Notizen von unbekannter Hand zu den politischen Gruppierungen in Ungarn
o. D. [post 1857]
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Regest

Der unbekannte Schreiber gibt eine Übersicht über die in einem nicht näher genannten Komitat in Ungarn tätigen Parteien und politischen Gruppierungen. Zunächst schildert er die historische Entwicklung dieser Gruppen seit dem Jahr 1825. Den Landtag von 1825 bezeichnet er dabei als Keimzelle der unterschiedlichen Gruppen. Damals entstanden eine liberale und konservative Partei, deren Forderungen bis zum jetzigen Zeitpunkt weitgehend unverändert geblieben und die maßgeblich am Ausbruch der Revolution von 1848 beteiligt gewesen seien. Die Parteigänger der Liberalen wurden vielfach auch als die 'Radikalen' bezeichnet und ihr gehörten überwiegend Intellektuelle und zahlreiche Protestanten helvetischen Bekenntnisses an, deren Rolle als politische Agitatoren er eigens betont. Die Konservativen hingegen rekrutierten sich vorwiegend aus dem Adel und den Grundbesitzern. Aus der Sicht des Schreibers agierten die Konservativen lange zu passiv und uneins, weshalb ihr Einfluss schwand.
Anschließend an den historischen Überblick geht er auf die maßgeblichen politischen Gruppierungen der Gegenwart in Ungarn ein. Zunächst nennt er die Altkonservativen. Diese rekrutieren sich insbesondere aus dem Adel und der hohen Geistlichkeit. Dieser Gruppe gehe es vorwiegend um den Erhalt bzw. die Wiedererlangung von Standesprivilegien, weshalb sie die derzeitige politische Ordnung diskreditiere. Dabei benütze die altkonservative Partei auch nationale Bestrebungen, die sie bis 1848 abgelehnt hatte. Anschließend behandelt der Autor die demokratische Partei, die die Volkssouveränität verlange sowie einen Staat nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten anstrebe. Die Anhängerschaft dieser Partei setze sich vor allem aus Intellektuellen, Anwälten, Handel- und Gewerbetreibenden, aber auch aus reformierten Protestanten und aufgeklärten Juden zusammen. Ihre Betonung der ungarischen Nation verbinde sie mit den Altkonservativen. Zuletzt erwähnt er, dass es insbesondere innerhalb des griechisch-katholischen Klerus' große Sympathien für das Slawentum und Russland gebe. Allerdings könne man in diesem Fall von keiner echten Partei sprechen.

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Edierter Text

Die angedeuteten Fragen über die hierlandes thätigen politischen Partheien, deren Abgränzung, Programme, hervorragende Persönlichkeiten und wechselseitige Beziehungen erheischen zu ihrer erschöpfenden Beantwortung nicht blos eine möglichst genaue Beobachtung der gegenwärtigen Zustände, sondern auch einen Rückblick auf jene Parthei-Bestrebungen, welche in den letzten zwei Decennien vor dem Jahre 1848 eine leitende Rolle gespielt, verschiedene Phasenentwicklung durchgemacht und endlich zu der Revolution geführt haben.
Denn wenn auch der Boden, auf welchem sich die Partheien der Gegenwart bewegen, sehr große Veränderungen in der Art ihres Auftretens und in der Taktik ihrer Umtriebe zur Folge hatten, so sind doch die Grundsätze, charakteristischen Merkmale und Zielpunkte derselben sich bisher im wesentlichen gleich geblieben, und man muß die in früherer Zeit unverhüllt an das Tageslicht getretenen letzten Zwecke ihrer Thätigkeit genau kennen, um sich nicht durch die den Umständen angepasste Sprache, welche sie heute führen, täuschen zu lassen.
Die politische Bewegung, welche vorzugsweise auf dem Landtage des Jahres 1825 ihre ersten Wirkungen äußerte, hatte die Bildung einer konservativen und liberalen Partei zur Folge.
