George Phillips an einen Ministerialrat im Ministerium für Kultus und Unterricht
Wien, 10. Januar 1852
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Regest

Der Jurist George Phillips tritt mit einigen Bitten an den Minister heran, um seine Stellung an der Universität Wien sowie seine allgemeine Lebenssituation verbessern zu können. Zunächst dankt er dem Ministerialrat, an den er den Brief richtet und der bei Thun vermitteln will, für seine Hilfe. Er betont, dass er von seinen neuen Kollegen an der Universität freundlich begrüßt worden sei und auch stets zuvorkommend behandelt werde. Dennoch sei er nicht vollkommen zufrieden, da er einerseits sein Werk über Kirchenrecht vollenden möchte und außerdem bei den Studenten nur wenig Erfolg habe. Daher bittet er einerseits um einen Urlaub für das kommende Semester, um besagtes Werk abschließen zu können. Andererseits möchte er – als Konsequenz seines geringen Erfolgs bei den Studenten – seine Vorlesungen in Zukunft für ein breiteres Publikum halten und bittet hierzu um einen geeigneten Saal in der Stadt. Studenten wären freilich bei diesen Vorlesungen auch willkommen. Sollte dieser Versuch ebenfalls scheitern, so würde er sich für immer von der Lehrkanzel zurückzuziehen. Abschließend bittet er um die Vergütung der Übersiedlungskosten von Innsbruck nach Wien, und um die Erhöhung seines Gehaltes sowie die Zusicherung, dass er bzw. seine Frau eine allfällige Pension auch im Ausland beziehen werden können.

Anmerkungen zum Dokument

Mit Anmerkungen von fremder Hand.

