Note von Franz Nádasdy an Agenor Goluchowski
o. O., 5. Januar 1860
|

Regest

Justizminister Franz Nádasdy teilt Innenminister Agenor Goluchowski mit, dass er nicht, wie von Goluchowski gewünscht, eine Weisung hinsichtlich der Sprachenverwendung in Galizien erlassen könne. Der Innenminister hatte eine solche Weisung für die politischen Behörden von Lemberg und Krakau erlassen und Nádasdy gebeten, eine übereinstimmende Weisung auch für die Gerichtsbehörden in Galizien auszuarbeiten. Nádasdy fühlt sich hierzu nicht befugt, da die Regelung der Gerichtssprache für Galizien bereits durch allerhöchste Entschließungen erfolgt sei. Da die bisherigen Bestimmungen aber ungenügend seien, will er beim Kaiser eine Modifikation beantragen.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Abschrift einer Note des Justizministers an den Herrn Minister des Innern, Grafen Goluchowski, dtto. 5. Jänner 1860 Z. 20732

Es war Euerer Excellenz gefällig, mir mit der geehrten Note vom 20. Dezember vorigen Jahres Z. 12466/M.I. Abschriften jener Weisungen mitzutheilen, welche in Übereinstimmung mit den unterm 19. Dezember vorigen Jahres Z. 12472 in Betreff der allgemeinen Regelung der Sprachfrage ausgesprochenen Ansichten 1 an die politischen Landesbehörden in Lemberg und Krakau in Bezug der Geschäftssprache bei dienstlicher Berührung politischer Behörden mit Partheien in Angelegenheiten der politischen Amtswirksamkeit erlassen wurden.
Euer Excellenz haben zugleich den Wunsch ausgesprochen, daß auch ich mich bestimmt finden möge, für die Gerichtsbehörden und namentlich hinsichtlich der gerichtlichen Amtswirksamkeit der gemischten Bezirksämter eine gleiche Weisung zu erlassen.
Obwohl ich es für sehr wünschenswerth erachte, daß die Bestimmungen über den Gebrauch der verschiedenen Landessprachen bei Gericht mit den diesfälligen für die politischen Behörden festgesetzten Normen möglichst in Übereinstimmung gebracht werden, so halte ich mich doch nicht für befugt in Bezug auf Galizien im eigenen Wirkungskreise und ohne allerhöchste Ermächtigung, den Gerichten in Bezug auf den Gebrauch der Geschäftssprache dergleichen Weisungen zu ertheilen, wie solche Euer Excellenz für die politischen Behörden Galiziens zu erlassen befunden haben, weil die Regelung der gerichtlichen Geschäftssprachen für Galizien bereits durch die Eurer Excellenz mit meiner Note vom 5. November vorigen Jahres Z. 17679 2 mitgetheilten allerhöchsten Entschließungen vom 20. Oktober 1852 und 1. Dezember 1857 erfolgt ist, zudem aber die von Eurer Excellenz für die politischen Behörden Galiziens erlassenen Weisungen mit diesen allerhöchsten Bestimmungen nicht durchgängig übereinstimmen.
Indem aber Euer Excellenz zugleich so gütig waren, mir in der geehrten Note vom 19. Dezember vorigen Jahres Z. 12472 3die während Ihrer Amtswirksamkeit in Galizien in Betreff des sprachlichen Vorganges der dortigen Gerichte und des Eindrucks, den die obigen allerhöchsten Entschließungen bei der dortigen Bevölkerung hervorbrachten, gemachten Wahrnehmungen mitzutheilen, halte ich es bei dem großen Gewichte, welches ich auf die mir mitgetheilten geschätzten Wahrnehmungen Eurer Excellenz lege, für unthunlich, es bei den bisher in Galizien geltenden Bestimmungen über den Gebrauch der Landessprachen bei Gericht im Allgemeinen einfach bewenden zu lassen. Ich habe mich vielmehr für verpflichtet gehalten, die mir in Betreff der Sprachfrage in Galizien von Eurer Excellenz gütigst gemachten Mittheilungen zur allerhöchsten Kenntnis Seiner k.k. apostolischen Majestät zu bringen und jene Modifikationen der in Bezug auf die Gerichtssprache in Galizien geltenden Normen zu beantragen, welche mir mit Rücksicht auf die Wahrnehmungen Eurer Excellenz über den Eindruck namentlich der allerhöchsten Entschließung vom 1. Dezember 1857 bei der galizischen Bevölkerung unumgänglich nothwendig erscheinen.
Ich werde nicht ermangeln, die über meine diesfälligen allerunterthänigsten Vorträge zu gewärtigende allerhöchste Entschließung seinerzeit zur Kenntnis Eurer Excellenz zu bringen.