohe Ministerium
hervorgeht.
Was haben die Gemeinden für Dotationen zu übernehmen? Ich
habe überall diesfalls, ohne früher das betreffende Dekret zu kennen, mit
den Stadtverordneten konferiert und die Resultate in meinen Bericht
aufgenommen.
Wie steht es mit den für die zwei obersten Klassen nöthigen
Lokalitäten und Apparaten?