Leopold Pebal an einen Ministerialrat im Ministerium für Kultus und Unterricht
Lemberg, 16. Januar 1860
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Regest

Leopold Pebal, Professor der Chemie an der Universität Lemberg, beschwert sich über die fortlaufenden Schikanen und Beleidigungen von Seiten einiger seiner Kollegen. Pebal wurde vor zwei Jahren nach Lemberg versetzt. Seither werde er regelmäßig schikaniert, besonders von seinem Kollegen Anton Wacholz. Auch die mehrfachen Beschwerden an das Ministerium hatten bisher nichts geändert. Pebal überlegt daher, um seine Entlassung anzusuchen, sollte sich seine Situation nicht verbessern. Pebal schildert in der Folge einige Vorkommnisse zur Verdeutlichung seiner Lage. Außerdem beschwert sich Pebal über die nachlässige Arbeit der Universitätskanzlei in Lemberg. Pebal äußert sich schließlich kritisch zum Fortschritt bei der Umsetzung der Reform an den Universitäten. Aus seiner Sicht werde die Reform vor allem durch unfähige und unwillige Professoren verhindert. Kritisch ins Gericht geht Pebal auch mit den Rektoren und Dekanen der Universitäten. Pebal bittet, den Inhalt des Briefes dem Minister bekannt zu machen.

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Edierter Text

Hochverehrter Herr Ministerialrath!

In den zwei Jahren meines Aufenthaltes in Lemberg habe ich, abgesehen von meinem Verhältnis zum Ministerium, dessen Humanität ich dankbarst anerkenne, und zu meinen Studenten, über die ich mich durchaus nicht beklagen kann, fast nur Widerwärtigkeiten erfahren.
Sie werden es mir erlassen, Ihnen all das schmutzige Treiben von Leuten, die sich Professoren nennen, wiederholt zu schildern. Ich habe mich bis jetzt im wesentlichen auf meine Vertheidigung beschränkt und zwar deshalb, weil bei den Schurkereien Leute im Vordergrunde standen, von denen ich wußte, daß nicht eigentlich Schlechtigkeit die Leiterin ihrer Handlungen war, daß sie vielmehr vermöge ihrer außerordentlichen Beschränktheit nur als Werkzeuge eines wahrhaft schlechten Individuums mißbraucht wurden, das ich gar wohl kannte, dem ich aber nicht beizukommen vermochte.
Die Entscheidungen des Ministeriums über meine Beschwerden würden wohl geeignet gewesen sein, sonst ehrenhafte und nur aus Unüberlegtheit oder Leidenschaft verirrte Leute zur Vernunft zu bringen, namentlich wenn diese Entscheidungen unverstümmelt zur Kenntnis des Professorencollegiums gekommen wären; bei diesen Leuten haben sie ihren Zweck verfehlt, denn während Willkühr, Perfidie und Demoralisation ungehindert ihren Fortgang nehmen, unterschlägt man, was nicht in den Kram paßt, setzt gemessenen Befehlen des Ministeriums einfach passiven Widerstand entgegen, ja die Gemeinheit geht soweit, daß man selbst einen Laboratoriumsdiener zu chicaniren anfängt.
Ich habe Ihnen schon einmal erklärt, daß ich mich mit den Leuten nicht mehr herumstreiten werde. Meine Haut ist nicht dick genug, daß ich alldem mit Gleichmuth zusehen könnte. Die beständige Aufregung macht mich zu jeder ernsten Beschäftigung unfähig und so sehe ich denn meinen Untergang vor Augen, wenn keine Änderung eintritt. Ich bin daher ganz entschlossen, entweder dem Skandal mit einem Schlage ein Ende zu machen oder, sofern mir dies nicht gelingen sollte, mir bei Zeiten eine neue Existenz zu gründen.
