Der Professor für Philosophie Georg Schenach trägt verschiedene Bitten an Leo Thun heran. Er wiederholt damit seine Anträge, die er schon im Februar anlässlich seiner Berufung zum Professor an die Universität Wien ausgesprochen hatte: Nämlich die Bitte um einen Zuschuss zur Deckung seiner Übersiedlungskosten sowie den Antrag um Urlaub für ein Semester und die Anrechnung der Dezennalzulage vom Jahr 1849 an. Joseph Fessler hatte ihm bereits mitgeteilt, dass der Bewilligung des Urlaubes nichts im Wege stehe, die beiden anderen Bitten jedoch auf Hindernisse stoßen könnten. Schenach betont nun, dass er – sollten nicht auch die beiden anderen Anträge bewilligt werden – den Ruf nach Wien nicht annehmen könne. Zu sehr müsste er dann nämlich fürchten, keine ausreichenden Mittel für seinen Unterhalt in Wien zu haben. Außerdem möchte er dieselben Rechte in Anspruch nehmen wie seine Kollegen. Schenach entschuldigt sich für sein neuerliches Insistieren und bittet um eine rasche Antwort.
Euer Excellenz!
Mit ehrfurchtsvollstem Schreiben vom 17. Februar, in dem ich meinen innigsten
Dank für die gnädige Ernennung zum Professor der Philosophie in Wien auszusprechen mir erlaubte, habe ich
zugleich gewagt drei Bitten zu stellen: die Bitte um Bewilligung eines Urlaubs
für das Sommersemester, die Bitte um Bewilligung einer Reise- und
Übersiedlungsvergütung und die Bitte um Anrechnung der Decenalzulagen vom Jahre
1849 angefangen.
Es ist mir seitdem durch meinen Freund Prof. Feßler mitgetheilt worden, daß die
Bewilligung des Urlaubs keinem Anstand unterliegen, die Bewilligung der beiden
andern Bitten aber auf Hindernisse stoßen dürfte.
Die Sorge für eine
gesicherte Subsistenz, die Überzeugung von der Billigkeit meiner Bitten und der
Umstand, daß ähnliche und noch weit größere Begünstigungen auch andern
Professoren gewährt wurden, veranlassen mich, neuerdings um gnädige Bewilligung
einer Reise- und Übersiedlungsvergütung (als die ich auch die Flüssigmachung des
mir in Wien zugesicherten Gehaltes von
1600 Gulden seit dem Tage meiner Ernennung zum Professor in Wien betrachten würde), vorzüglich aber um
Bewilligung der Decenalzulagen vom Jahr 1849 nachzusuchen.
Die Gewährung
dieser Bitten ist für mich von solcher Wichtigkeit, daß ich ohne sie mich nicht
wohl entschließen könnte, die allerdings große Auszeichnung der Berufung nach
Wien anzunehmen, sondern die
bescheidene Stellung, die ich hier einnehme, vorziehen müßte. Und selbst auf
diese Verzicht zu leisten und mich zur Verfügung meines Bischofs zu stellen
geböte mir die Rücksicht auf eine sorgenfreie Zukunft und mein Ehrgefühl, wenn
ich nicht meinen hiesigen Kollegen gleichgestellt und wenigstens nach dem
Gesetze vom 28. Oktober 1849 behandelt würde.
Wie ich höre werden in Wien
bald nach Georgi die Quartiere für Michaeli bestellt. Euer Excellenz wollen mir
daher verzeihen, wenn ich die gehorsamste Bitte stelle, mir in Bälde gnädigst
bekannt geben zu lassen, inwiefern ich die Erhörung meiner Wünsche hoffen darf.
Ich fühle selbst, daß meine Zudringlichkeit keck sei, aber die Nothwendigkeit zu
wissen, ob ich eine Wohnung in Wien miethen soll oder nicht, treibt mich dazu.
Mögen Hochdieselben diesen Schritt von mir nicht anders deuten, der ich in
ausgezeichneter Hochachtung und Ergebenheit stets bin
Euer Excellenz
gehorsamster Diener
Georg Schenach
Innsbruck, den 20. April 1857