Gregor Zeithammer, Gymnasialinspektor für Böhmen, nimmt zum Bericht von Johann Kleemann über die Situation am Altstädter Gymnasium in Prag Stellung und versucht einige Kritikpunkte zu erklären. Zunächst betont er, dass die von Kleemann kritisierten schlechten Leistungen der Schüler in der deutschen Sprache darauf zurückzuführen seien, dass Kleemann auch jene Fächer in Deutsch prüfte, die in Tschechisch gelehrt würden. Zeithammer weist auch die Anschuldigungen Kleemanns, einige Lehrer würden politisch bedenkliche Positionen vertreten, als unbewiesen zurück. Ebenso sei die Angabe falsch, dass die Erstklässler keiner Aufnahmeprüfung unterzogen würden. Zeithammer erklärt die hohe Zahl an Primanern in diesem Jahr als Folge eines Missverständnisses seitens des Direktors. Insgesamt zeigt sich Zeithammer jedoch sehr betroffen von den Vorwürfen Kleemanns und betont, sein Bestes für den Erfolg des Gymnasiums zu tun. Er will sein Amt jedoch zur Verfügung stellen, sollte er nicht mehr das Vertrauen des Ministers genießen. Daher möchte er mit Thun demnächst persönlich sprechen und bei dieser Gelegenheit den Minister auch über seine Ansichten zum Supplentenwesen und die definitive Reform der Gymnasien informieren. Grundsätzlich spricht er sich jedoch schon jetzt für den Lehrplan der Gymnasien aus.
Beilage: Liste der im Schuljahr 1852 am Altstädter Gymnasium aufgenommenen Schüler.
Verweis auf A3 XXI D201.
Verweis auf A3 XXI D225.
Euere Excellenz!
Der hohe Erlaß vom 27. Juni letzten Jahres Z. 6086 lautet für das Altstädter Gymnasium ungünstiger, als ich es erwartete,
umso ungünstiger, da die beiden andern Prager Gymnasien belobt
werden, und doch hat das Altstädter ebenso
tüchtige, wenn nicht tüchtigere Kräfte, die im Ganzen das Angemessene leisten.
Daß die Leistungen der Schüler im Deutschen geringer waren, liegt mehr in dem
dieser Lehranstalt gegebenen Plane, sie müßten auch in den andern Gegenständen
hie und da, namentlich im Untergymnasium, geringer erscheinen, da der Herr Sectionsrath durchgehend deutsch
prüfte, obwohl ich ihn ein- und das andermal erinnerte, daß der Gegenstand
böhmisch vorgetragen wird. Manche Beschuldigungen, die den Lehrern gemacht
werden, sind nicht erwiesen; dann hat der Herr Sectionsrath keinen vortragen, die wenigsten
examiniren gehört, den Swoboda gar
nicht und Frencls Vortrag ist eher
zu lebhaft als matt und schläfrig. Gegen die Versetzung oder gar Entlassung der
Lehrer ohne formulirte Anklage, ohne förmliche Untersuchung und Verurtheilung
sträubt sich mein ganzes Gefühl. Klicpera ist wegen seiner fortdauernden
Kränklichkeit reif zur Pensionirung, um die er aber vielleicht selbst anzusuchen
hätte, damit sie nicht einer Absetzung gleichsähe. Was sich gegen Stulc in der Untersuchung wegen der
Zeitschriften oder am Hradschin ergeben wird, weiß ich nicht, der Herr Statthalter und Klingler ist sehr gegen ihn. Die
Anzeige wegen Pečirkas Erfahrung in
einer Classe und der daraus erfolgten Ausweisung eines Schülers stellt er selbst
in Abrede. Auch die Angabe ist falsch, daß mit den Primanern auf der Altstadt keine Aufnahmsprüfung vorgenommen
worden; sie erhielten 3 deutsche Sätze zum Übersetzen ins Böhmische und 3
böhmische zum Übertragen ins Deutsche nebst einer Analyse. Den Aufnahmsbogen für
die übrigen Classen, der hier beiliegt 1, ließ ich mir vorlegen und es waren in keiner über die hochartig
gestattete Zahl von 60. Auch in die 1. waren nur 60 aufgenommen, nur wollte der
Director die hinzugekommenen Repetenten dieser Classe nicht ausschließen, sodaß
