Fürst Friedrich Wilhlem Radziwill teilt Leo Thun die gewünschten
Informationen darüber mit, ob die Professoren Hipolit Cegielski und
Jakub Prabucki bereit seien, in den österreichischen Staatsdienst
einzutreten. Ersterer würde unter bestimmten Bedinungen eine Stelle
annehmen, die er selbst in einem beigelegten Schreiben genauer
ausführt. Prabucki wäre ebenfalls bereit, will jedoch nicht an einem
Gymnasium unterrichten. Anschließend berichtet Radziwill, dass man
in Paris derzeit heftig das Verhältnis von Kirche und Staat in
Bildungsfragen debattiere. Er freut sich sehr, dass Thun seine
Ansicht teilt, man könne Schule und Kirche nicht von einander
trennen. Radziwill ist zwar damit einverstanden, dass Protestanten
an österreichische Universitäten berufen werden können, nicht
angebracht erscheint es ihm jedoch, die Leitung des Philologischen
Seminars dem Protestanten Hermann Bonitz zu übertragen, zumal dieses
insbesondere der Ausbildung von künftigen Gymnasiallehrern diene.
Zuletzt erwähnt Radziwill, dass die Ernennung von Vincent Pol in
konservativen Kreisen freudig aufgenommen worden ist.
In der
Beilage äußert Hipolit Cegielski sein Interesse an einer Professur
an der Universität Krakau oder an einer Stelle als
Gymnasialdirektor. Eine definitive Zusage könne er jedoch nur dann
geben, wenn ihm ein Angebot mit Garantien und entsprechenden
Konzessionen gemacht werde.
Berlin, den 21. Jänner 1850
Theuerster Graf,
wenngleich ich unmittelbar nach Empfang Ihres Briefes vom 30. November vorigen
Jahres Schritte gethan, um die von Ihnen gewünschte Auskunft zu erhalten, bin
ich erst jetzt im Stande gesetzt worden, sie Ihnen zu ertheilen; kommt sie, wie
es mir wahrscheinlich, zu spät, so schreiben Sie es nicht Mangel an guten Willen
meinerseits zu.
Einliegender Brief des Dr. Ciegielski [Cegielski] an meinen Gewährsmann wird Ihnen zeigen,
daß er nur unter bestimmten Garantien, bei welchen er eine Initiative erwartet,
in Dienste Ihres Kaiserhauses treten will. Prabudzki [Prabucki] ist fest entschlossen nicht mehr in das
Gymnasialfach zurückzutreten: dagegen würde er einer Anstellung bei der Krakauer Universität anzunehmen geneigt
sein, ist ein sehr tüchtiger Philolog und würde sich für einen Lehrstuhl in
diesem Fache und in der katholischen Theologie durchaus eignen.
Die
Unterrichtsfrage ist jetzt Gegenstand interessanter Debatten in
Paris: man scheint sich dort, in diesem Pandaemonium
modern constitutioneller Doktrinen noch gerade von der praktischen Unhaltbarkeit
so mancher in denselben als Axiome aufgestellter Behauptungen zu überzeugen,
unter andern von der Unmöglichkeit Schule und Kirche von einander zu trennen.
Ich freue mich aus Ihrem Briefe zu sehen, daß auch Sie der Ansicht sind, und
habe ich auch ein anderes nicht von Ihrer Gesinnung erwartet. Daß auf den
Universitäten bei Ihnen auch Protestanten angestellt werden, ist gewiß im
Prinzipe richtig, man hatte mir indes gesagt, Professor Bonitz sei an der Spitze des philologischen
Seminar’s gestellt, das zur Bildung der künftigen Gymnasiallehrer bestimmt ist,
und diese Anstellung war mir in Bezug auf das Prinzip einer vorherrschend
confessionellen Richtung dieser Lehranstalten bedenklich vorgekommen.
Ihre
Anstellung Vincent Pol’s hat in der
conservativen Parthei im Posen’schen einen
guten Eindruck gemacht, ich habe kein Urtheil über ihn.
In alter Freundschaft und Hochachtung Ihnen herzlich ergeben.
F. Radziwill
Hochwohlgeborner Herr Regierungs- und Schulrath!
Auf Euer Hochwohlgeboren gefällige, vom Herrn Ministerialrath Dr. Brüggemann geneigtest veranlaßte
Anfrage, ob ich gesonnen wäre meine Kräfte wiederum der Wissenschaft zu
widmen, und eventuell eine Professur an der Universität zu Krakau oder eine
Gymnasialdirektorstelle anzunehmen, beehre ich mich heute, nachdem ich mit
mir selbst zu Rathe gegangen, folgendes ergebenst zu antworten.
Was
zunächst die Wissenschaft überhaupt betrifft, so galt mir diese stets mehr,
als die materiellen Vortheile irgendeines Berufes; auch wenn ich während der
letzten drei Jahre meine Kräfte mehr dem materiellen Erwerb als der
geistigen Beschäftigung zuwandte, so gab ich hierin mehr dem äußern
Bedürfnis, als meinem innern Drange nach. Ich glaube auch während dieser
Periode Beweise gegeben zu haben, daß das Höhere und Edlere nicht aufgehört
hat die Hauptaufgabe meines Lebens zu sein.
Ob ich nun eine der beiden
angeführten Stellen annehmen würde, diese Frage könnte ich nur dann
definitiv beantworten, wenn mir ein bestimmter Antrag unter bestimmten
Verhältnissen, Bedingungen und Garantien gemacht werden würde. Mein Gewissen
würde mir nicht gestatten mich Pflichten unter unbekannten Verhältnissen zu
unterziehen, und bin ich es andererseits mir und meiner Familie schuldig
meine jetzige Stellung nicht eher aufzugeben, als bis mir etwas Positives
und Sicheres gegeben ist. Nur dies noch möchte ich hinzufügen, daß ich meine
Stellung nur dann aufzugeben im Stande wäre, wenn ich in einem anderen
Wirkungskreise auf wirklich ersprießliche Folgen und sichere materielle
Garantien rechnen könnte.
Diesen meinen Entschluß wollen Euer
Hochwohlgeboren dem Herrn Ministerialrath Dr. Brüggemann gefälligst mittheilen,
und demselben bei dieser Gelegenheit meinen herzlichen Dank für das große
persönliche Wohlwollen aussprechen.
Mit der größten Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren ergebenster
Dr.
Cegielsky
Posen, den 5. Januar 1850