Ernst Moy de Sons an Leo Thun
Innsbruck, 28. Januar 1858
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Regest

Der Jurist Ernst Moy de Sons rechtfertigt sich für sein Schreiben an den Kaiser, in dem er um die Wiedererrichtung einer medizinischen Fakultät an der Universität Innsbruck gebeten hatte. Er versichert, diesen Schritt mit der Zustimmung des Statthalters von Tirol, Erzherzog Karl Ludwig, vollzogen zu haben. Außerdem betont er, würde eine medizinische Fakultät dem ganzen Land von Vorteil sein und es zudem enger an den Rest der Monarchie binden. Nicht zuletzt wäre die Möglichkeit, eine christliche Schule der Medizin zu etablieren, nirgends so groß wie in Innsbruck. In der Folge geht Moy de Sons auch auf weitere Angelegenheiten der Universität Innsbruck ein, nämlich die Berufung von Ignaz Pfaundler. Diese Berufung sei bei vielen Landsleuten auf wenig Verständnis gestoßen, weil man Pfaundlers Äußerungen aus dem Jahre 1848 noch gut in Erinnerung habe. Umgekehrt, so Moy de Sons weiter, habe die Ernennung von Josef Oberweis zum Professor allgemein Zustimmung erfahren. Für den Posten des Bibliotheksdirektors empfiehlt Moy de Sons den Priester Martin Huber, der großen Sinn für Ordnung und solide Bildung in sich vereine. Außerdem sei dessen Gesicht durch eine Krankheit stark entstellt, so dass er in der Seelsorge nicht mehr eingesetzt werden könne. Zuletzt äußert er sich positiv über die Leistungen des jungen Professors Tobias Wildauer sowie über die Genesungsfortschritte von Julius Ficker.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Hochgeborener Herr Graf!

Euer Exzellenz werden finden, daß ich von der gütigen Erlaubnis, Ihnen zu schreiben, nicht allzuhäufigen Gebrauch mache. Meiner Ansicht nach soll man einen Minister nur im äußersten Falle mit Schreiben belästigen. Wenn ich es heute thue, so geschieht es im Gefühle, mich rechtfertigen zu müssen wegen des Schrittes, den ich gewagt, bei Seiner Majestät um Wiederherstellung der medicinischen Facultät in Innsbruck zu bitten. Ich that es dem Wunsche unseres Erzherzogs entgegenkommend und im Einverständnis mit Ihm. Wird das Gesuch bewilligt, so wird es dem Staate ein geringes Opfer kosten, dem Lande aber großen Vortheil bringen und die Bande, die dasselbe an Oesterreich knüpfen, neu befestigen. Dabei werden Euer Exzellenz nicht verkennen, wie wichtig es wäre, irgend wo eine christliche Schule der Medicin zu Stande zu bringen und daß dieses, wenn irgend wo, am meisten in Innsbruck gelingen könnte. Mehr glaube ich in dieser Sache nicht sagen zu müssen.
Weil ich nun aber einmal es gewagt, Euer Exzellenz zu behelligen, so will ich auch die Gelegenheit benützen, Alles vorzubringen, was mir bezüglich unserer Universität am Herzen liegt.
Daß unter den Freunden derselben die Ernennung des Prof. Pfaundler geringe Freude erregt, wird Euer Exzellenz, wenn Sie wissen, wie er sich im Jahre [18]48 gezeigt, und welchen Ruf er sich als Jurist erworben, wenig befremden. Daß dagegen die Ernennung des Dr. Oberweis zum Professor des deutschen Rechtes von Professoren sowohl der Studirenden mit wahrer Freude begrüßt werden würde, dafür glaube ich mich verbürgen zu können. Dr. Oberweis hat ungemeinen Eifer für die Wissenschaft, die Gabe eines klaren geordneten Vortrags und die eben so glückliche Gabe, die Studirenden an sich zu ziehen und für das Studium anzufeuern.
Unsere Bibliothek wird, scheint es, nächstens wieder verwaist werden. Unter den sich zu der Stelle meldenden Bewerbern möchte ich, wenn es kein zu kühnes Unterfangen wäre, vor Allem den Priester Martin Huber angelegentlichst empfehlen. Er ist ein äußerst ruhiger, sorgfältiger Arbeiter und Sammler, von tüchtiger philosophischer und theologischer Bildung und ausgebreiteter literarischer Kenntnis. Dabei hat er das Unglück in Folge einer vor vielen Jahren überstandenen Skrophelkrankheit im Gesichte dermaßen entstellt zu seyn, daß er in der Seelsorge nicht verwendet werden kann. Es wäre also ein Werk der Barmherzigkeit, ihm einen solchen Posten zu geben.
Professor Wildauer wirkt mit sehr gutem Erfolg und wird seiner Kanzel von Jahr zu Jahr mehr Ehre machen. Fickers Krankheit erregt allgemeine Theilnahme. Es wird aber wohl vorübergehen, da nach dem Urtheile der Ärzte die Brust an sich durchaus gesund ist.
Genehmigen Euer Exzellenz den Ausdruck der aufrichtigen und tiefsten Verehrung, womit ich geharre

Euer Exzellenz
unterthäniger Diener
Baron Moy

Innsbruck, den 28. Jänner 1858