In dem alleruntertänigsten Vortrag erbittet Leo Thun die Genehmigung, eine Reform der Verwaltung der Religionsfonds durchführen zu dürfen. Thun betont, dass derzeit den Ordinariaten das Recht zustehe, Einsicht in die Fondspräliminarien und die Rechnungsabschlüsse nehmen zu können. Allerdings wünsche der Episkopat eine Ausweitung seiner Rechte. Thun schlägt daher vor, dass bischöfliche Kommissäre bei der Zusammenstellung der Jahrespräliminarien der Religionsfonds mitwirken sollen. Dadurch wäre auch dem Wunsch des Episkopats Rechnung getragen, Anteil an der Verwaltung von kirchlichem Eigentum nehmen zu können. Die vorgeschlagene Regelung soll für das gesamte Reich mit Ausnahme von Lombardo-Venetien gelten, wo eine gänzlich andere rechtliche Situation herrsche.
Allerunterthänigster Vortrag des Regierungsministers für Cult und Unterricht Leo Grafen von Thun wegen Zuziehung bischöflicher Kommissäre zur Verfassung der Jahrespräliminarien der Religionsfonde
Allergnädigster Herr!
Zu den vielen Fragen, welche als Folge der Verhandlungen des katholischen
Episkopates mit Euer Majestät Staatsregierung der definitiven Lösung näher zu
bringen sind, gehört auch jene der zu regelnden Verwaltung der
Religionsfonde.
Unter umständlicher Darstellung des der katholischen Kirche
zustehenden Eigenthumrechtes auf den Religionsfond haben die im Jahr 1849 hier
versammelt gewesenen Bischöfe in dieser Richtung das Verlangen gestellt,
1.
daß die Staatsregierung die Voranschläge der Religionsfonde jährlich rechtzeitig
den dabei betheiligten Bischöfen zur Einsicht und zu allfälligen Bemerkungen
zustelle,
2. daß die Bewilligung unvorhergesehener, im Voranschlage nicht
besprochener Auslagen vor ihrer Bewilligung von der Zustimmung des betreffenden
Ordinariates abhängig gemacht, auch ohne diese Beistimmung in dem Stammvermögen
des Fondes keine Änderung veranlaßt werden soll,
3. daß auch der
Rechnungsabschluß jeden Jahres den Bischöfen zur Einsicht und Äußerung
übermittelt werden möge.
Bereits ist auch ad 1. und 3. das Begehren des
Episkopates dadurch gewährt worden, daß den Ordinariaten vom [?] Jahr 1852 an
Abschriften der Berichtigungen dieser Fondspräliminarien zugewendet und
ebenfalls zur Zeit die Mittheilungen der Rechnungsabschlüsse zugesichert
sind.1
Dieses Zugeständnis konnte dem Episkopate aus
Billigkeitsgründen nicht versagt werden und war auch eine natürliche Auslegung
des allerhöchsten Patentes vom 31. Dezember 18512, wodurch der § 2 der im allerhöchsten Patente
vom 4. März 18493 enthaltenen Erklärung, daß „Euer Majestät jede gesetzlich anerkannte
Kirche und Religionsgesellschaft in dem Rechte der gemeinsamen öffentlichen
Religionsübung, dann in der selbstständigen Verwaltung ihrer Angelegenheit,
ferner im Besitze und Genuße der für ihre Cultus-, Unterrichts- und
Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde erhalten und
schützen wollen, wobei dieselben den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen
bleiben“, aufrecht blieb.
Allein mit diesem bis jetzt beschränkten Einblicke
in die Verwaltung der Religionsfonde sind die Ordinariate nicht zufrieden
gestellt.
Nach den bereits einzeln vorgekommenen Eingaben derselben ist der
dringende Wunsch dahin gerichtet, daß nicht das berichtigte Budget, als ein
bereits festgestelltes Resultat, ihrer Einsicht übergeben werde, sondern daß
ihre Theilnahme auch auf die Verfassung dieses Aktes zu gestatten sei.
Wenn
erwogen wird, daß es die Aufgabe jeder Administration sein müsse, aus der
Gebarung dieser Fonde stets das günstigste Ergebnis anzustreben, d. i. bei den
aktiven Fonden die höchst möglichen Überschüsse, bei den passiven die geringsten
Finanzzuschüsse zu erreichen, eben um jene gegen das Ärar jährlich
schuldenfreier zu stellen, diese aber nicht über die erwiesene Nothwendigkeit
hinaus neu zu belasten, so kann wohl jeder Schritt gethan werden, der dieses
Endergebnis sichern dürfte.
In dieser für die Gebarung der besagten Fonde,
für die Bethätigung der Administrationsorgane, für die hoch aufgeregte
Theilnahme des gesammten Klerus gleich wichtigen Beziehung erlaube ich mir
Euer Majestät in tiefster
Ehrerbiethung, und zwar nur zu diesem Akte der Präliminarverfassung die
Beiziehung bischöflicher Kommissäre vorzuschlagen, welche einerseits mit dem
Vertrauen der Ordinariate ihres Kronlandes gesendet, anderseits durch die
allerhöchst gewährte Beiziehung mit einem offiziellen Charakter bekleidet, für
die Absicht der dem Interesse der Staatsverwaltung und des Episkopates gleich
zusagenden und erfolgreichen Bürgschaft einer guten Fondsverwaltung sehr
wirksamen Einfluß nehmen würden.