Während die erstere die Aufrechterhaltung der Verfassung in ihren Grundprinzipien und die hieran geknüpften Vorrechte der privilegierten Stände, vertheidigte, drang die letztere auf die Geltendmachung neuer konstitutioneller Rechte und auf Neuerungen in der Gesetzgebung, später auch auf die Ausdehnung der politischen Befugnisse zu Gunsten der von ihrer Ausübung bisher ausgeschlossenen Einwohnerklassen und auf die gleichmässigere Vertheilung der öffentlichen Lasten durch Besteuerung des Adels und der Geistlichkeit. Zugleich machte die liberale Partei die angebliche Wiederbelebung und Entwicklung der nach ihrer Ansicht schlummernden und von der Gefahr des Unterganges bedrohten ungarischen Nationalität zu ihrem Programm.
Schon in diesen ersten Regungen der liberalen, damals Opposition genannten Partei lagen die Keime der Revolution, da die ersten Ansprüche und Forderungen mit jedem errungenen Erfolge immer höher gespannt wurden, bis durch die Zugeständnisse eines selbstständigen, dem Landtage verantwortlichen ungarischen Ministeriums im März 1848 das Land thatsächlich aus dem staatsrechtlichen Verbande mit der Gesammtmonarchie gerissen, und endlich sogar durch die sogenannte Unabhängigkeitserklärung im April 1849 das legitime Souveränitätsrecht der allerhöchsten Dinastie vernichtet werden wollte.
Es waren in dem Schoße der Opposition viele Elemente vorhanden, denen es nicht blos um die, zum Partheiaushängeschild gemachten inneren legislativen Reformen, sondern um eine viel weiter gehende Umwälzung in den staatsrechtlichen Verhältnissen zu thun war.
Die Leiter dieser Elemente, welche später als die Radikalen bezeichnet wurden, waren größtentheils Advokaten, Literaten und solche Edelleute, welche in den legalen Zuständen keine Befriedigung für ihren extravaganten Ehrgeiz fanden, und es ist bemerkenswerth, daß diese extreme Partei unter den helvetischen Glaubensgenossen, welche auch in den früheren Thronstreitigkeiten und Bürgerkriegen Ungarn's stets eine hervorragende Rolle spielten, ihre zahlreichsten Anhänger hatte.
Anfanglich schwach, wenig beachtet und von geringem Einfluß, errang diese Parthei in dem Zeitraume von etwa zwanzig Jahren einen Erfolg nach dem anderen und gewann in den Komitaten, so wie auf den Landtagen immer mehr Geltung, bis sie endlich in den Jahren 1848 und 1849 die Zügel der Herrschaft vollständig an sich riß und ohne Widerstand die revolutionärsten Beschlüße durchsetzte.
Das rasche Erstarken und das in so kurzer Zeit erlangte Übergewicht dieser Partei läßt sich nur dadurch erklären, daß sich diesselbe stets als die eifrigste Vertreterin der ungarischen Nationalität gerierte. Ihre Leiter wußten, daß dieser Hebel die tiefgreifendste Bewegung in Ungarn herbeiführen müsse, sie bemühten sich daher durch die Presse, durch das mit allen Mitteln unterstützte ungarische Theater, und durch kluge Benützung der für oratorische Wirkungen so geeigneten Komitats Kongregationen und Landtage das Nationalgefühl möglichst aufzuregen, und die Bevölkerung mit überschwänglichen Ideen von der historischen Grösse und dem Zukunftsberufe der ungarischen Nation zu erfüllen.
Es wurde so oft wiederholt, das ungarische Volk könne nur durch die möglichst unvermengte Entwicklung seiner nationalen Eigenthümlichkeiten durch die ausschließende Herrschaft der ungarischen Sprache im Lande und durch die Fernhaltung aller nicht nationalen Elemente seine Bestimmung erreichen, daß der von den extremsten Fanatikern angestrebte, den positiven Verhältnissen, ebenso wie der wahren Landeswohlfahrt widerstrebende Zustand der nationalen Isolierung einer mehr als wünschenswerth und seine Verwirklichung als die erste Pflicht eines patriotischen Ungars erschien.
Die Einführung der ungarischen Sprache als Geschäftssprache aller Behörden, als Unterrichtssprache in den Lehranstalten, die Gründung der ungarischen Akademie sowie zahlreicher anderer Landesinstitute waren sprechende Belege für die Macht jener Einflüsse, welche dem Lande einen exklusiven magyarischen Charakter aufzuprägen sich bestrebten.
