Abschrift eines Alleruntertänigsten Vortrages Leo Thuns zur Regelung der Verwaltung der Religionsfonds
Wien, 12. Mai 1852
|

Regest

In dem alleruntertänigsten Vortrag erbittet Leo Thun die Genehmigung, eine Reform der Verwaltung der Religionsfonds durchführen zu dürfen. Thun betont, dass derzeit den Ordinariaten das Recht zustehe, Einsicht in die Fondspräliminarien und die Rechnungsabschlüsse nehmen zu können. Allerdings wünsche der Episkopat eine Ausweitung seiner Rechte. Thun schlägt daher vor, dass bischöfliche Kommissäre bei der Zusammenstellung der Jahrespräliminarien der Religionsfonds mitwirken sollen. Dadurch wäre auch dem Wunsch des Episkopats Rechnung getragen, Anteil an der Verwaltung von kirchlichem Eigentum nehmen zu können. Die vorgeschlagene Regelung soll für das gesamte Reich mit Ausnahme von Lombardo-Venetien gelten, wo eine gänzlich andere rechtliche Situation herrsche.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Allerunterthänigster Vortrag des Regierungsministers für Cult und Unterricht Leo Grafen von Thun wegen Zuziehung bischöflicher Kommissäre zur Verfassung der Jahrespräliminarien der Religionsfonde

Allergnädigster Herr!

