Heinrich Clam-Martinic berichtet Leo Thun über den Pfarrer von Mallowitz, der kommunistische und anarchistische Propaganda von der Kanzel herab verbreitete. Außerdem berichtet er von der Entlassung des Bezirksrichters in Schlan. Clam-Martinic nimmt diesen Fall dann zum Anlass, sich im Allgemeinen über mehrere Personalentscheidungen im Justizwesen zu beklagen und vermutet Vetternwirtschaft bzw. persönliche Feindschaften hinter diesen.
19.5.[1853]
Lieber Leo,
besser spät als nie berichte ich Dir, daß bei der Prager Kreisregierung nur über den Malkowitzer [Malovice] Pfarrer Verhandlungsakten
vorkommen.
Im April vorigen Jahres wurden sie an das
Consistorium geleitet, ohne daß seither eine Antwort erfolgte. In der Zuschrift
wird besonders auf seine anarchistischen und communistischen Ideen, mit denen er
Propaganda zu machen versuchte, dann darauf hingewiesen, daß er von der Kanzel die Insaßen, die sich dem Zuge nach
Prag nicht anschloßen (mit dem bekanntlich auch
Erpressungen und Angriff auf mein Eigenthum verbunden waren), gerügt und ihnen
gesagt hat, vereint wären sie stark genug gewesen etc. etc. Auch wurde
hervorgehoben, daß das Strafgericht als Motiv des Urtheils, womit die Insaßen,
die sich eines Theils seiner Grundstücke bemächtigen wollten, freigesprochen
wurden, angeführt hat, daß er selbst durch die Verbreitung der communistischen
Ideen und durch die Aneiferung zu gleichen Eingriffen in fremdes
(herrschaftliches) Eigenthum zu jenem Beginnen Anlaß gegeben habe. Dies ist in
nuce der Inhalt dieser Zuschrift an das Consistorium.
Mama hat mich neulich über die
Angelegenheit des Bezirksrichters Pfeiffer
in Schlan [Slaný] befragt. Ich habe nun erfahren, daß er
ein durchaus braver, rechtlicher und gutgesinnter Mann ist. Er wurde infolge
einer Visitation durch
Strohbach
de plano suspendirt. Es sollen ihm Rückstände
und formelle Gebrechen und der Umstand zur Last gelegt worden sein, daß er einen
Gerichtsdiener, der sich Unterschleife erlaubt haben soll, nicht über die bloße
Weisung Strohbachs entlassen habe. Dafür kann ich aber nicht einstehen.
Was
ich aber über den Bezirksrichter gesagt habe ist verläßlich; so auch, daß
Strohbach in
Schlan viel mit dem Postmeister und einem zweiten
Lumpen in Schlan conferirte, und daß dem Bezirksrichter
das ganze Bandel aufsäßig ist, um den bekannten
Möller
, der horribile dictu k.k.
Bezirksgericht-Adjunct in Lann ist, an seine Stelle zu
bringen; was der für ein Unheil wäre, ist gar nicht zu beschreiben. Es gehen
überhaupt in der Justiz, in Personalsachen, wunderbare Dinge zu und der Genannte
beim Oberlandesgericht und dessen Verwandter K… in Wien
scheinen sich erbaulich in die Hände zu arbeiten.
Ich kann mich heute wieder
nicht in weitere Gossip einlassen; A. [?] wird morgen schreiben. Nur sage
Mama, daß circa 40–50 fr
mein Preis für das Firmcadeaux sei; ich habe geglaubt, es schon geschrieben zu
haben. Die Firmung wird glaube ich nächster Tage sein, quod videant consules.
Allen das Herzlichste.
Herzlich der Deine
Wie steht es mit der bewußten Prinzipienfrage[?]??