Der Komitatsrat Svetozar Kušević übermittelt Leo Thun die von ihm gewünschten Informationen zu zwei Kandidaten für die Stelle eines Gymnasialinspektors in Kroatien. Kušević betont, dass sich beide Kandidaten in Gesprächen an der Stelle interessiert gezeigt hatten. Der erstgenannte Kandidat war vor seiner Pensionierung Professor am Josephinum: Er wäre zwar für die Stelle geeignet, allein er würde im Fall der Gründung einer Universität in Zagreb eine Bewerbung auf eine Professorenstelle ebendort vorziehen. Der zweitgenannte ist ebenfalls Mediziner und würde sich aus der Sicht Kuševićs besonders durch seine Sprachkenntnisse für den Posten eignen. Kušević hofft, dass die mitgeteilten Informationen Thun die Wahl erleichtern werden.
Euer Hochwohlgeboren!
Bei meinem Abschiede aus der Residenz hatten
Euer Hochwohlgeboren die Güte mir aufzutragen, Ihnen über die Beschaffenheit
zweier Individuen, die als Competenten einer Gymnasialinspectorsstelle
bezeichnet werden könnten, eine nähere Mittheilung zu machen. Ich entledige mich
mit Vergnügen dieses mich beehrenden Auftrages, indem ich Euer Hochwohlgeboren
höflichst zu berichten die Ehre habe, daß ich Gelegenheit gesucht habe, um mit
dem Dr. Zlatarović pensionirter
Professor des Josephinums und dermalen
practischen Homeopatharzt hier, über den obberührten Gegenstand eines
Gymnasialinspectors zu sprechen und seine Meinung hierüber zu sondiren, wo es
mir gelang zu erfahren, daß er das Amt eines Professors jeder Beschäftigung
vorzieht, und daß er bei der Errichtung einer Universität für Croatien um ein solches jedenfalls als Medicinae
Professor sich bewerben würde. Er zeigte bei dieser Gelegenheit auch sehr viel
Lust für die Stelle eines Gymnasialinspectors, nur scheint es, daß ihn der
Wirkungskreis und die Aufgabe eines solchen minder bekannt ist. Dies ist, was
ich über dieses Individuum zu sagen weiß, da über seine Fähigkeiten und
bisherige Leistungen Euer Hochwohlgeboren reichlichere Quellen zu Gebothe
stehen, dem ich sonst nichts beizufügen habe, als daß er hier allgemein geachtet
und als Arzt viel in Anspruch genommen wird.
Das zweite Individuum, über
welches ich die Ehre hatte Euer Hochwohlgeboren mündlich zu erwähnen, ist der
Dr. Anton Pavić, Comitatsphysicus zu
Poseg [Possegg] seit 1836. Derselbe ist ein Mann von 48
Jahren, verheirathet, hat alle Studien mit einem ausgezeichneten Fleiße
vollendet, ist 22-jähriger practischer Arzt, diente im Allgemeinen Krankenhause
in Wien als Secundararzt und Assistent, fungirte im
Spitale zu Salzburg als Assistent und Primarius, nicht
minder versah er daselbst die Lehrstühle der Geburtshilfe wie auch der
theoretischen und praktischen Medizin, ferner diente er auch als Bezirksarzt zu
Völkermarkt und erwarb sich
überall die besondere Zufriedenheit der Vorgesetzten, die Liebe und Achtung des
Publikums, wovon er unzweifelhafte, mir wohlbekannte Zeugnisse besitzt, außer
seinem Berufe erfüllt er die Pflicht eines guten Bürgers als Wahlbürger der
Stadt Poseg [Possegg], eines fleißigen Beamten als
beeideter Gerichtstafelbeisitzer, in seinem Privatleben wird er von seinen
Mitbürgern als ein guter Hausvater besonders geehrt, neben seinem Berufe noch
befaßt er sich mit der Literatur, mit verschiedenen naturwissenschaftlichen
Sammlungen und ist als ein besonderer Verehrer der Wissenschaften und Künste
bekannt, er ist nebstbei correspondirendes Mitglied der Gesellschaft der Ärzte
und der botanischen Gesellschaft in Wien, nicht minder
ordentliches Mitglied der vaterländischen Geschichte und der Alterthümer in
Agram [Zagreb], er spricht und schreibt gut illirisch,
deutsch, lateinisch und ungarisch, mittelmäßig italienisch und
französisch.
Aus diesem belieben Eure Hochwohlgeobren zu entnehmen
inwieferne einer dieser Herren besser dem gedachten Dienste zu entsprechen im
Stande wäre, da sie beide sehr viel Lust zur Betretung einer obbesagten Bahn
geäußert haben.
Mir bleibt demnach nichts ferner übrig, als meinen
unbedeutenden Dienste auch fernerhin Euer Hochwohlgeboren anzubieten und mich
dem hochgeschätzten Wohlwollen mit dem Ausdrucke meiner unbegränzten Hochachtung
zu empfehlen, mit dem ich zu verharren die Ehre habe.
Euer Hochwohlgeboren
ergebenster Diener
Svetozar Kušević
k.k. Comitatsrath
Agram, den 24. Februar 1851