Der Bischof von Zips, Ladislaus Zaboysky, freut sich über den Auftrag die Reorganisation des Gymnasiums in Leutschau zu überwachen. Die Aufgabe ehrt ihn besonders, weil er weiß, wie sehr Thun die Reorganisation des Gymnasiums am Herzen liegt. Die Schule wurde ehemals von Prämonstratensern geführt und wird nun vom Staat übernommen. Zaboysky hofft, dass nicht nur sein Charakter und seine Entschiedenheit, sondern insbesondere sein Bewusstsein für Recht und Pflichtgefühl ihm bei den neuen Aufgaben hilfreich sein werden. Der Bischof möchte sich insbesondere der nicht-einheimischen Lehrer annehmen, damit diese nicht wie üblich als Fremdlinge wahrgenommen werden. Zaboysky betont jedoch, dass ihm schon zu Ohren gekommen sei, dass der Direktor der Schule große Sympathien für die Prämonstratenser habe. Daher müsse man besonders auch die weltlichen Lehrer fördern.
Euer Excellenz!
Die gnädige Zuschrift Euerer Excellenz vom 24. vorigen Monats hat mich mit
ungemein großer Freude erfüllt. Eben bedurfte ich einer Ermuthigung, um auf der
betretenen schwierigen Bahn unbeirrt fortzuschreiten, und sie ist mir durch den
gütigen Zuspruch Euerer Excellenz reichlich zugeflossen. Ich will, ich kann
nicht seyn, wie mich andere haben wollten. Diese ist meine Erbschuld, die mir zu
jeder Zeit Gegner geschafft hat, in meiner gegenwärtigen Stellung noch mehrere
schaffen muß. Meine Entschiedenheit und offenes Anstreben dessen, was ich für
Recht und pflichtgemäß halte, will vielen nicht gefallen, weil sie von Eigennutz
beherrscht – Unrechtes wollen, mich für ihre Interessen nicht gewinnen können,
nicht gewinnen werden. Allein aber diese meine Entschiedenheit, die nicht sowohl
in meinem eigenthümlichen angeborenen Character, als vielmehr im klaren
Bewußtseyn des Rechts und in regem Pflichtgefühl wurzelt, ist der einzige
Vorzug, der Euerer Excellenz hohe Aufmerksamkeit auf mich gelenkt haben mochte,
und womit ich Euerer Excellenz dafür Bürgschaft bieten kann, daß mich weder
Privatinteresse noch menschliche Rücksichten für etwas gewinnen können, was
meiner Überzeugung zuwider ist und wodurch Euerer Excellenz günstige Meinung von
mir getäuscht werden müsste. In dieser Beziehung mögen Euere Excellenz außer
aller Sorge seyn. Ich kann in meinen Ansichten irren, aber meine Überzeugungen
verläugnen nicht. Wenn demnach Euere Excellenz mit Hochdero Schreiben mich über
den Fortbestand Hochdero guter Meinung von mir beruhigen, so üben dadurch Euere
Excellenz einen Akt der Gerechtigkeit gegen mich, womit ich in meinem Vorsatz
bestärkt werde so fortzufahren, wie ich bin, und wahrlich nur so kann ich zur
Förderung jener Zwecke nützlich seyn, für deren Verwirklichung nach Maaß meiner
geringen Kräfte mich Hochselbe zu berufen geruhten.
