Leo Thun an Hermann Bonitz
Wien, 26. August 1855
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Regest

Leo Thun teilt dem Philologen Hermann Bonitz mit, dass der Kaiser sein Gehalt erhöhen wird. Außerdem spricht Thun seine Freude darüber aus, dass Bonitz in Österreich bleiben will und versichert ihm, dass er ihn stets fördern werde. Der Minister versichert Bonitz außerdem, dass er auch dann sein volles Gehalt weiter beziehen kann, sollte sich die Organisation der philosophischen Fakultäten grundlegend ändern und er daher nicht mehr bereit wäre, an einer österreichischen Universität zu unterrichten.

Anmerkungen zum Dokument

Abgedruckt bei: Alfred Schneider, Briefe Österreichischer Gelehrter aus den Jahren 1849–1862. Beiträge zur Geschichte der österreichischen Unterrichtsreform, in: Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 113/1936. S. 167–304, hier S. 205–206

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DA43-4

Schlagworte

Edierter Text

970/CUM

Ihre Mitteilung,1daß Sie von der köngl. Preußischen Regierung die ehrenvolle Aufforderung erhalten haben, die Leitung des Gymnasiums in Schulpforta unter vortheilhaften Bedingungen zu übernehmen, daß Sie jedoch geneigt seien, in Ihrer gegenwärtigen Anstellung an der hiesigen Universität zu verbleiben, hat mir den erwünschten Anlaß geboten, Seiner Majestät die ausgezeichneten Dienste vorzustellen, welche Sie sowohl durch Ihre Thätigkeit im Lehramte, als durch ihre Betheiligung an der Redaktion der österreichischen Gymnasial-Zeitschrift dem Aufschwunge der philologischen Studien wie der Gymnasien im Allgemeinen geleistet haben. Seine k.k. Apostolische Majestät haben in Folge dessen nicht nur Ihren Gehalt erhöhen, worüber Ihnen demnächst die Mittheilung im ordentlichen Geschäftswege zukommen wird, sondern auch mit Allerhöchstem Handschreiben de dato Laxenburg den 23. August laufenden Jahres mich allergnädigst zu ermächtigen geruht, ihnen die Zuversicherung zu geben, daß für den Fall, als in Betreff Ihrer dermaligen, Ihnen zu Folge Ihres ursprünglichen Anstellung an der Wiener Universität anvertrauten lehrämtlichen Tähtigkeit für die Ausbildung von Gymnasiallehramts-Kandidaten auf dem Gebiete der Philologie wider Ihren Wunsch eine Veränderung verfügt werden sollte, Sie berechtigt seien, mit dem Fortgenusse Ihres ganzen Gehaltes sich in den Ruhestand zurückzuziehen.
Der Umstand, da diese ehrenvolle Anerkennung Ihrer Verdienste eine so ausnahmsweise Begünstigung enthält, daß es nothwendig erscheint jede Anregung des Wunsches anderer Professoren nach einer ähnlichen Behandlung zu vermeiden, macht es mir zu meinem Bedauern zur Pflicht, sie nicht in weiteren Kreisen bekannt werden zu lassen. Hingegen schätze ich mich um so mehr glücklich mich der zuversichtlichen Hoffnung hingeben zu dürfen, daß sich der Fall, in welchem sie sich veranlaßt sehen könnten, von dem Ihnen eingeräumten Rechte Gebrauch zu machen, gar nicht ereignen, sondern vielmehr ihre wissenschaftliche Wirksamkeit, deren erfreuliche Erfolge ich ebenso wie die angestrengte und Ihre Verpflichtung weit übersteigende Thätigkeit, durch welche diese Erfolge herbeigeführt werden, mit aufrichtigem Danke fortwährend zu beobachten Gelegenheit habe, der Wiener Universität und dem österreichischen Studienwesen bleibend gesichert werde.

Wien, am 26. August 1855

Thun