Für diese Maßnahme wage ich aber die
allerhöchste Sanktion Euer Majestät aus
dem Grunde ehrfurchtsvollst zu erbitten, um eben kraft dieser allerhöchsten
Willensmeinung den politischen und den verwaltenden Kameralfinanzbehörden das
Recht der Einsprache dieser Abgeordneten erklären zu können, ferner um dem
begründeten, schon in dem allerhöchsten Zugeständnisse vom Jahre 1791 fußenden
Begehren des Episkopates in dieser einfachsten Weise noch vor dem etwaigen
Auftauchen ausgedehnterer Forderungen schon jetzt die Grenze derselben setzen zu
können.
Alle diejenigen Religionsfonde, deren Einnahmsquellen – wie
vorzugsweise in Ungarn und Kroazien – zum großen Theil aus dem Ertrage von Gütern und
Realitäten (welche die Kameralbehörden ohne Ingerenz der politischen
administriven) bestehen, können durch diese erweiterte Überwachung nur gewinnen.
Bei jenen Fonden aber, deren Vermögen durch Veräußerung aller solcher Entitäten
längst schon in stabilen Ziffer jährlicher Interessen der, statt jener
vorhandenen Fondsobligationen verwandelt ist, bei jenen Fonden also würde sich
die Bethätigung der bezeichneten Komissionsglieder lediglich auf die
Konstatirung der Nothwendigkeit der Ausgabspositionen gegenüber der wenig
wandelbaren Einkünfte und auf die Berechnung des unabweisbaren Fondsabganges –
als Finanzzuschuß eine weitere Schuldbelastung desselben –
beschränken.
Diese mittelst der Commissäre bei dem Budgetsanschlage erhöhte
Wirksamkeit wäre daher eben so nützlich in ökonomischer Linie als Anlaß zur
günstigeren Administrirung, als diese Berathungsglieder anderseits dort, wo die
Fondsgebarung durch den Bestand fixirter Empfänge und Ausgaben längst positive
Grenzen gefunden hat, eines Aufschwunges also nicht empfänglich sein kann, von
der Triftigkeit der früheren und gegenwärtigen Dotationsweise überwiesen sein
müßten.
Weiter, wo möglich noch wichtigere Bedeutung würde dieses
allerhöchste Zugeständnis aber auf die wache Aufmerksamkeit des die
Fondseigenthumsfrage mit brennender Theilnahme verfolgenden niederen Klerus
üben.
Es sind nämlich über die Kräfte, über die Leistungen, schon gar über
die Summe der Fondsüberschüsse die irrthümlichsten Begriffe verbreitet und sie
werden in öffentlichen Blättern immer noch mit gleicher Oberflächlichkeit
besprochen – leider ein andauernder Stachel zur Unzufriedenheit mit den
Schritten der Regierung und zu unerfüllbaren Wünschen.
Es kann nicht die
Aufgabe der Behörden sein, allen diesen falschen Urtheilen und überspannten
Zumuthungen öffentlich entgegenzutreten und sich immer zu neuen Berichtigungen
herbeizulassen. Würden aber geistliche Berathungsorgane mit in das Gebieth der
Fondsverwaltung und der Verantwortlichkeit für eine zufriedenstellende Gebarung
tretten, so würden diese Stimmen verstummen; denn die Ordinariate wären dann in
der erwünschten Lage, diese Irrthümer mit vollem Bewußtsein selbst bekämpfen zu
können und die Sachverhältnisse in das wahre Licht zu stellen.
Mit dieser
Einrichtung wäre auch ein Schritt für die Lösung der Frage gethan, welchen
Einfluß die Kirche auf ihr Eigenthum zu nehmen hätte, – eine Frage, die
gegenwärtig bei dem Bestande der schwebenden Schulden gegen das Ärar vollkommen
zu erledigen nahezu unmöglich ist und in diesem Lichte von dem Episkopate eben
durch seine Mitwirkung anerkannt werden müßte.
Diese allerhöchste
Willensmeinung würde mir endlich noch die Ermächtigung in die Hand legen, das
Einschreiten des siebenbürgischen
römisch-katholischen Bischofes, welcher dort nach vollem historischen und
gesetzlich wohlbegründeten Rechte als das Oberhaupt der römisch-katholischen
Kirche auch in allen Fragen der römisch-katholischen Fonde als entscheidendes
Organ seiner Kirche betrachtet werden will, eine den Umständen gemäße Erledigung
geben zu können.
Für die Lombardie und
Venedig, wo das Cultuserfordernis eine reine Ausgabe des
Staatsärars ist, ohne daß ein Religionsfond oder irgend eine Empfangsquelle
vorhanden wäre, hätte diese Einführung bischöflicher Kommissäre keine
Geltung.
Geruhen demnach Euer
Majestät in Anbetracht dieser vielen Beweggründe meinen
allerunterthänigsten Antrag der Beiziehung bischöflicher Kommissäre zu dem Akte
der Verfassung der Jahrespräliminarien der Religionsfonde als
Berathungskommissionsglieder zu genehmigen und hierüber die allerhöchste
Willensmeinung auszusprechen.
Wien, am 12. Mai [1]852
Mely[?]
Raßmann
Entwurf zur allerhöchsten Resolution
Es ist mein Wille, daß künftig zu dem
Akte der Verfassung der Jahrespräliminarien der Religionsfonde bischöfliche
Kommissäre als Berathungskommissionsglieder beigezogen werden und beauftrage
Meinen Minister des Cultus
hiernach das Geeignete vorzukehren.