Um die obigen Behauptungen und meinen Entschluß zu rechtfertigen, werden Sie mir erlauben, einige Thatsachen anzuführen. Zu Ostern im vergangenen Jahre erhielt das Professorencollegium vom Ministerium den Befehl, wegen einiger Herstellungen im Laboratorium sofort eine Commission abzuhalten. Ich ersuchte Glowacki dreimal persönlich die Commissionsglieder zusammenzurufen. Der Baubeamte erschien endlich, sonst niemand. Ich hielt es nun für nöthig, auf meiner Huth zu sein und stellte mein Ersuchen schriftlich an das Professorencollegium. In der letzten Sitzung im vergangenen Semester kam die Sache wieder zur Sprache und ich erklärte mich jederzeit zur Commission bereit. Es geschah nichts und ich reiste ab. Bald nach Beginn dieses Semesters machte ich wieder eine Eingabe. Wacholz gab mir zur Antwort, an dem Nichtzustandekommen der Commission sei ich allein schuld, weil ich Tag und Stunde der Commission nicht angegeben habe. Dazu hatte ich keine Veranlassung, denn erstens war das nicht meine Sache, zweitens hat man mich nicht aufgefordert und drittens konnte ich es nicht, weil ich nicht wußte, wer der Commission beigezogen werden würde. Ich schrieb dies Wacholz und erklärte mich wiederholt jederzeit bereit und ersuchte ihn, mir nur etwas früher mitzutheilen, wenn die Commission kommen würde. Wacholz gab mir keine Antwort. Endlich schrieb ich ihm noch einen Brief und drohte ihm mit der Anzeige. Darauf kam die Commission endlich am 7. December zu Stande, aber in einer Form, welche uns nicht erlaubt, einen Antrag Namens der Commission zu stellen, weil das Professorencollegium als solches nicht vertreten war. Wacholz wird freilich sagen, auch daran sei ich schuld, denn ich hatte ihm bloß jene Leute namhaft gemacht, deren Interessen durch meine Anträge berührt wurden. War es an mir, den oder die Vertreter des Professorencollegiums zu bestimmen?
Ich hatte längst beantragt, daß man mir zu Arbeiten, bei welchen Feuersgefahr oder Gefahr für die Gesundheit zu fürchten ist, ein unbenütztes und selbst unbenützbares Plätzchen im botanischen Garten einräumen möge. Das Ministerium stellte die dagegen erhobenen Bedenken und Schwierigkeiten als unbegründet dar, wie ich seinerzeit in Wien erfahren habe. Hätte ich dies nicht in Wien gehört, so würde ich niemals davon Kenntnis erhalten haben, denn die Stelle war in der mir zugestellten Abschrift des Ministerialerlasses gänzlich unterdrückt. Dafür beeilte man sich, ganz ohne Rücksicht auf meine schwebenden Ansprüche, das Plätzchen mit Steinen zu verbarrikadiren, angeblich um Algenpflanzen dahinzusetzen, da doch neben Raum genug dazu vorhanden ist. Ich ließ mich dadurch nicht stören und stellte in der Commission den Antrag von neuem. Obschon nur Lobarzewcki gar keinen vernünftigen Grund angeben konnte, erklärte er doch, den Platz nicht abtreten zu können. Auf unsere Vorstellung, daß er doch einen Grund angeben müsse, versprach Lobarzewcki, er werde binnen wenigen Tagen seine Äußerung schriftlich abgeben. Nur ist seither mehr als ein Monat verstrichen und trotz zweimaligen Mahnens konnte ich die versprochene Äußerung nicht bekommen.
Ein Pharmaceut wird für meine Vorlesungen ordnungsmäßig inscribirt. Nachdem er den größten Theil des Semesters hindurch meinen Unterricht genossen, läßt ihn der Decan Glowacki gegen meinen Protest eigenmächtig löschen. Ich beschwere mich darüber und trete meine Forderung zu Gunsten der Laboratoriumsdotation ab. Das Professorencollegium fragt sich beim Ministerium an, ob ein Pharmaceut des 1. Jahrganges auch Chemie hören dürfe. Das Ministerium entscheidet im Sinne meiner Forderung. Ich frage mich nun amtlich an, ob die Quästur den Auftrag erhalten habe, das rückständige Collegiengeld zu Gunsten der Laboratoriumsdotation einzuheben und Wacholz erwiedert mir, es sei dazu keine amtliche Veranlassung vorhanden. Das Ministerium ertheilt dem Professorencollegium für dieses Gebahren einen Verweis. Das Professorencollegium erfährt aber keine Silbe davon. Ein Mitglied des Professorencollegiums (nicht ich) verlangt in der Sitzung Einsicht in das betreffende Actenstück und Wacholz weist ihm ein mit der Unterschrift des Wacholz versehenes Papier vor, indem er behauptet, nichts anderes bekommen zu haben. Ich verlange amtlich Einsicht in die Originale von 2 meine Lehrkanzel betreffenden Actenstücken. Wacholz giebt keine Antwort. Nach einiger Zeit schicke ich den Diener zu ihm und lasse fragen, ob ich vielleicht die Actenstücke beheben könne. Wacholz läßt mir sagen, er werde sie nicht herausgeben. Ich ersuche nur um eine Erledigung meiner Eingabe. Mehrere Collegen verlangen in der Sitzung, daß mir W[acholz] Antwort gebe. Wacholz erklärt, er sei Vorstand des Professorencollegiums, er werde sich nichts vorschreiben lassen und werde meine amtliche Eingabe nicht beantworten; wenn ich etwas wünschte, so hätte ich mich persönlich an ihn zu wenden. Wozu brauchen wir noch ein Professorencollegium, wozu Sitzungen? Wir sind ja unmündige Schulknaben!