Zu den vielen Fragen, welche als Folge der Verhandlungen des katholischen Episkopates mit Euer Majestät Staatsregierung der definitiven Lösung näher zu bringen sind, gehört auch jene der zu regelnden Verwaltung der Religionsfonde.
Unter umständlicher Darstellung des der katholischen Kirche zustehenden Eigenthumrechtes auf den Religionsfond haben die im Jahr 1849 hier versammelt gewesenen Bischöfe in dieser Richtung das Verlangen gestellt,
1. daß die Staatsregierung die Voranschläge der Religionsfonde jährlich rechtzeitig den dabei betheiligten Bischöfen zur Einsicht und zu allfälligen Bemerkungen zustelle,
2. daß die Bewilligung unvorhergesehener, im Voranschlage nicht besprochener Auslagen vor ihrer Bewilligung von der Zustimmung des betreffenden Ordinariates abhängig gemacht, auch ohne diese Beistimmung in dem Stammvermögen des Fondes keine Änderung veranlaßt werden soll,
3. daß auch der Rechnungsabschluß jeden Jahres den Bischöfen zur Einsicht und Äußerung übermittelt werden möge.
Bereits ist auch ad 1. und 3. das Begehren des Episkopates dadurch gewährt worden, daß den Ordinariaten vom [?] Jahr 1852 an Abschriften der Berichtigungen dieser Fondspräliminarien zugewendet und ebenfalls zur Zeit die Mittheilungen der Rechnungsabschlüsse zugesichert sind.1
Dieses Zugeständnis konnte dem Episkopate aus Billigkeitsgründen nicht versagt werden und war auch eine natürliche Auslegung des allerhöchsten Patentes vom 31. Dezember 18512, wodurch der § 2 der im allerhöchsten Patente vom 4. März 18493 enthaltenen Erklärung, daß „Euer Majestät jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft in dem Rechte der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, dann in der selbstständigen Verwaltung ihrer Angelegenheit, ferner im Besitze und Genuße der für ihre Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde erhalten und schützen wollen, wobei dieselben den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen bleiben“, aufrecht blieb.
Allein mit diesem bis jetzt beschränkten Einblicke in die Verwaltung der Religionsfonde sind die Ordinariate nicht zufrieden gestellt.
Nach den bereits einzeln vorgekommenen Eingaben derselben ist der dringende Wunsch dahin gerichtet, daß nicht das berichtigte Budget, als ein bereits festgestelltes Resultat, ihrer Einsicht übergeben werde, sondern daß ihre Theilnahme auch auf die Verfassung dieses Aktes zu gestatten sei.
Wenn erwogen wird, daß es die Aufgabe jeder Administration sein müsse, aus der Gebarung dieser Fonde stets das günstigste Ergebnis anzustreben, d. i. bei den aktiven Fonden die höchst möglichen Überschüsse, bei den passiven die geringsten Finanzzuschüsse zu erreichen, eben um jene gegen das Ärar jährlich schuldenfreier zu stellen, diese aber nicht über die erwiesene Nothwendigkeit hinaus neu zu belasten, so kann wohl jeder Schritt gethan werden, der dieses Endergebnis sichern dürfte.
In dieser für die Gebarung der besagten Fonde, für die Bethätigung der Administrationsorgane, für die hoch aufgeregte Theilnahme des gesammten Klerus gleich wichtigen Beziehung erlaube ich mir Euer Majestät in tiefster Ehrerbiethung, und zwar nur zu diesem Akte der Präliminarverfassung die Beiziehung bischöflicher Kommissäre vorzuschlagen, welche einerseits mit dem Vertrauen der Ordinariate ihres Kronlandes gesendet, anderseits durch die allerhöchst gewährte Beiziehung mit einem offiziellen Charakter bekleidet, für die Absicht der dem Interesse der Staatsverwaltung und des Episkopates gleich zusagenden und erfolgreichen Bürgschaft einer guten Fondsverwaltung sehr wirksamen Einfluß nehmen würden.
Für diese Maßnahme wage ich aber die allerhöchste Sanktion Euer Majestät aus dem Grunde ehrfurchtsvollst zu erbitten, um eben kraft dieser allerhöchsten Willensmeinung den politischen und den verwaltenden Kameralfinanzbehörden das Recht der Einsprache dieser Abgeordneten erklären zu können, ferner um dem begründeten, schon in dem allerhöchsten Zugeständnisse vom Jahre 1791 fußenden Begehren des Episkopates in dieser einfachsten Weise noch vor dem etwaigen Auftauchen ausgedehnterer Forderungen schon jetzt die Grenze derselben setzen zu können.
Alle diejenigen Religionsfonde, deren Einnahmsquellen – wie vorzugsweise in Ungarn und Kroazien – zum großen Theil aus dem Ertrage von Gütern und Realitäten (welche die Kameralbehörden ohne Ingerenz der politischen administriven) bestehen, können durch diese erweiterte Überwachung nur gewinnen. Bei jenen Fonden aber, deren Vermögen durch Veräußerung aller solcher Entitäten längst schon in stabilen Ziffer jährlicher Interessen der, statt jener vorhandenen Fondsobligationen verwandelt ist, bei jenen Fonden also würde sich die Bethätigung der bezeichneten Komissionsglieder lediglich auf die Konstatirung der Nothwendigkeit der Ausgabspositionen gegenüber der wenig wandelbaren Einkünfte und auf die Berechnung des unabweisbaren Fondsabganges – als Finanzzuschuß eine weitere Schuldbelastung desselben – beschränken.
Diese mittelst der Commissäre bei dem Budgetsanschlage erhöhte Wirksamkeit wäre daher eben so nützlich in ökonomischer Linie als Anlaß zur günstigeren Administrirung, als diese Berathungsglieder anderseits dort, wo die Fondsgebarung durch den Bestand fixirter Empfänge und Ausgaben längst positive Grenzen gefunden hat, eines Aufschwunges also nicht empfänglich sein kann, von der Triftigkeit der früheren und gegenwärtigen Dotationsweise überwiesen sein müßten.
Weiter, wo möglich noch wichtigere Bedeutung würde dieses allerhöchste Zugeständnis aber auf die wache Aufmerksamkeit des die Fondseigenthumsfrage mit brennender Theilnahme verfolgenden niederen Klerus üben.
Es sind nämlich über die Kräfte, über die Leistungen, schon gar über die Summe der Fondsüberschüsse die irrthümlichsten Begriffe verbreitet und sie werden in öffentlichen Blättern immer noch mit gleicher Oberflächlichkeit besprochen – leider ein andauernder Stachel zur Unzufriedenheit mit den Schritten der Regierung und zu unerfüllbaren Wünschen.
Es kann nicht die Aufgabe der Behörden sein, allen diesen falschen Urtheilen und überspannten Zumuthungen öffentlich entgegenzutreten und sich immer zu neuen Berichtigungen herbeizulassen. Würden aber geistliche Berathungsorgane mit in das Gebieth der Fondsverwaltung und der Verantwortlichkeit für eine zufriedenstellende Gebarung tretten, so würden diese Stimmen verstummen; denn die Ordinariate wären dann in der erwünschten Lage, diese Irrthümer mit vollem Bewußtsein selbst bekämpfen zu können und die Sachverhältnisse in das wahre Licht zu stellen.
Mit dieser Einrichtung wäre auch ein Schritt für die Lösung der Frage gethan, welchen Einfluß die Kirche auf ihr Eigenthum zu nehmen hätte, – eine Frage, die gegenwärtig bei dem Bestande der schwebenden Schulden gegen das Ärar vollkommen zu erledigen nahezu unmöglich ist und in diesem Lichte von dem Episkopate eben durch seine Mitwirkung anerkannt werden müßte.
Diese allerhöchste Willensmeinung würde mir endlich noch die Ermächtigung in die Hand legen, das Einschreiten des siebenbürgischen römisch-katholischen Bischofes, welcher dort nach vollem historischen und gesetzlich wohlbegründeten Rechte als das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche auch in allen Fragen der römisch-katholischen Fonde als entscheidendes Organ seiner Kirche betrachtet werden will, eine den Umständen gemäße Erledigung geben zu können.
Für die Lombardie und Venedig, wo das Cultuserfordernis eine reine Ausgabe des Staatsärars ist, ohne daß ein Religionsfond oder irgend eine Empfangsquelle vorhanden wäre, hätte diese Einführung bischöflicher Kommissäre keine Geltung.
Geruhen demnach Euer Majestät in Anbetracht dieser vielen Beweggründe meinen allerunterthänigsten Antrag der Beiziehung bischöflicher Kommissäre zu dem Akte der Verfassung der Jahrespräliminarien der Religionsfonde als Berathungskommissionsglieder zu genehmigen und hierüber die allerhöchste Willensmeinung auszusprechen.

Wien, am 12. Mai [1]852

Mely[?]
Raßmann

Entwurf zur allerhöchsten Resolution
Es ist mein Wille, daß künftig zu dem Akte der Verfassung der Jahrespräliminarien der Religionsfonde bischöfliche Kommissäre als Berathungskommissionsglieder beigezogen werden und beauftrage Meinen Minister des Cultus hiernach das Geeignete vorzukehren.