Ein nicht identifizierbarer Schreiber übermittelt Leo Thun Informationen
zu Antoni Walewski.
In der Beilage schildert derselbe Schreiber den
Lebenslauf Walewskis. Dieser wurde in Galizien geboren und übersiedelte
1834 nach Paris. Er forschte in verschiedenen Archiven Deutschlands und
verfasste mehrere historische Werke, in denen Österreich durchwegs
positiv geschildert worden ist. Die Februarrevolution machte seine
sicher geglaubten Aussichten auf eine Anstellung in Frankreich zunichte.
Walewski ist streng katholisch und ein Gegner Russlands.
Eure Excellenz!
In der Unterlage bin ich so frei, einige Daten Walewski betreffend mitzutheilen; dieselben beruhen nur theilweise auf seiner eigenen, im Übrigen auf verläßlicher Mittheilung dritter Personen.
In tiefster Hochachtung
[?]1
A[ntoni] Walewski in
Galizien geboren, machte den russisch-polnischen
Feldzug mit und ging im Jahr 1833 mit Reisepaß nach
Wien, wo er fruchtlos um Zulassung ins Archiv
ersuchte, dann nach Paris; im Jahr 1834 arbeitete er
mit Moritz Mochnacki am 2.
Bande von dessen Geschichte (der polnischen Revolution)2, der nicht mehr im radicalen Sinne des
1. abgefaßt ist.
Im Jahr 1835 wurde Walewski in das Pariser
Archiv zugelassen.
Von den Demokraten verfolgt ging er nach Brüssel, Amsterdam und
Haag, wo er in Archiven arbeitete und Materialen
für seine im Manuscripte vorbereitete Geschichte des
europäischen Gleichgewichtes sammelte (1840–1841), ein Gleiches
that er im Jahr 1842–1844 in Berlin,
Hamburg, Copenhagen; wegen mehrerer Schriften im
Oesterreichfreundlichen Sinne und für dessen Allianz mit
Frankreich wurde er von den Demokraten angefeindet,
von Czartoryski aber nach
Paris eingeladen, wo er auf dessen Verlangen vom
Jahr bis 1844 [sic!] vier Memoria an Oesterreich,
Frankreich und England schrieb,
von denen zwei hier durch St.
Aulaire übergeben worden sein sollen:
1. Des droits et
des obligations des puissances signataires du traité de Vienne.
2. De
l’influence de l’infraction des traités sur les idées sociales.
3. De la
prépondérance de la Russie vis-à-vis les puissances occidentales et
catholiques.
4. Memoire au St. Père sur le progrès du schisme
russe.
Mit der polnischen royalisten Partei [sic!] will er im Jahr 1846
aus Anlaß derer erst damals revolutionär gewordenen Richtung und derer
Einmengung in die Aufstandsversuche gebrochen haben.
Er konnte erst 1848
nach Oesterreich, wo man ihn fälschlich für den Verfasser
der „Lettres d’un gentilhomme polonais au prince de Metternich“3 hielt,
zurückkehren; nachdem er kurz früher einen Antrag erhalten hatte, in
französische Dienste zu treten, mit der Bestimmung, die deutschen
Verhältnisse nach dem alten öffentlichen Recht des heiligen römischen
Reiches und nach den Traktaten zu beleuchten, namentlich die Einheitsfrage
zu behandeln; er schrieb auch hierüber eine Abhandlung, so wie eine zweite
unvollendete für M. Guizot
bestimmt „Ce qu’il y a á faire dans la politique du nord“. Die
Februarrevolution vernichtete die Aussichten Walewskis auf eine Anstellung in
Frankreich.
Im Jahr 1848 betheiligte sich
Walewski anfangs an dem
Journal Polska, verließ es jedoch bald und war in heftiger Opposition gegen
die Radicalen.
So viel ich mich entsinne war einmal das Gerücht
verbreitet und sogar in den Journalen besprochen, daß Walewski fruchtlos die Naturalisation
in Frankreich angesucht und daß man nach der Revolution
ein Verzeichnis der Summen gefunden, die er von der französischen Regierung
bezogen haben soll; er widerspricht dessen Angaben, und ich glaube, daß hier
eine Verwechslung mit dem Diplomaten Walewski zu Grunde liegen
dürfte.
Er ist streng katholisch und aus confessionellen Gründen eben so
sehr wie aus nationellen ein Gegner Rußlands.
Wenn er ein Czartoryskischer Emissär war,
wie man behauptete, so wird er der ohnehin sterbenden Sache dieser
Theaterdynastie wenig genützt haben, er ist zu doctrinair wie zu
agitive[?].