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DAED-5

Schlagworte

Edierter Text

Hochzuverehrender Herr Ministerialrath,

Euer Hochwohlgeboren hatten die Güte mir zu gestatten, die Wünsche, welche ich vor einiger Zeit in Betreff meiner hiesigen Stellung zu äußern mir erlaubte, Ihrer freundlichen Vermittlung bei Seiner Excellenz dem Herrn Minister übertragen zu dürfen. Ich würde zwar keinen Anstand nehmen im vollen Vertrauen auf die wohlwollende Gesinnung, welche Seine Excellenz stets gegen mich an den Tag gelegt haben, Hochdemselben meine Sache selbst vorzutragen; dennoch ist es mir eine große Erleichterung, eine auf so überaus gütige Weise dargebotene Vermittlung anzunehmen. Da ich so frei war Euer Hochwohlgeboren die Ursachen zu entwickeln, durch welche ich mich in der Erreichung meiner wissenschaftlichen Zwecke behindert sehe, so enthebt mich die Güte, mit welcher Herr Ministerialrath mir entgegenkommen, der zwar nicht schwierigen aber umfangreichen Aufgabe jene Gründe zu wiederholen, da dieselben nunmehr von Ihnen unterstützt ein viel größeres Gewicht erhalten, als ich es ihnen zu geben vermöchte.
Zuvörderst muß ich es aber wiederholentlich erklären, daß es mich der Auszeichnung, Güte und Freundlichkeit gegenüber, die ich hier von allen Seiten her erhalten habe, wahrhaft schmerzt, mit meiner hiesigen Stellung nicht völlig zufrieden sein zu können. Nur mit der Unmöglichkeit unter den obwaltenden Verhältnissen diejenigen Zwecke, welche ich mir als Lebensaufgabe gestellt habe, zu erreichen, und mit Euer Hochwohlgeboren gütiger Aufforderung vermag ich es zu rechtfertigen, wenn ich meine Wünsche nicht unterdrücke, sondern, wie es im Nachfolgenden geschieht, zur Sprache bringe. Es beziehen sich dieselben auf die Vollendung meiner Arbeit über das Kirchenrecht, die mir trotz der Schätze der hiesigen k.k. Bibliothek wegen deren unsystematischen Aufstellung unmöglich [ist], auf meine Stellung als akademischer Lehrer, in welcher ich einer eigentlichen Wirksamkeit entbehre und auf meine äußere Lage im Allgemeinen.
Was den zuerst erwähnten Punkt anbetrifft, so müßte ich mir auf so lange, bis ich jenes Buch vollendet habe, für das Wintersemester jeden Jahres die Bewilligung eines Urlaubes erbitten; daß ich es nicht an Fleiß fehlen lassen werde, jene Aufgabe in möglichst kürzester Frist zu erfüllen, bedarf wohl keiner besonderen Versicherung.
Hinsichtlich meiner Wirksamkeit als Lehrer habe ich die Erfahrung machen müssen, daß ich bei dem Bestande der gegenwärtigen Ordnung der juridischen Studien nach Inhalt und Methode meiner Vorlesungen bei der studirenden Jugend im Allgemeinen nichts zu leisten, sondern höchstens einigen wenigen ein vorübergehendes Interesse einzuflößen vermag. Es käme also auf den Versuch an, ob es mir vielleicht gelänge, durch rechtshistorische Kirchen- und staatsrechtliche Vorträge ein anderes Publicum zu gewinnen. Dazu wäre aber vor allem die Anweisung eines Locales in der Stadt nothwendig, und ich würde dann meine Vorlesungen zu einer Stunde zu halten haben, zu welcher sich möglicherweise auch Studirende der Universität einfinden könnten. Ob Seine Excellenz mich dann noch bei der juristischen Facultät belassen oder mir nach dem Gebrauche anderer Universitäten als Professor honorarius oder quovis alio titulo das Recht derartige Vorlesungen zu halten verleihen will, stelle ich ganz Hochderselben gnädiger Bestimmung anheim. Sollte auch dieser Versuch mißglücken, so müßte ich darin freilich einen Fingerzeig erkennen, mich wegen Unzulänglichkeit meiner Kräfte für immer von der Lehrkanzel zurückzuziehen.
Endlich darf ich aber auch meine pecuniären Verhältnisse nicht mit Stillschweigen übergehen. Von der Theuerung in Wien, ja von der beinahe völligen Unmöglichkeit, eine geeignete Wohnung zu finden, kann sich auswärts niemand eine Vorstellung machen. So habe ich mich denn in diesem Punkte sowie auch darin getäuscht, daß ich glaubte, einen Anspruch auf Übersiedlungskosten zu haben; infolgedessen befinde ich mich hier bei einem an sich nicht unbedeutenden Gehalte doch in einer Lage, in welcher ich auf alle bisherige Annehmlichkeit und Behaglichkeit des Lebens verzichten muß. Ich bin gewiß weit davon entfernt, irgendeine unbescheidene Forderung machen zu wollen; ich glaube bei allen mit mir gepflogenen Unterhandlungen der k.k. Regierung die mindesten Anstände gemacht zu haben, und so geht auch jetzt mein Wunsch nicht weiter, als daß mir, nächst Ersatz der Umzugskosten, meine Besoldung doch so aufgebessert werde, daß ich in Wien so zu stehen komme, wie ich verhältnißmäßig in Innsbruck stand; hierbei muß ich allerdings bemerken, daß bei den nicht obligaten Fächern an der Wiener Universität noch weniger auf Collegiengelder zu rechnen ist als dort.
Hieran erlaube ich mir noch eine andere Bitte zu knüpfen: ich werde gewiß, wie ich es bereits durch eine fast sechsundzwanzigjährige akademische Laufbahn bewiesen zu haben glaube, meine Pflichten als Lehrer der mir übertragenen Gegenstände auch in Diensten Seiner Majestät des Kaisers getreulich nachkommen; sollten Allerhöchstdieselben seinerzeit meine Thätigkeit nicht mehr gebrauchen wollen, oder sollte ich genöthigt sein, mich in den Ruhestand zurückzuziehen, so wäre es für mich sehr wichtig, wenn mir die Pension oder meiner Frau, falls sie mich überleben sollte, ihren Wittwengehalt auch im Auslande zu genießen gestattet würde.
Indem ich Euer Hochwohlgeboren nochmals meinen verbindlichsten Dank für die gütige Übernahme der Vermittlung meiner Wünsche bei Seiner Excellenz auszudrücken mich beehre, verharre ich mit ausgezeichnetster Hochachtung als

Euer Hochwohlgeboren

ganz ergebenster Diener
Dr. G. Phillips
k.k. Professor

Wien, den 10. Januar 1852

<Wünsche:
1. Urlaub für jedes Wintersemester bis zur Vollendung des Werkes über Kirchenrecht.
2. Anweisung eines Vorlesesaales in der inneren Stadt.
3. Vergütung der Übersiedlungskosten von Insbruck [Innsbruck] nach Wien
4. Erhöhung des Gehaltes.
5. Zusicherung, daß seine oder seiner Witwe Pension auch im Auslande verzehrt werden kann.>1