Die Konservative Partei fast aus dem gesammten grundbesitzenden Adel und der hohen Geistlichkeit bestehend und im Besitze aller wichtigen öffentlichen Ämter und Würden, war in ihrer überwiegenden Mehrheit jeder Neuerung prinzipiell abgeneigt, allein sie verlor gegenüber der rastlosen Thätigkeit der Opposition immer mehr Terrain, und wenngleich die einsichtsvolleren Männer recht wohl fühlten, welche Absichten sich unter dem, jede Rücksicht für die übrigen Volksstämme Ungarns und für den Verband mit der Monarchie hintansetzenden Eifer für die magyarische Nationalität verbergen mögen, so war ihr Widerstand doch viel zu schwach, um den entfesselten Leidenschaften einen wirksamen Damm entgegenzustellen.
Die Schwäche der konservativen Partei lag vorzüglich in ihrem Wahn, daß sie auch ohne kräftige Einwirkungen der Regierung die Bewegung bemeistern könne.
Sie verkannte die Größe der drohenden Gefahr und glaubte, daß auch unter den so sehr geänderten Verhältnissen die autonome Abgeschlossenheit der ungarischen Verfassung, das beinahe anarchische Gebahren vieler Komitate und die Kraftlosigkeit aller Regierungsorgane in Ungarn möglich sei, ohne das Land in den Abgrund der Revolution zu stürzen.
Die Bewegung wurde noch mehr beschleunigt, als intelligente Männer wie Graf Szechényi einerseits Reformen im liberalen Sinne durchzuführen, andererseits aber die Opposition zu bekämpfen, zugleich aber in angeblich konservativem Sinne die Nationalitätsbewegung zu leiten versuchten.
Es entstand auf diese Art eine solche Verwirrung in den politischen Anschauungen, daß die extremste Richtung, deren Leiter allein klar wußten, was sie eigentlich wollten, die Oberhand behielt, und der Anstoß der äusseren Verhältnisse im Jahre 1848 die Revolution, welche längst [...]1
der Staatsfinanzen gedrängt, ihre Hilfe benötigen, und ihnen einige Zugeständnisse machen werde, um mit ihrer Unterstützung mehr Sympathien im Lande zu erlangen.
Um die vermeintliche Aussicht auf derlei Konzessionen wahrscheinlich zu machen, bemühte man sich glauben zu machen, daß die gegenwärtigen Institutionen keineswegs aus der durch die reiflichste Prüfung der Verhältnisse und Bedürfnisse begründeten Überzeugungen Seiner Majestät des Kaisers hervorgegangen, sondern lediglich ein in der Sphäre des Ministeriums entworfenes und nur dort gewünschtes System sind, welches mit einer Veränderung in den Personen von selbst fallen werde.
Es ist nicht zu läugnen, daß diese Ansicht sehr verbreitet war und durch jene Altkonservativen, welche in Wien Verbindungen haben, fortwährend genährt wurde.
Obgleich die konsequente Durchführung der Landesorganisation und Gesetzgebung jedem Unbefangenen der klarste Beweis sein konnte, daß die Regierung sich auf der mit vollster Überzeugung von der unbedingten Nothwendigkeit eingeschlagenen Bahn nicht beirren lassen werde, so wurde doch die Allerhöchste Rundreise Seiner Majestät des Kaisers im vorigen Jahr als ein geeigneter Anlaß angesehen, eine Agitation zur Kundgebung der sogenannten Wünsche des Landes hervorzurufen.
Man suchte allenthalben Petitionen um Einführung der ungarischen Geschäftssprache, Änderungen respektive Erleichterungen im Steuerwesen mit Hindeutung auf die angebliche Unverträglichkeit der gegenwärtigen Institutionen mit den Verhältnissen Ungarn hervorzurufen
Das allerhöchste Handschreiben vom 9. September vorigen Jahres2 sprach den allerhöchsten Willen Seiner Majestät, an den bisherigen Regierungsgrundsätzen unverbrüchlich festzuhalten, mit voller Klarheit aus und gab der Aufrechthaltung und Befestigung der gegenwärtigen Institutionen eine neue bedeutungsvolle Bürgschaft.
Hiedurch ist die politische Umgestaltung Ungarns gewissermaßen zum Abschlusse gelangt, und es läßt sich nicht verkennen, daß auch in den Partei-Gruppierungen manche Veränderungen stattgefunden haben, welche sich insbesondere in dem Streben nach einer möglichst gemeinschaftlichen Thätigkeit kund geben.