Mein Laboratoriumsdiener überreicht ungefähr am 10. December vorigen Jahres beim Decanate nach 2 Jahren wieder ein Gesuch an die Statthalterei um eine Unterstützung, wie solche den Dienern der Universität und sonstigen Amtsdienern alljährlich bewilligt wird. Da ich mit dem Manne außerordentlich zufrieden bin und die Dürftigkeit eines Menschen, der eine Frau und 2 Kinder zu ernähren hat mit einem Gehalte von 250 fl, wohl außer Zweifel ist, versprach ich ihm natürlich, daß ich sein Gesuch nach Kräften unterstützen werde. Ich warte längere Zeit, bekomme aber das Gesuch nicht zu Gesichte. Endlich erkundigt sich der Diener in der Decanatskanzlei nach dem Schicksal seines Gesuches. Der Schreiber theilt ihm mit, Wacholz hätte gesagt, das Gesuch werde nicht mir, sondern Lipinski zum Referat gegeben werden. Es konnte nur damit bloß beabsichtigt sein, mich um meine Autorität dem Diener gegenüber zu bringen; aus dem Umstande jedoch, daß das Gesuch bis heute, das ist nach mehr als einem Monat, an die Statthalterei nicht abgegangen ist, schließe ich, daß man den Haß gegen mich auch auf meinen ganz unschuldigen Diener überträgt und ihn um die Unterstützung bringen will. Da nämlich die Zeit um Neujahr es ist, wo die Diener mit Unterstützungen bedacht zu werden pflegen, so dürften die dazu bewilligten Gelder vertheilt werden und der arme Mensch wird dabei wohl leer ausgehen. Diese unsägliche Gemeinheit war es vorzüglich, welche diesen Brief veranlaßte.
Schließlich kann ich nicht unerwähnt lassen, wie es in der Universitätskanzlei zugeht. Abgesehen davon, daß die Geschäfte mit einer beispiellosen Nachlässigkeit geführt werden, daß die Statthalterei jeden Bericht usw. mit Geboten und Schrauben herauspressen muß und dadurch Anlaß zu Reibungen und Einmischungen gegeben wird, daß um nur ein Beispiel anzuführen, der Lectionscatalog in diesem Semester zum ersten Male seit 5 Semestern bald nach Beginn des Studienjahres gedruckt wurde, sonst aber immer wenigstens erst in der Mitte, einmal sogar erst am Schluß des betreffenden Semesters, benützt der provisorische Sekretär und Quästor die Kanzlei als Werbebureau für seinen Compagnon Wacholz. Fragen Sie gefälligst den Sohn des Reichsrathes Herrn von Plener. Der kam in die Quästur und wollte die Vorlesungen von Meys [Muys] belegen. Der Quästor aber wollte ihn durchaus bestimmen, bei Wacholz zu hören. Wenn man das nur bei einem so unabhängigen Menschen versucht, wie es der junge Plener ist, so kann man sich leicht denken, wie oft das mit Erfolg an dummen Jungen prakticirt wird, die nicht aus der Schule schwätzen. Ja die Herrn Professoren selbst verschmähen es nicht, die Studenten gegen uns aufzuwiegeln. So kam neulich ein Schüler von mir mit Lipinski zusammen. Als L[ipinski] hörte, daß es ein Schüler von mir sei, fieng er ohne Veranlassung an, mich hinunter zu machen. Er kam aber an den unrechten; denn der junge Mann sagte L[ipinski] ordentlich die Wahrheit, so daß Letzterer etwas verlegen weggieng.
