Der Jurist Johann Friedrich Schulte sendet Leo Thun ein Exemplar seiner Arbeit über den Eheprozess bei geistlichen Gerichten. Er hofft damit ein auch für die Praxis nützliches Werk geschaffen zu haben, das die bisherigen Instruktionen vervollständigt und erläutert. Er möchte das Werk in Zukunft weiter ergänzen, damit es stets auf dem neuesten Stand bleibt.
Hochgeborner Herr Graf!
Hochzuverehrender Herr Minister!
Euere Excellenz
geruhen, das anliegende Exemplar meines Eheprocesses1 gnädigster
Annahme und Beurtheilung zu würdigen. Ich gab mir alle Mühe, dasselbe für die
Praxis möglichst brauchbar zu machen, was um so nöthiger ist, als ich vielfache
Belege habe, daß nicht blos die Commissäre, sondern selbst bischöfliche
Ehegerichte unvermögend sind, sich überall in die „Instruction“ zu finden und
auch dann selbige richtig anzuwenden, wenn sie schweigt. Deshalb schon darf ich
wohl auch die Überzeugung hegen, es werde das Buch den Wünschen der hohen
Regierung wie Seiner Eminenz des Cardinal
Rauscher entsprechen, um so mehr, als es die „Instruction“
durchweg begründet, aus dem pro commune nachweist, Ausnahmen von letzterem
theils als der vigens disciplina gemäß, theils vom heutigen Rechtsstandpunkte
aus geboten darthut, endlich zweifelhafte Fragen in dem Geiste des Ganzen
erledigt, wie denn auch in Betreff eines Punktes (jusjurandem columniae) ein
letzthin mir bekannt gewordener Erlaß Seiner Eminenz an das Wiener Ehegericht
genau mit meiner lange vorher gedruckten Ausführung zusammentrifft. Für die
Zukunft würde ich mir alle Mühe geben, dem Buche durch Zusätze usf. die
größtmögliche Brauchbarkeit zu sichern.
Euer Excellenz nochmals um gnädige
Entgegennahme gehorsamst bittend verharrt in unbegrenzter Hochachtung und
Verehrung
Hochgeborner Herr Minister!
Euerer Excellenz gehorsamster Diener
Dr.
Schulte
Prag, den 9. Dezember 1857