die Anzahl auf 70 stieg. Ich verwies ihm dies hinterher streng, da die
Repetenten in die gesetzliche Zahl mit einzubeziehen wären, was er nicht gewußt
zu haben vorgab; es werden aber von diesen kaum 60 in die 2. aufsteigen. Eine
strenge Aufnahmsprüfung wurde wiederholt eingeschärft und die gehörige Controle
[sic!] wird nicht ausbleiben. Ich überwache die Altstadt, so viel nur thunlich, bin ich hier, so besuche ich sie jede
Woche, auch mehrmals. Alles aber kann ich nicht erfahren, wie selbst der
Director und die Lehrer behaupten, daß sie manches nicht wußten. Wird mir aber
keine Anzeige gemacht, so kann ich nicht untersuchen und nichts vorkehren. Daß
die Nationalität sich dort geltender machte, das liegt großentheils in den
Consequenzen des Planes; ich hemmte da, wo ich konnte, und glaube diesfalls
keine Vorwürfe zu verdienen. Aber ich sinke wohl überhaupt in dem Vertrauen
Eurer Excellenz immer tiefer, was mich unendlich schmerzt und zu der Bitte
veranlaßt, mich anderweitig zu verwenden, wozu vielleicht meine Kräfte noch
ausreichen. Daß ich diese redlich angestrengt, um meine Pflichten zu erfüllen,
das Zeugnis kann ich mir vor Gott und meinem Gewissen geben. Sind sie aber für
meine gegenwärtige Stellung, um die ich nicht angesucht, unzureichend, was nur
meine Vorgesetzten bestimmen können, so ist es meine gemessene Pflicht, selbst
um Zuweisung eines andern Amtes zu bitten. Nur ersuche ich ergebenst, darauf
gnädig bedacht zu nehmen, daß ich mich vor einer längern und größern Anstrengung
meiner Stimme noch immer hüten muß, also zum Vortrage nicht mehr tauge. Mit dem
projectirten Lehrplane für die Altstadt bin
ich ganz einverstanden und habe mein Gutachten auch in Bezug auf die noch
übrigen Gymnasien bereits abgegeben, da ich am 10. schon zu den
Maturitätsprüfungen abreise, welche bis zum letzten des Monats währen. Wie
verlautet, kommen Eure Excellenz anfangs August nach Prag;
eine Besprechung über manche wichtige Gegenstände wäre mir da sehr erwünscht,
und jetzt schon mache ich aufmerksam auf die definitive Regelung der
provisorischen Gymnasien, auf das Supplentenunwesen, auf die Maturitätsprüfungen
nach dem 1. Semester, auf die Lehramtscandidatenprüfungen, auf die in Aussicht
gestellten Versetzungen und Pensionirungen, bei welcher Gelegenheit ich hinweise
auf den braven Padera in Königgrätz, welcher der rechte Mann wäre für den Altstädter Directorsposten. Bei dem letzten Examen
waren wenige neue Lehramtscandidaten, für Böhmen nur 7, die meisten
vervollständigten ihre Gegenstände fürs Obergymnasium, im Ganzen ging es besser
als früher.
Indem ich mich mit meinen freimüthigen Äußerungen und mit meiner
ergebensten Bitte an Eurer Excellenz Edelmuth wende, habe ich die Ehre, mit der
größten Ehrerbietung und unwandelbarer Dankbarkeit zu verharren
Euerer Excellenz
unterhänigster
Gregor Zeithammer
Prag, am 8. Juli 1853
Vom k.k. Prager Altstädter akademischen Gymnasium N. 627
Namen der am k.k. Prager Altstädter Gymnasium für das Schuljahr 1852 neu aufgenommenen Schüler, sammt den Gründen der Aufnahme.
In der II. Klasse. Zahl der Öffentlichen 42
1. Boehm
Josef
Ursache: Der Vater ist als Direktor der Sternwarte aus Inspruk
nach Prag übersetzt worden.
2. Komers Karl, aus
Mšeno
Ursache: Weil kein Gymnasium näher liegt und sein Onkel hier ihn
unterstützt.
3. Parkos Anton, aus Kolodey, Sohn eines
Schullehrers
Ursache: wird hier von Wohlthätern, besonders dem
Herrschaftsbesitzer großentheils erhalten werden.
