Karl Wolkenstein schlägt Thuns Angebot aus, ein Amt in Tirol anzunehmen. Wolkenstein gesteht allerdings, dass ihm die Aussicht auf eine Rückkehr in die Heimat sehr gefallen habe. Dies würde jedoch auch bedeuten, seine Besitzungen in Brunnersdorf, die ihm ans Herz gewachsen seien, verlassen und damit vernachlässigen zu müssen.
19.5.1851
Werthester Freund!
Erst gestern abends bin ich von Preßburg,
wohin mich Familiengeschäfte führten, zurückgekehrt, dies zur Entschuldigung,
wenn die Beantwortung deines während meiner Abwesenheit eingelangten Schreibens
so spät erfolgt. So viel Versuchendes für mich in dem Gedanken liegt wieder in
das Land zurückzukehren, welchem meine Familie
angehört, an dem ich selbst noch nach 30jähriger Abwesenheit mit Vorliebe hänge,
so gestatten mir doch anderweitige Rücksichten nicht, jener Versuchung zu folgen
und den ehrenden Antrag anzunehmen. Nebst anderen Erwägungen tritt da ein, daß
mich die weite Entfernung meinem hiesigen Besitzthum nahezu entfremden würde,
was einstheils nach den bedeutenden Verlusten, die ich erfahren habe, öconomisch
unzulässig ist, anderntheils aber darum nicht angemessen erscheint, weil ich es
gerade in unserer Zeit für doppelt nöthig halte, die Basis, die uns geblieben
ist, nicht zu vernachlässigen.
Für heute muß ich schließen, da mir noch eine
ziemliche Zahl anderer zu beantwortender Briefe vorliegt.
Dein
treuer Freund
Wolkenstein
Brunnersdorf, 19.5.1851