Brief eines nicht identifizierbaren Absenders an Leo Thun
o. O., 29. Januar 1851
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Regest

Ein nicht identifizierbarer Schreiber übermittelt Leo Thun Informationen zu Antoni Walewski.
In der Beilage schildert derselbe Schreiber den Lebenslauf Walewskis. Dieser wurde in Galizien geboren und übersiedelte 1834 nach Paris. Er forschte in verschiedenen Archiven Deutschlands und verfasste mehrere historische Werke, in denen Österreich durchwegs positiv geschildert worden ist. Die Februarrevolution machte seine sicher geglaubten Aussichten auf eine Anstellung in Frankreich zunichte. Walewski ist streng katholisch und ein Gegner Russlands.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Eure Excellenz!

In der Unterlage bin ich so frei, einige Daten Walewski betreffend mitzutheilen; dieselben beruhen nur theilweise auf seiner eigenen, im Übrigen auf verläßlicher Mittheilung dritter Personen.

In tiefster Hochachtung

[?]1

A[ntoni] Walewski in Galizien geboren, machte den russisch-polnischen Feldzug mit und ging im Jahr 1833 mit Reisepaß nach Wien, wo er fruchtlos um Zulassung ins Archiv ersuchte, dann nach Paris; im Jahr 1834 arbeitete er mit Moritz Mochnacki am 2. Bande von dessen Geschichte (der polnischen Revolution)2, der nicht mehr im radicalen Sinne des 1. abgefaßt ist.
Im Jahr 1835 wurde Walewski in das Pariser Archiv zugelassen.
Von den Demokraten verfolgt ging er nach Brüssel, Amsterdam und Haag, wo er in Archiven arbeitete und Materialen für seine im Manuscripte vorbereitete Geschichte des europäischen Gleichgewichtes sammelte (1840–1841), ein Gleiches that er im Jahr 1842–1844 in Berlin, Hamburg, Copenhagen; wegen mehrerer Schriften im Oesterreichfreundlichen Sinne und für dessen Allianz mit Frankreich wurde er von den Demokraten angefeindet, von Czartoryski aber nach Paris eingeladen, wo er auf dessen Verlangen vom Jahr bis 1844 [sic!] vier Memoria an Oesterreich, Frankreich und England schrieb, von denen zwei hier durch St. Aulaire übergeben worden sein sollen:
1. Des droits et des obligations des puissances signataires du traité de Vienne.
2. De l’influence de l’infraction des traités sur les idées sociales.
3. De la prépondérance de la Russie vis-à-vis les puissances occidentales et catholiques.
4. Memoire au St. Père sur le progrès du schisme russe.
Mit der polnischen royalisten Partei [sic!] will er im Jahr 1846 aus Anlaß derer erst damals revolutionär gewordenen Richtung und derer Einmengung in die Aufstandsversuche gebrochen haben.
Er konnte erst 1848 nach Oesterreich, wo man ihn fälschlich für den Verfasser der „Lettres d’un gentilhomme polonais au prince de Metternich“3 hielt, zurückkehren; nachdem er kurz früher einen Antrag erhalten hatte, in französische Dienste zu treten, mit der Bestimmung, die deutschen Verhältnisse nach dem alten öffentlichen Recht des heiligen römischen Reiches und nach den Traktaten zu beleuchten, namentlich die Einheitsfrage zu behandeln; er schrieb auch hierüber eine Abhandlung, so wie eine zweite unvollendete für M. Guizot bestimmt „Ce qu’il y a á faire dans la politique du nord“. Die Februarrevolution vernichtete die Aussichten Walewskis auf eine Anstellung in Frankreich.
Im Jahr 1848 betheiligte sich Walewski anfangs an dem Journal Polska, verließ es jedoch bald und war in heftiger Opposition gegen die Radicalen.
So viel ich mich entsinne war einmal das Gerücht verbreitet und sogar in den Journalen besprochen, daß Walewski fruchtlos die Naturalisation in Frankreich angesucht und daß man nach der Revolution ein Verzeichnis der Summen gefunden, die er von der französischen Regierung bezogen haben soll; er widerspricht dessen Angaben, und ich glaube, daß hier eine Verwechslung mit dem Diplomaten Walewski zu Grunde liegen dürfte.
Er ist streng katholisch und aus confessionellen Gründen eben so sehr wie aus nationellen ein Gegner Rußlands.
Wenn er ein Czartoryskischer Emissär war, wie man behauptete, so wird er der ohnehin sterbenden Sache dieser Theaterdynastie wenig genützt haben, er ist zu doctrinair wie zu agitive[?].