4. Walther Karl, aus Prag (Privatist von hier)
5. Welz Franz, aus Kuttenberg [Kutná Hora] (Privatist von
hier)
Ursache: kein Gymnasium näher, der Aufseher Dr. Günther ein
Anverwandter, bei dem er auch wohnt.
6. Witowsky
Moriz (Privatschüler von hier), muß nach dem Gesetze in das öffentliche
Studium übertreten.
In der III. Klasse. Zahl der Öffentlichen 54
1. Bareš
Ladislaus, aus Chotĕboř (ein Waise)
Ursache: Die Mutter,
Steuerinspektorswitwe, ist nach Prag übersiedelt.
2. Jedlicka Heinrich, aus Prag (Privatschüler von hier)
3. Neumann Josef, aus Kornhaus [Mšec] (Privatist von
hier)
4. Richter Johann, aus Prag (Privatist von
hier)
5. Sigmund Franz, aus Prag (Privatist von
hier)
6. Wasek Anton, aus Podhořan
Ursache:
Verwandte des Gymnasialdirektors, seiner Obhut übergeben.
In der IV. Klasse. Zahl 51
1. Dumont Johann,
Rosochatec
Ursache: Der Vater erwartet die Übersetzung nach Prag,
stündlich.
2. Jansky Josef, aus Čehani (Privatist von
hier)
3. Klepac Vinzenz, aus Roth-Lhotta [Červená
Lhota]
Ursache: im Seminär die Kost.
4. Stulik
Josef, Prag
Ursache: wegen zu großer Entfernung, wohnt auf der
Kleinseite.
5. Walther Ernst, aus Prag (Privatist von
hier)
In der VI Klasse. Schülerzahl 53
1. Cyvin Anton, aus
Kolin
Ursache: das nächste Gymnasium und wohnt bei Anverwandten unter
besserer Aufsicht.
2. Deitler Emmanuel, aus
Prag
Ursache: sein Vater von der Kleinseite auf die Altstadt
übersiedelt.
3. Kalbac Wenzel, aus
Třebochostic
Ursache: wohnt bei der Großmutter, von der er erhalten
wird.
4. Pfeifer
Ursache: vom Gymnasialdirektor anempfohlen.
5. Schenk Karl, aus Senftenberg
Ursache: hat in Brün studirt, den
Eltern daher zu entfernt, hier unter besserer Aufsicht
6. Spillar Anton, Prusin, Lehrersohn
Ursache: Kost im
Seminarium
In der VII. Klasse. Schülerzahl 54
1. Katz Moriz, aus
[Vrdy]y
Ursache: der Ort außer jeder Verbindung mit Gjcin, während der
Vater fast jede Woche nach Prag kommt, daher die Unterhaltung
leichter.
2. Pardubsky Anton, aus Chrast
Ursache:
wird hier vom Onkel unterstützt.
3. Kostocil Johann,
aus Raudnitz [Roudnice] (ein Waise)
Ursache: hat hier zwei
Brüder, Auskultanten, die ihn erhalten.
4. Layer
Johann, aus Stry in Galizien
Ursache: bei seiner Großmutter auf der
Kleinseite, daher die Entfernung von der Neustadt bei seiner Brustschwäche
nicht zuträglich.
In der VIII. Klasse. Schülerzahl 47
Kowarik Johann, Taus [Domažlice]
Ursache: weil er sich hier zu
erhalten glaubt, da sein Vater, der um sein Habe gekommen ist, noch 7 Kinder
zu ernähren hat, ihn nicht weiter unterstützen kann.
Tischler Peter, hat sich aber auszuweisen, wie er zwei
Jahre zugebracht hat.
Ursache: hat in der Nähe von Prag einen Pfarrer
zum Onkel, der ihn leichter hier erhalten kann.
Woctecka Emmanuel, aus Rokican
Ursache: weil er der
böhmischen Sprache mächtiger ist, daher die Lehranstalt auf der Neustadt ihm
den Rath ertheilte, das böhmische Gymnasium zu übertreten.
Prag, am 13. September 1852
In Vertretung des Direktors
Aloys Unschuldt, Senior
Die Aufnahmen der Schüler in die Prima besorgte der inzwischen von den Maturitätsprüfungen zurückgekehrte Director selbst.