Der Berührungspunkt, in welchem die verschiedenen Parteirichtungen übereinstimmen, um auf die öffentliche Meinung Einfluß zu üben, ist begreiflicherweise das Streben nach Wahrung und möglichst kräftiger Entwicklung der ungarischen Nationalität.
Der Boden hiefür wurde schon vor dem Jahre 1848, damals vorzugsweise durch die Opposition gehörig vorbereitet und die tägliche Erfahrung beweist, daß die Macht des Nationalgefühls ihren Einfluß auf die Beurtheilung der öffentlichen Zustände fast ungeschwächt behauptet.
Indem ich nunmehr zu der speziellen Charakteristik der einzelnen Parthei-Gruppen übergehe, glaube ich zunächst die, noch dermal mit dem Namen der Altkonservativen bezeichnete Partei voranstellen zu müssen.
Dieser Richtung gehören fast alle Jene an, welche in den früheren ungarischen Verhältnissen eine mit Vorrechten ausgestattete Stellung einnahmen, durch ihre persönlichen Verbindungen bei den damaligen Behörden sich in Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten besonderer Begünstigungen erfreuten, und im Besitze von Standesprivilegien, Einfluß und Macht ebensosehr aus Interesse als mit einer im Nationalgefühl wurzelnden Pietät an den historischen Zuständen hingen. Hierher gehört die Mehrzahl des höheren Adels und der hohen Geistlichkeit, der größte Theil des grossen Grundbesitzes und zahlreiche Elemente unter den wohlhabenderen Bürgerklassen namentlich in den k. Städten und den sonstigen privilegierten Kommunen.
Ein bestimmtes klar ausgesprochenes Programm hatte diese Partei nur insofern, als sie die gegenwärtige Ordnung der Dinge anfeindet, und eine mehr nationale Änderung mit möglichster Wiedererlangung der verlorenen Privilegien und politischen Rechte herbeiwünscht. Die Altkonservativen bemühen sich, die Regierungsbehörden in der öffentlichen Meinung zu diskreditieren, indem sie vorhandene Mängel vergrößern, den Charakter der öffentlichen Organe verdächtigen, denselben so viel als möglich Schwierigkeiten bereiten und selbst auch die Verbreitung gehässiger Entstellungen und Übertreibungen nicht verschmähen. Jede, wenn auch größtentheils selbst verschuldete ungünstige Gestaltung ihrer pekuniären Verhältnisse wird als eine Wirkung des neuen Regierungssystems hingestellt, und namentlich die neuen Steuern als ein nothwendig zum Ruin des Gutsbesitzers führender Druck bezeichnet.
Dagegen wird jede noch so gemeinnützige Maßregel der Regierung möglichst ignoriert, und dieselben Männer, welche vor dem Jahre 1848 die bedenklichen Folgen des nationalen Paroxismus recht wohl einsahen und die Extravaganzen desselben, wenn auch vergeblich, zu dämpfen suchten, machen jetzt die einseitige und exklusive Förderung der sogenannten nationalen Interessen zu ihrer Aufgabe, wobei sie kein diesem Zwecke dienendes Mittel verschmähen. Es ist ihnen offenbar vor Allem darum zu thun, die öffentliche Meinung nicht zur Ruhe kommen zu lassen, die Institutionen und Behörden möglichst zu isolieren und die Bevölkerung in Aufregung zu erhalten, um, wenn eine ihren Tendenzen günstige Chance eintreten sollte, mit größerer Aussicht auf Erfolg wirken zu können. Es wäre jedoch unbillig, wenn man allen Altkonservativen entschieden feindselige Gesinnungen gegen die Regierung zuschreiben wollte.
Es gibt unter dieser Parthei auch Männer, welche zu keinem direct feindseligen Schritte gegen die Regierung die Hand bieten würden, und die – wenngleich mit den gegenwärtigen Zuständen unzufrieden – doch eine fügsame Haltung beobachten. Allein so viel ist gewiß, daß sich auch diese besseren Elemente möglichst zurückziehen, wo es sich nicht um die Förderung von Nationalitätsbestrebungen, sondern um solche gemeinnützige Maßregeln handelt, welche von der Regierung ausgehen.
