Ein Schullehrer aus dem böhmischen Erzgebirge bittet Kaiserin Elisabeth um eine finanzielle Unterstützung für sich, seine bettlägerige Frau und seine noch unversorgten fünf Kinder. Der Grund für seine Armut ist die allgemeine Not der Bevölkerung, die das Schulgeld nicht bezahlen kann und ihm auch nur geringe Naturalgaben leistet. Er hat somit nur ein geringes Einkommen. Er gelobt, für das Kaiserpaar zu beten.
Das Schreiben befindet sich im Nachlass gemeinsam mit zehn weiteren Majestätsgesuchen unter der Signatur A3 XXI D320.
Eure Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät!
Ich allerunterthänigst Gefertigter werfe mich zu den Füßen Euerer k.k.
Apostolischen Majestät und unterbreite in tiefster Unterthänigkeit diese meine
ehrfurchtvollste Bitte um eine allergnädigste Unterstützung in meiner Noth und
gedrängten Lage, in der zuversichtlichen Hoffnung, nicht unerhört zu
bleiben.
Ich unterthänigst Gefertigter bin an der Trivialschule zu
Laucha [Louchov] am Fuße des böhmischen armen
Erzgebirges nächst Preßnitz [Přísečnice]
als Lehrer angestellt und arbeite als solcher an derselben nun durch 43 Jahre
zur allseitigen Zufriedenheit, habe 10 eheliche Kinder erzogen, wovon 5 noch am
Leben und noch unversorgt sind, habe mehrere theure Zeiten, Kriegs- und
Nothjahre überstanden; aber das gegenwärtige Jahr und die drückende Noth ist mir
unmöglich zu überstehen, wenn nicht Gott das milde, wohlthuende Herz Eurer k.k.
Apostolischen Majestät aufschließt und mir durch Allerhöchst dasselbe einige
Hilfe zukommen läßt.
Mein gegenwärtiger Gehaltsbezug besteht gemäß
adjustierter Fassion in einigen Naturalien, einem Gehaltsbeitrag zu 36 fl 40 kr
und 66 fl 30 kr an Schulgelde, dann 50 fl aus dem k.k. Schulfonde, welches
zusammen einen jährlichen Gesamtbetrag von 184 fl ausmacht. Allein, da hier die
Ernten schon durch einige Jahre mißriethen, so konnten mir die Insassen nicht
alles oder doch nur in schlechter Qualität entrichten, und das Schulgeld und der
Gehaltsbeitrag wird größtentheils in ausstehenden Resten verwiesen, weil die
Leute ganz verarmt sind, keinen Verdienst haben und nicht im Stande sind, das
nöthige Brod zu erschwingen.
Unterthänigst Gefertigter kann daher um so
weniger auf diese ausstehenden Resten Rechnung machen, als selbe durch die schon
versuchten politischen Zwangsmittel nicht einbringlich gemacht werden
konnten.
Ja, man muß noch froh und zufrieden seyn, wenn die Eltern ihre
Kinder, die oft Nichts im und nur sehr wenig auf dem Leibe haben, in die Schule
schicken, wo sie mit Büchern, Papier und Tinte und nicht selten vom Lehrer mit
etwas Brod unterstützt werden müssen, um sie zum Lernen zu
ermuntern.
Gefertigter selbst aber ist arm, hat oft weder Geld noch Brod im
Hause und muß somit sammt Familie die bitterste Noth leiden, weil er nichts mehr
zu verstoßen hat und Niemand ohne Geld etwas vorstrecken will und es bei aller
Einschränkung und Mäßigkeit eine Unmöglichkeit ist, bei gegenwärtiger Theuerung
mit einer Familie von 6 Personen zu leben, um so vielweniger, als seine Gebühren
kaum zur Hälfte einbringlich gemacht werden.
Da ich mich nun nicht mehr zu
retten und nirgends wo Hülfe aufzusuchen weiß, so flehe ich das edle, milde und
großmüthige Herz Eurer k.k. Apostolischen Majestät hiermit um Erbamen an und
bitte fußfälligst um eine allergnädigste Unterstützung aus folgenden wahrhaften
Gründen:
1. Bin ich Vater von 5 noch unversorgten Kindern, welche um Nahrung
und Kleidung flehen und habe
2. ein an Händen und Füßen durch die Gicht
gelähmtes bettlägeriges Weib, das täglich Wartung, Pflege und ärztliche Hilfe
bedarf.
3. Bin ich selbst 67 Jahre alt, arbeite bereits 50 Jahre
unausgesetzt im öffentlichen Schuldienste und muß Schule und Kirche täglich und
nicht selten mit hungrigen Magen versehen.
4. Weiß ich mich weder eines
moralischen noch politischen Vergehens schuldig und gedenke durch treue
Pflichterfüllung und täglich eifriges Gebet für das Wohlergehen unseres
allgeliebtesten Allerhöchsten Kaiserpaares mich der Würdigung einer hilfreichen
Unterstützung in dieser bedrängten Lage für die alten Tage verdient zu machen
und rufe in froher Hoffnung aus: „Hoch lebe unser allgeliebster Kaiser Franz Joseph! Hoch lebe unsere allgeliebteste
Landesmutter Elisabeth!
allerunterthänigster
Joseph [?]
Schullehrer
Laucha, am 28. Juni 1854