So geht es hier zu, so mit Variationen, nur in etwas geringerem Maße, an den übrigen österreichischen Universitäten und so muß es kommen, wenn Leute als Universitätslehrer angestellt werden, die ihren Beruf hierzu durch gar nichts dargethan haben, es wäre denn, man wollte eine Reihe von Jahren, am Lyceum oder Gymnasium zugebracht, als einen Beweis der Befähigung ansehen. Wer bereitet dem Ministerium mehr Verlegenheiten als gerade diese Leute, welche der Herzensgüte des Herrn Ministers ihre Stelle zu verdanken haben? Wer giebt den Feinden des Thunschen Programms die Waffen in die Hände und wer wird ihm noch das bißchen Boden entziehen? Gerade diese Leute. Unfähig sich mit der Wissenschaft zu beschäftigen, kümmert sich ein Theil um gar nichts, und das ist der bessere Theil; ein anderer wieder fühlt den Beruf in sich, eine Rolle zu spielen und beschäftiget sich damit, ihm wissenschaftlich überlegene Leute mit Intriguen zu chikaniren. Um solche Helden scheret sich willig ein Häuflein von Schwachköpfen, denen eine Gelegenheit stets willkommen ist, andere, namentlich Ausländer, die sie besonders hassen, einen Beweis ihrer Existenz geben zu können. Leider bevölkern solche Leute die österreichischen Universitäten dermaßen, daß sie fast überall die Majorität bilden und die akademischen Würden fortlaufend unter sich theilen. Die Folge ist, daß sich Rectoren und Decans um alles, nur um das nicht kümmern, um das sie sich kümmern sollten. Ihre Leblosigkeit stellt die Universitäten fortwährend bloß und die wahren Rectoren und Decans das sind die Pedelle, Schreiber und Hausknechte. Wehe dem, der sich untersteht, solch einem frechen Schuft einmal auf die Finger zu klopfen! Der Schreiber concipirt den Verweis dafür gleich selber; um die Billigung durch den Senat darf er nicht bange sein. Das Unterrichtssystem, wenn man es so nennen darf, vor 1848 steht in so schroffen Gegensatze zum Programm des Ministers Thun, daß ich mich nur wundere, wie man hoffen konnte, mit den alten Leuten das neue System durchzusetzen. Was sollen die schönsten Ideen und die besten Gesetze, wenn man sie Leuten in die Hände giebt, die sie nicht verstehen und nur zu mißbrauchen wissen? So ist denn auch nach 10 Jahren fast nur noch der Schein übrig und der hängt an der Persönlichkeit des Grafen Thun. Was sollen noch all die Abrichtungsanstalten, die man in Österreich Akademien nennt, wie Rechtsakademien etc.? Hier fragt es sich, braucht der Staat willenlose Werkzeuge oder braucht er Männer? Bedarf er letzterer nicht, so löse man die Universitäten immer auf und verwendet sie wie Einpaukanstalten, man wird gar treffliche Staatshandwerker oder besser noch Fabriksarbeiter erziehen. Dann stehen wir aber auch mitten im alten System und das vielgepriesene „Neuösterreich“ ist eine leere Phrase. Der größte Schatz, den Deutschland besitzt, sind seine Universitäten und der Himmel bewahre uns vor einer zu großen Einigkeit, denn dann können wir sicher sein, daß sie und mit ihnen die Wissenschaft geknebelt werden.
