Leo Thun macht sich einige Notizen zur Frage einer Neuordnung der Verhältnisse mit und in Ungarn. Zunächst notiert er einige Gedanken zur Sprachenfrage in Ungarn, wobei er das Ungarische als allgemeine Verwaltungssprache für das Land anerkennt, aber gleichzeitig lokale Sprachen im Verkehr mit Behörden dulden möchte. In der Folge geht er auf die Frage der Beamtenschaft, die Regelung eines geordneten Übergangs in die neuen Verhältnisse sowie die Einrichtung und Kompetenzen der Ministerien ein. Abschließend notiert er sich einige Felder, die einer rechtlichen Neuordnung bedürfen.
Eigenhändige Notizen von Leo Thun.
Teilweise abgedruckt in: Die Protokolle des Österreichischen Ministerrates 1848–1867. IV. Abteilung, Das Ministerium Rechberg, Bd. 2, Wien 2007, S. 278–279.
Für mich 17. April [1]8601
Sprache
Die Stellung, die in den zu deutschen Ländern gehörigen Ländern die
deutsche Sprache einnimmt, soll in Ungarn die ungarische
einnehmen.
Jede andere Volkssprache in Ungarn, die welche
die böhmische in Böhmen, die italienische in
Welschtyrol, d. i. Berechtigung in Amte und Verkehr mit den Partheien und da wo
sie vorherrscht, Amtssprache der Gerichte; Anspruch auf Achtung, freie
Entwicklung und so weit es dazu erforderlich freundliche Unterstützung der
öffentlichen Autorität. Anwendung in Gottesdienst, Unterrichtssprache in der
Schule; daneben in höheren Schulen überall obligates Studium des
Ungarischen.
Welche Stellung deutsche Sprache in höheren
Unterrichtsanstalten haben soll, ist zu berathen vom Standpunkte ihres Werthes
für Verkehr und wissenschaftliche Bildung.
In Kroazien Vollberechtigung der kroatischen
Sprache. Über Stellung der deutschen Sprache nach demselben Grundsatze zu
berathen.
In Galizien den Status quo überall
erhalten, und mit Landtag über [?] Änderung zu berathen. In Böhmen das gleiche.
Beamte
[?] ihrer erworbenen Ansprüche, wenn sie fort ihre Schuldigkeit thun,
sonst augenblickliche Entlassung.
In Ungarn Nichtungarn
nicht gesetzlich ausgeschlossen
Übergang in Ungarn
Was während der Zeit der Diktatur von
Seiner Majestät oder von der Regierung in ihrem Wirkungskreis erlassen worden
ist, besteht zu Recht, ist aber der Revolution unterworfen. [?] der ältern
Gesetze und Einrichtung, in so weit sie damit verträglich sind, behalten ihre
definitive Geltung.
Centralregierung
Die Ministerien alle zunächst aufrecht
Wiederherstellung
[?] im Prinzip anerkannt, aber wie mit Siebenbürgen und Kroazien zu
halten? Wie Wirkungskreis gegenüber Justiz- und Ministerium Cultus und
Unterricht zu regeln? Bleibt offene Frage.
Behandlung der
Frage der katholischen Kirche und der griechisch-unierten Kirche muß in einer
Hand bleiben und läßt sich vom Unterricht nicht trennen.
Wiederverknüpfung der Rechtsentwicklung
Szögyény will die Bestimmung,
daß der Einfluß auf alle Gesetzgebung vom ungarischen Landtag auf den Reichsrath
übergehe, solle mit dem ungarischen Landtag vereinbart werden. Wie dann
gegenüber von Kroazien? Soll das wieder den
ungarischen Landtag beschicken? Oder soll es auch mit dem kroatischen Landtag
und mit einem siebenbürgischen vereinbart werden? Und soll das Nothwendige von
dem Majoritätsabschluß der Landtage abhängen?
Kein Ausweg als
landesfürstlicher Ausspruch der auf die Revolution nothwendig gewordenen
Abänderung und nachträgliche Vereinbarung im Reichsrath[?] über Vorstellung der
Landtage.
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