Der Paragraf 3 des Antrags des Episkopats behandelt die Aufgabe und
Stellung der Religionslehrer und Katecheten. In diesem Zusammenhang
äußern sich die Bischöfe grundsätzlich positiv darüber, dass in allen
Klassen des Gymnasiums Religionsunterricht stattfinden soll. Die
Bischöfe sprechen sich jedoch dagegen aus, dass die Religionslehrer auch
die Predigten an den Sonntagen halten sollen, da dies zu Überlastung
führen werde. Zuletzt werfen sie die Frage auf, ob an Gymnasien, an
denen nur Priester unterrichten, in den unteren Klassen wieder
Klassenlehrer eingeführt werden sollten.
Johann Kleemann bemerkt zur
Frage der Predigten, dass dieser Antrag bereits in Ausarbeitung sei.
Hinsichtlich der Frage der Klassenlehrer gäbe es durchaus verschiedene
Überlegungen in diese Richtung. Allerdings scheint die praktische
Umsetzung schwierig, zumal dann ein Klassenlehrer auch den
Religionsunterricht zu erteilen hätte, was wiederum die Zustimmung des
jeweiligen Bischofs erfordere.
Das Gutachten ist mit weiteren 18 Gutachten unter der Signatur A3 XXI D383 abgelegt.1
Mit eh. Anmerkungen Thuns.
III.
Die versammelten Bischöfe müssen im Durchschnitte es für wünschenswerth
erklären, daß an öffentlichen Gymnasien die obere und die untere Abtheilung
einen besonderen Religionslehrer habe, welcher zugleich für seine Schüler die
sonntäglichen Predigtvorträge halte. Jedenfalls ist es durchaus unzulässig, daß
einem Manne, welcher wöchentlich siebenzehn oder wenigstens sechzehn Lehrstunden
zu halten hat, überdies auch die sonntäglichen Predigtvorträge zugewiesen
werden, denn es ließe sich weder erwarten noch mit Billigkeit verlangen, daß er
auf die Vorbereitung die gehörige Zeit und Mühe verwende. Der
Religionsunterricht in allen acht Gymnasialklassen kann also demselben Manne nur
dann übertragen werden, wenn für die Erbauungsreden ein anderer befähigter
Preister verfügbar ist.
Es muß als Regel festgehalten werden, daß der
Religionslehrer bloß für sein Fach leben soll, wenn aber das Gymnasium zwei
Religionslehrer hat, so ist es nicht schlechthin unzulässig, daß derselbe mit
jedesmaliger Genehmigung des Bischofes aus einem den Studien seines Bereiches
verwandten Fache einige Lehrstunden ertheile. Die Herstellung einer strengen
Gleichförmigkeit ist weder nothwendig noch räthlich. Es muß dem Bischofe ein
Spielraum bleiben, inner welchem er nach Maßgabe der Verhältnisse und der zu
seiner Verfügung stehenden Männer das Nöthige anordnen kann. Übrigens verdient
es in reifliche Überlegung gezogen zu werden, ob es bei Gymnasien, deren Lehrer
sämmtlich Priester sind, nicht zweckmäßiger wäre, für das Untergymnasium vier
Professoren zu bestellen, welche ihren Schülern aus sämmtlichen Gegenständen
Unterricht zu ertheilen und sie bis zum vierten Jahrgange hinaufzuführen hätten.
Doch kann auf diese Frage, in soweit sie die Staatsgymnasien betrifft, wohl erst
bei definitiver Regelung dieser Lehranstalten näher eingegangen werden.
§ III. die Gymnasialkatecheten betreffend:
"Der
gegenwärtige Stand der Frage ist in Beziehung auf den ganzen Umfang des Reiches,
mit Ausschluß des lombardisch-venezianischen
Königreichs darzustellen und die Äußerung zu erstatten, ob im
Hinblicke auf denselben die vorliegende Eingabe zu einer Bemerkung oder
Verfügung Anlaß gebe."
Votum:
a. Diese Frage ist auf Grundlage der von dem
Gesammtepiskopate (mit Ausschluß jenes im lombardisch-venezianischen Königreiche) abgegebenen Gutachten und
Anträge ganz nach dem hier wiederholt ausgesprochenen Wunsche, so daß in
vorkommenden Fällen den Bischöfen ein freier Spielraum in ihrer Entschließung
gelassen wird, mit allerhöchsten Entschließungen vom 6. April und 7. Juli 1856
und mit der Ministerialverordnung vom 19. Juli 1856 Z. 10509 erledigt. Die
Durchführung dieser Verordnung im Einvernehmen der betreffenden Bischöfe ist im
Gange.2
b. Dem weiteren
Wunsche, daß an Gymnasien, deren Lehrer sämmtlich Priester
sind, für das Untergymnasium vier Lehrer bestellt werden,
welche ihren Schülern aus sämmtlichen Gegenständen Unterricht zu ertheilen und
sie bis zum 4. Jahrgange hinaufzuführen hätten, steht ebenfalls kein grundsätzliches Bedenken entgegen, vielmehr ist dieser Wunsch
bis zu gewißem Maße auch vom Ministerium schon im
Jahre 1852 normativ ausgesprochen worden, daß nämlich thunlichst dahin gestrebt
werde, daß am Untergymnasium, wo die wissenschaftlichen Rücksichten von den
pädagogischen überwogen werden, der Klassenordinarius die Hauptfächer in seine
Hand nehme und das ihm zugewiesene Stundenmaß entweder ganz oder zum größten
Theile in ein und derselben Klasse ausfülle (Akt 9105 52). Allein der wirklichen Ausführung stehen mehrfache Hindernisse im Wege
und hängt dieselbe von Bedingungen ab, die nicht an allen, wohl an den wenigsten
Gymnasien schon jetzt vorhanden sind, worüber schon in dem gedruckten
Gymnasialoperate Seite 81–83 das Nähere angegeben wurde.
c. Sollte damit
gemeint sein, daß in jeder Klasse der Klassenlehrer auch den Religionsunterricht
zu ertheilen hätte, so sind auf diesen Modus die Bischöfe vom Ministerium selbst
und zuerst aufmerksam gemacht worden, mit dem Beisatze, daß diese Maßnahme, wenn
sie als zweckmäßig erkannt würde, dem Ermessen des Bischofes im Einvernehmen des
Ordensvorstandes anheim gestellt bleiben müßte, daß aber vom Ministerium nicht
beabsichtigt wird, hierüber ein bindendes Regulativ im administrativen Wege zu
erlassen. (Akt 3173 55).
d. Der Schlußsatz, "doch kann auf diese Frage (oben
b.), in so weit sie die Staatsgymnasien betrifft, erst bei definitiver Regelung
dieser Anstalten näher eingegangen werden", beruht auf einer unrichtigen
Auffassung der allerhöchsten Sanktion vom 9. December 1854.
Kleemann