Der Statthaltereirat Rudolf Kink bedankt sich für das Angebot von Leo Thun, sich um die Stelle des Unterrichtsreferenten in Innsbruck bewerben zu können. Er bittet allerdings stattdessen darum, wieder in das Ministerium für Kultus und Unterricht nach Wien zurückkehren zu dürfen. Dabei bewegen ihn weder finanzielle oder gar Gründe des öffentlichen Ansehens, sondern nur der persönliche Wunsch, wieder nach Wien zurückzukehren und direkt dem Minister zu dienen. Auch erscheint Kink der Dienst im Ministerium angenehmer und interessanter. Das Amt des Unterrichtsreferenten in Innsbruck sei zudem sehr weit gefächert und wäre zumindest in Tirol besser einem Geistlichen zu übertragen. Außerdem habe sich sein Bekanntenkreis in Innsbruck nahezu aufgelöst, so dass man von einer Rückkehr in die Heimat beinahe nicht sprechen könne. Allerdings betont Kink, dass nicht sein Wunsch, sondern der Wille des Ministers ausschlaggebend sei und er sich bereitwillig dessen Anordnungen unterordnen werde.
Euere Excellenz!
So eben erhielt ich das Schreiben Ehrhart’s, der mir im Auftrage Eurer Excellenz mittheilte, daß
es mir, da die Übersetzung nach Venedig problematisch
sei, freigestellt bleibe, mich um die Unterrichtsreferentenstelle in
Innsbruck zu bewerben. Indem ich für diesen neuen
Beweis gnädiger Rücksichtnahme meinen ehrfurchtsvollen Dank ausdrücke, sehe ich
eben darin zugleich die Ermächtigung, in der Sache selbst mein Anliegen mit
Offenheit vorzutragen.
Bevor ich nach Troppau und
bevor ich nach Triest kam, hatten Eure Excellenz beide
Male die Gnade, es mir freizustellen, ob ich nicht diesem Avancement in die
Provinz das Verbleiben im Ministerium vorzöge. Besondere Gründe, die Euer
Excellenz auch gnädig aufnahmen, bestimmten mich damals, die schnellere
Beförderung in der Provinz vorzuziehen. Wären diese besondern Verhältnisse nicht
gewesen, so hätte ich – nach dem Beispiele der meisten meiner Kollegen – es
vorgezogen, zu bleiben. Denn nebst dem, daß mir der Dienst dortselbst durch das
gnädige Vertrauen Eurer Excellenz besonders werth gemacht wurde, hat derselbe
(ganz abgesehen von dem Aufenthalte in Wien) sehr große
Vorzüge vor dem Dienste in der Provinz. Er ist gleichzeitig angenehmer und
interessanter. Die Stellung des Unterrichts- und Kultusreferenten wird aus Anlaß
der vielen persönlichen Berührungen und durch eine Menge von Geschäften, die
ganz interessenlos und doch zeitraubend sind, verbittert. Nunmehr, da die Dinge
ganz anders gekommen sind, als ich dachte, habe ich keinen andern Wunsch mehr als
den, daß mir die Rückkehr zum Ministerium nicht versperrt bleibe, sei es auch,
ohne alle Beförderung in gleicher Eigenschaft. Ich vermied es, bisher Eure
Excellenz mit dieser Bitte lästig zu fallen und werde auch in Zukunft damit
nicht mehr lästig fallen; aber es gereicht mir zum großen Troste, daß der
gegenwärtige Anlaß es mir gestattet, sie vorbringen und in Eure Excellenz Hände
legen zu können.
Was die Stellen in Venedig und
Innsbruck anbelangt, so glaube ich, ist der
Gesichtspunkt folgender. Die Unterrichtsreferentenstelle in
Venedig ist wichtiger und instruktiver als jene in
Triest; eine Übersetzung dahin kann daher, auch
abgesehen von dem höhern Gehalte von 2500 f., nur als ehrenvoll betrachtet
werden. Dagegen würde die Übersetzung nach Innsbruck kaum
den Anschein des Gegentheils vermeiden, weil, wenn auch die Provinz größer, doch
die Stadt viel unbedeutender ist als Triest. Der Umstand,
daß ich in Innsbruck das Quartiergeld von 400 f. verliere, würde mich um seiner
selbst willen nicht abschrecken, denn ich weiß, daß man faktisch mit 2000 f. in
Innsbruck nicht schlechter daran ist als mit 2400 f.
in Triest, aber dieser Umstand trägt auch wieder dazu
bei, den Posten als einen geringern erscheinen zu lassen. Eure Excellenz haben
dabei gewiß in Betracht gezogen, daß Innsbruck meine
Heimat ist, der ich vor allen übrigen Orten den Vorzug geben würde. Allein seit
den 6 Jahren meiner Abwesenheit hat sich dort so vieles verändert; der Kreis
meiner Lieben und Bekannten ist dort so sehr gelichtet worden, daß ich den
Maßstab und die Erinnerungen der frühern Jahre gar nicht mehr dafür verwenden
könnte. Es scheint mir auch zweifelhaft, ob nicht diese Stelle in
Innsbruck von einem Geistlichen bekleidet sein
sollte; nicht so sehr der Geistlichkeit wegen, der, so viel ich glaube, ein
weltlicher Referent sogar lieber ist, weil er nicht so leicht in eine schiefe
Stellung zu den Ordinariaten kommt, sondern der Bevölkerung wegen. Wenn ich nun
ferner erwäge, daß meine Bewerbung um diesen, in der Allgemeinheit gewiß als
geringer angesehenen Posten, wenn sie nicht gelingt, hier zu manchen sonderbaren
Auslegungen Anlaß geben würde, so werden Eure Excellenz es gnädig aufnehmen, daß
ich diese Kompetenz nicht einreiche. Es versteht sich aber von selbst, daß ich
sowohl nach Innsbruck als nach
Venedig zu gehen, jeden Augenblick bereit bin, wenn
es mir aufgetragen wird; sollten Eure Excellenz es geradezu wünschen, daß ich
hiefür Kompetenzgesuche einreiche, so werde ich auch dessen mich nicht weigern.
Rücksichtlich Venedig’s kann ich nur wiederholen, daß ich den Tausch mit Triest
zwar gerne eingehe, daß es mir aber sehr schmerzlich wäre, wenn ich besorgen
müßte, daß der Dienst in Italien mein definitiver und endgiltiger wäre. Mir
macht dabei nur der Gedanke Muth, daß die Gnade Eurer Excellenz wie in der
Vergangenheit so auch in der Zukunft meine beste Stütze sein wird.
Genehmigen Hochdieselben den Ausdruck der tiefen Ehrfurcht und Verehrung,
mit der ich geharre
Eurer Excellenz gehorsamster Diener Rudolf Kink
Triest, 25. März 1857