Ladislaus Szögyény bittet Leo Thun, beim Kaiser die Begnadigung von Eduard Zsedényi, der wegen Agitation gegen das Protestantenpatent zu einer achtmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, zu erwirken. Er betont dazu die bisherige Treue Zsedényis und erklärt, dass dieser aus falschem religiösen Eifer gehandelt habe. Er ist aber überzeugt, dass er der Regierung in Zukunft treue Dienste leisten werde. Eine Verurteilung würde die Durchführung des Protestantenpatents erschweren.
Hochgeborner Graf!
Euer Exzellenz hatten die Güte, neulich zu erwähnen, daß wenn es in der
protestantischen Angelegenheit zu einer erwünschten Ausgleichung käme, die gegen
Einzelne im Zuge befindlichen strafgerichtlichen Schritte aufgehoben werden
dürften. Dahin gehört wohl auch vorzüglich, daß die bereits gefällten Urtheile
einstweilen nicht in Vollzug gesetzt werden. Nun hat aber Herr v. Zsedényi eben heute vom Kaschauer [Košice] Amtsgerichte die Zustellung des
gegen ihn gefällten oberstgerichtlichen Urtheiles mit dem Auftrage erhalten,
sich übermorgen nach Kaschau zu begeben, um dort seine
Strafe zu beginnen.
Nach den Äußerungen, die ich von Eurer Exzellenz über
Zsedényi zu vernehmen die Ehre
hatte, wäre es fruchtlos Sie davon überzeugen zu wollen, daß ihm, den
dynastischesten, monarchischesten Manne, der sein ganzes Leben lang für die
Rechte des Thrones gekämpft hat, nichts mehr ferne liegen könnte als eine
Widersetzlichkeit[?] gegen die Befehle seines kaiserlichen Herrn – und daß ihn
daher nur unstatthafter religiöser Eifer zu dem fräglichen [?] Verhalten
verleitet haben konnte. Ich beschränke mich nun darauf zu bemerken, daß die
Nachricht von der Verhaftung Zsedényis, welche sich wie ein Lauffeuer im ganzen Lande
verbreiten wird, den günstigen Eindruck der gestrigen allerhöchsten Erlässe
wesentlich paralysieren werde und daß dadurch auch die Ausgleichung der
protestantischen Verwicklungen nicht unbedeutend erschwert sei.
Zsedényi hat noch vorgestern an den
Superintendential [?] in Debreczin
geschrieben und gerathen, um Erlaubnis zur Abhaltung des Districtualconventes
einzuschreiten. Blieb dies auch ohne Erfolg, so beweiset es doch die gute
Gesinnung des Mannes.
Ich fühle mich verpflichtet, die hohe Aufmerksamkeit
Eurer Exzellenz auf diese Umstände mit der Bitte zu lenken, im Interesse der
guten Sache und zur Hebung der hochherzigen Absichten Seiner Majestät des Kaisers für Ungarn, die
allerhöchste Begnadigung desselben bei Seiner
Majestät noch bevor Zs[edényi]
Wien verläßt, zu erwirken. Seine Majestät sichere sich durch einen solchen Akt kaiserlicher
Großmuth die Dankbarkeit eines braven, ausgezeichneten Mannes, welcher der
Regierung noch wesentliche Dienste zu leisten in der Lage sein wird.
Dixi et
salvavi animam.
Empfangen Sie den Ausdruck meiner ausgezeichneten
Hochachtung, mit der ich die Ehre habe zu sein
Euer Excellenz
gehorsamster Diener
Ladislaus Szögyény
21.4.[1]860