Ich habe mich jetzt durch 2 Jahre abgemüht, aus meiner Lehrkanzel eine Universitätskanzel zu machen. Das Ministerium hat in liberalster Weise und nach Möglichkeit meinen Wünschen zu entsprechen gesucht. Dennoch muß ich Ihnen zu meinem Leidwesen mittheilen, daß ich binnen 4 Wochen mein Entlassungsgesuch einreiche, wenn ich bis dahin nicht die Zusicherung habe, daß sich unsere Facultätsverhältnisse wenigstens so weit ändern, daß ich vor gemeinen Schurkereien und Beleidigungen geschützt bin. Die Gewähr dafür aber sehe ich nur in der Entfernung von Wacholz und seines Compagnons des provisorischen Quästors Kozma. Jedes andere Mittel ist fruchtlos. Der erstere ist ein ungebildeter, leidenschaftlicher und heuchlerischer Intrigant von Profession, der hier seit vielen Jahren sein Unwesen treibt und im Vertrauen auf den Langmuth des Ministeriums immer frecher wird. Der zweite ist eine elende Schreiberseele, wie man sie zu Duzenten in der hiesigen corrumpirten Beamtenwelt findet. Ich wünsche gewiß niemanden Böses – die beiden haben es aber hundertmal verdient, fortgeschickt zu werden. Ich würde mich sehr gerne darauf beschränken, sie mit meiner Verachtung zu strafen, wenn man es dabei nur aushalten könnte. Wird Wacholz entfernt, so wirkt das wie ein Donnerschlag auf die übrigen und Sie sollen sehen, wie die feigen Schufte Ruhe geben werden.
Wenn ich Sie zu einer Entscheidung dränge, so müssen Sie mir das verzeihen, denn ich habe keine Zeit mehr zu verlieren. Muß ich unter diesen Verhältnissen Lemberg verlassen, so muß ich auch Österreich verlassen. Bei der Schwierigkeit als Österreicher in Deutschland anzukommen, muß ich wenigstens bis zum Herbste Zeit haben, um mich umzusehen und die Vorbereitungen zu meiner Habilitation zu treffen.
Sie können sich leicht denken, daß es mir schwer fällt, meine Aussichten in Österreich zu opfern; aber auch abgesehen davon würde ich sehr ungern weggehen, weil ich Zeit, Mühe und Ärger, die mich die Instandsetzung des Laboratoriums gekostet hat, ungern verloren geben möchte, weil meine Anstalt wirklich eine sehr schöne Zukunft vor sich hat und mir meine Schüler in der nächsten Zeit schon große Ehre machen werden. Dennoch mag geschehen was da geschehen will; – Mühe und Plage wird mich weniger herunter bringen als der ohnmächtige Zorn in Lemberg.
Schließlich erlaube ich mir Ihnen mitzutheilen, daß ich vor etwa 2 Monaten mein Gesuch um Bestätigung und Ernennung zum ordentlichen Professor eingereicht habe. Haben Sie es wohl bekommen? Daß mich zu diesem Schritte nicht die Aussicht auf eine Mehreinnahme von 200 fl veranlaßte, mögen Sie mir glauben. Habe ich bis jetzt zugesetzt, so wird es mich ein paar Jahre länger nicht unglücklich machen. Ich fand ihn nöthig im Interesse meiner Lehrkanzel und gar nicht wegen meinen Studenten, denn die sind schon viel zu vernünftig, sondern wegen meinen Collegen und den Beamten.
In civilisirten Ländern kann der Privatdocent die erste Stelle in der Gesellschaft und der ordentliche Professor, wenn er zehnmal Hofrath heißt, die letzte einnehmen, wenn er nichts leistet. Hier und namentlich in meiner Stellung hängt gar viel von Äußerlichkeiten ab. Sollten Sie geneigt sein, dies für eine leere Phrase zu halten, so werden Sie sich vom Gegentheil überzeugen, wenn ich Ihnen die Äußerung von Wacholz in einer Sitzung des Professorencollegiums mittheile, die Chemie sei nichts als ein Handwerk; dafür brauche man an einer Universität keine Lehrkanzel und dgl. Ich hoffe daher zuversichtlich die Gewährung dieser billigen Bitte, vorausgesetzt natürlich, daß mich das Ministerium überhaupt zu halten wünscht.
Theilen Sie, ich bitte Sie, Herr Ministerialrath darum, den wesentlichen Inhalt dieses Briefes Seiner Excellenz dem Herrn Minister mit und benachrichtigen Sie mich, was Sie zu thun gedenken. Es genügen mir wenige Zeilen. Wie sich die Dinge auch gestalten mögen, so wollen Sie die Versicherung hinnehmen, daß sich mit wahrer Dankbarkeit und Hochachtung Ihrer stets erinnern wird

Euer Hochwohlgeboren

ergebenster
Prof. Leopold Pebal

Lemberg, am 16. Januar 1860