Die Stellung, welche mir
Euere Excellenz in Bezug auf die neue Schulanstalt zu
Leutschau [Levoča] mir [sic!] anzuweisen für gut
befinden, ist meinen Wünschen ganz angemessen. Ich weiß, wie sehr diese
Angelegenheit Euerer Excellenz am Herzen liegt; sie ist, sie soll meine
Angelegenheit seyn. Im Wachen für das Wohl der Kirche geübt, werde ich mit nicht
geringerem Eifer und Treue die heiligen Interessen der Schule überwachen. Die
Lehrer von fremdem Lande werden sich immer mehr davon überzeugen, daß sie mir
einheimische Brüder und Hausgenossen, nicht aber wie manchem Fanatiker oder
böswilligem Reactionär verhaßte Fremdlinge sind. Wenn die guten Lehrer des
weltlichen Standes nur das sind, was sie seyn sollen, und wozu sie mich
berechtigen, so werde ich sie als einflußvolle Faktoren zur Schaffung eines
besseren Geistes bei der Schuljugend betrachten, dessen die vaterländische
Jugend so sehr bedarf; sie werden Wohlthäter des vielfältig zerrissenen Landes
seyn, und die neue Ära, welche dem Zipserlande entgegenstrahlt, wird nach jeder
Richtung reichliche Früchte hervorbringen. Ja, ich hoffe, das Werk, obgleich von
vielen Hindernissen bedroht, wird gelingen. Beschämt werden sich die Feinde
zurückziehen und verstummen. Euerer Excellenz aber wird die Ehre,
unverwerklicher Ruhm verbleiben, eine Pflanzschule zur Bildung eines besseren
Geschlechtes unberufenen Händen entrissen zu haben, die alles andere nur nicht
von dem Geiste der Religion beseelte Ordensmänner – und alles andere nur nicht
zur sittlich und religiös wissenschaftlichen Bildung berufene und vorbereitete
Lehrer sind, die deshalb ihre Stellen anderen Lehrern, edleren Menschen und
wahren Jugendfreunden zu überlassen genöthigt worden sind.
Mit den
Bestimmungen des hohen Erlasses an den Herrn Distriktsobergespann bin ich
vollkommen einverstanden, ich finde darin alle meine vertraulichen Bitten gnädig
berücksichtiget, wofür ich meinen verbindlichsten Dank hiemit abstatte. Ich
denke nicht früher mich nach Leutschau zu begeben, bis
mir nicht auf ämtlichem Wege das im Vertrauen Eröffnete zugekommen seyn wird,
alsdann werde mich an Ort und Stelle in Persona einfinden, um jedem Ausbruche
neuer Odiositäten aus Anlaß des Auszuges der Prämonstratenser zu begegnen. Nur
möge die Caschauer [Kaschau, Košice] Schulbehörde das
Ihrige thun; allein wie es scheint gibt sie sich Zeit, sollte sie lange zögern,
so gewinnen die Prämonstratenser Zeit aufs Neue zu peti[ti]oniren, um allem
Anscheine nach den Vollzug neuester Verfügungen Euerer Excellenz zum großem
Nachtheile der Schule aufzuhalten.
Soviel ich vernehme, ist bereits der 7.
und 8. Lehrer in Leutschau angelangt, nur will die
Vertheilung der Stunden nicht gelingen. Was ich nach der Hand über den Direktor
gehört, ist geeignet, den Lehrkörper des weltlichen Standes zu entmuthigen:
nicht nur schwach, rathlos und ohne Energie, sondern auch mit auffallender
Partheilichkeit zu Gunsten der Prämonstratenser, deren Lebensvorräthe er
auszubeuten versteht, soll er sich benehmen. Ich werde ihn zur Rede stellen,
sobald ich ämtlichen Einfluß in die Schulangelegenheit nehme. Sollte ihm blos
die Energie abgehen, so können wir dies ersetzen, zeugt er aber
Charakterlosigkeit, Bestechlichkeit, entwürdigende Schmuzerei, dann bin ich der
erste, der seine schleunige Versetzung ohne alle Rücksichtsnahme in Antrag zu
bringen gesonnen bin, damit die Ehre und Reputation des Lehrkörpers, ohne welche
Ansehen von dem Publicum nicht denkbar ist, aufrecht erhalten werde. Ich bin
nicht voreilig, nicht unbesonnen, ich stimme jedes Mal für Schonung und
Nachsicht, wo es sich thun läßt, gilt es aber höheren Interessen, dann denke ich
eben so wie Euere Excellenz. Alle kleinlichen Privatrücksichten müssen weichen,
damit daran das Allgemeine keinen Abbruch leide.
Vielleicht im Kurzen werde
[ich] mich in der Lage befinden, Näheres, und zwar ämtlich zu berichten, ohne
jedoch darauf zu verzichten, mit gnädiger Erlaubnis auch im Privatwege nach
Umständen besondere Nachrichten mitzutheilen oder besondere hohe Weisungen
einzuholen. Schließlich habe die Ehre, mich mit unbegrenzter Ehrfurcht und
aufrichtigster Ergebung mich zu zeichnen.
Zips, 11. December 1851
Euerer Excellenz unterthänigst ergebenster Diener und Verehrer
Ladislaus
Zaboysky
<(später Bischof von Zips)>1