Sie wollen den Verlust möglichst anschaulich machen, welchen das Land in Folge ihrer Verstimmung und Zurückgezogenheit aus dem öffentlichen Leben erleiden soll, und möchten es gern in jeder Weise fühlen lassen, daß ihre Mitwirkung der Regierung unentbehrlich ist. Ihr Anschluß wäre aber nur mit der Preisgebung der höchsten Staatsinteressen zu erlangen, da sie erst dann befriedigt wären, wenn die ungebundene Herrschaft der Privilegien mit der Ohnmacht der Regierung wieder hergestellt würde.
Ich glaube von der Bezeichnung von Namen Umgang nehmen zu könne, weil eine eigentliche leitende Persönlichkeit in diesem Verwaltungsgebiet nicht vorhanden ist, und die Partei-Impulse von Pest und Wien gegeben werden.
2. Die demokratische Partei, welche in ihren Tendenzen mit den radikalen des Jahres 1848 und mit den Umsturzmännern anderer Länder im Wesentlichen übereinstimmt.
Sie strebt nach der Volks-Souveränität mit einer aus der Volkswahl hervorgehenden Repräsentation, daher nach Beseitigung historischer Legitimität und jener Einrichtungen, welche eine starke Regierungsgewalt bilden.
Ihr Ideal ist die nordamerikanische Republik. Doch sind die Begriffe bei dem größten Theile unklar, und nur wenige mögen über die letzten Zwecke ein bestimmt formuliertes Glaubensbekenntnis haben. Die demokratische Parthei ist an Zahl bedeutend schwächer als die Altkonservative, ihre Anhänger befinden sich größtentheils unter den Mittelklassen, gehören dem Literatenthum, dem Handels- und Gewerbestande, der Kategorie der Advokaten an, und es ist darunter der Protestantismus, insbesondere der reformierten Konfession, so wie auch das aufgeklärtere Judenthum zahlreich vertreten.
Die gegenwärtige Haltung dieser Partei ist mehr zuwartend als aktiv, obgleich einzelne Anhänger derselben ohne Zweifel mit der ungarischen Emigration im Auslande in Verbindung stehen.
Im Eifer für die Nationalität schließt sich die demokratische Partei größtentheils der Altkonservativen an, und da beide, wenn auch in verschiedener Absicht eine Änderung der faktischen Zustände anstreben, so scheinen sich beide Richtungen immer mehr zu einer ungarischen Nationalparthei zu gestalten.
Sollten diese Partheien je den Spielraum für eine ungehinderte Entwicklung gewinnen, so würden sie ohne Zweifel wieder auseinander gehen, und es ließe sich sodann mit Grund voraussagen, daß die altkonservative Parthei vollständig überflügelt und ein dem Jahre 1848 analoger Verlauf und Ausgang stattfinden würde.
In neuester Zeit ist eine größere Aufregung bei beiden Parteien bemerkbar, was den Vorgängen in Italien, auf die auch die ungarischen Mißvergnügten ihre Augen richten, zuzuschreiben ist, und diese innere Aufregung zeigt sich besonders in einer sehr reservierten, zum Theil schroffen Haltung der Altkonservativen gegenüber aller Regierungsorgane.
3. Endlich glaubte ich noch der in diesem Verwaltungsgebiete unter einem Theile des griechisch katholischen Klerus wahrnehmbaren Parteistellung erwähnen zu sollen.
Es läßt sich nämlich nicht verkennen, daß unter dem gedachten Klerus manche Sympathien für das Slawenthum und wohl auch für Rußland vorhanden sind, doch gilt dies mehr von einzelnen Individuen und es kann von einer förmlichen Partei mit klaren Zwecken, innerem Zusammenhang und gemeinsamer Leitung nicht die Rede sein, weil viele Mitglieder dieses Klerus ganz loyal sind und die in der letzten Zeit ihrer Kirche zu Theil gewordene Sorgfalt der Regierung dankbar anerkennen, andere wieder sich der magyarisch-nationalen Richtung zuneigen, überhaupt es diesem Klerus mehr um die Aufrechthaltung der Scheidewand gegenüber der römisch-katholischen Kirche zu thun ist, die große Masse der griechisch-katholischen Bevölkerung aber in intellektueller Beziehung noch zu tief steht, um bei derselben einen geeigneten Boden für politische Parteibestrebungen suchen zu können.