Modifikationsentwurf zur Stellung kirchlicher Knabenseminare gegenüber den Staatsgymnasien
o. O., o. D. [post Juni 1850]
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Regest

Der nicht genannte Schreiber gibt einige Vorschläge, wie die Regelung der rechtlichen Stellung von kirchlichen Knabenseminaren aus seiner Sicht gestaltet werden sollte. Zunächst betont er, dass es derzeit keine eigene Bestimmung für Knabenseminare der Kirche gäbe, sondern diese Einrichtungen lediglich durch das allgemeine Gesetz, mit dem die Stellung von Privatschulen geregelt ist, mit erfasst werden. Der Kaiser hatte jedoch die Möglichkeit in Aussicht gestellt, jenes Gesetz für die besonderen Bedürfnisse von kirchlichen Knabenseminaren zu modifizieren, bis eine eigentliche Lösung gefunden sein wird. Der Schreiber legt daher einige Änderungswünsche für einzelne Paragrafen des Gesetzes über den Privatunterricht vom 27. Juni 1850 vor. Wesentliche Änderungsvorschläge beziehen sich auf die Frage des Öffentlichkeitsrechts, das er für die kirchlichen Schulen gesichert haben will, sowie die Frage des Aufsichtsrechtes bzw. der staatlichen und bischöflichen Kontrolle.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Modifikationsentwurf bezüglich der Stellung kirchlicher Knabenseminäre zu den k.k. Gymnasien

Nöthige Vorbemerkungen.
Seine k.k. Apostolische Majestät geruhten in Folge meiner am allerhöchsten Throne niedergelegten Denkschrift über kirchliche Knabenseminäre mit allerhöchster Entschließung vom 9. Mai letzten Jahres zu bestimmen, daß die von mir angeregte prinzipielle Frage über die Stellung der bischöflichen (kirchlichen) Knabenseminäre – der Regierung gegenüber – vorläufig einer Verhandlung mit dem Ausschuße der bischöflichen Versammlung vom Jahr 1849 und erst auf Grundlage derselben der definitiven Entscheidung Seiner Majestät zu unterziehen sei und daß inzwischen die gesetzlichen Bestimmungen über die Errichtung und Leitung von Gymnasien auch hinsichtlich der Knabenseminarien aufrecht zu halten sind; daß jedoch Seine Majestät es zugleich mir anheimzustellen geruhen, insofern einzelne der für Gymnasien bestehenden Vorschriften mir in der zweckmäßigen Einrichtung und Leitung dieser kirchlichen Anstalt hinderlich sein sollten, um eine ausnahmsweise Modifikation derselben anzusuchen, über deren Zulässigkeit die allerhöchste Entscheidung einzuholen sein wird.
Indem ich nun von dieser allerhöchsten Begünstigung Gebrauch zu machen mich gedrungen und verpflichtet fühle, glaube ich jedoch zur Hintanhaltung oder Beseitigung von Mißverständnissen den richtigen Stand- und Gesichtspunkt andeuten zu sollen, unter welchem kirchliche Knabenseminäre (die in den durch die hohe Statthalterei an mich gelangenden hohen Erlässen nur immer bischöfliche Anstalten genannt werden) betrachtet werden sollen, weil der richtige Gesichtspunkt auf den Charakter der Modifikationen einen wesentlichen Einfluß zu üben geeignet ist.
Es scheint die allerdings unkirchliche Ansicht vorherrschend zu sein, als ob kirchliche Knabenseminäre als solche zu den einfachen Privatlehranstalten an sich gerechnet werden sollten, sie mögen von einem Bischofe oder einer geistlichen Körperschaft gegründet sein. Wenn ein Bischof ein Knabenseminar im kirchlichen Sinne und Geist in seiner Diözese einführt, so kann man nicht sagen, daß der Bischof dasselbe gründe; sondern der betreffende Bischof, indem er sich um die erforderlichen Mittel umsieht und bewirbt, führt nur pflicht- und berufsmäßig aus, was die ganze heilige römisch-katholische Kirche vor mehr als 300 Jahren auf der allgemeinen Kirchenversammlung zu Trident [Trient] (die auch in Disziplinargegenständen und Anordnungen von den katholischen Mächten anerkannt ist) kraft ihrer in Vollmacht des Herrn an den gesammten katholischen Episkopat des Erdkreises erlassenen allgemeinen Verordnung gegründet und eingesetzt hat, welche allgemeine kirchliche Anordnung und Einrichtung die bischöfliche Versammlung in Wien 1849 in Folge der von Seiner k.k. Apostolischen Majestät Franz Josef anerkannten Freiheit der Kirche in ihren Angelegenheiten wieder ins Leben zu rufen sich verpflichtet fühlte und bemüht war. So wenig nun die ganze katholische vom Herrn gegründete und geleitete Kirche als eine Privatanstalt im Staate angesehen werden kann und darf, so wenig kann folgerechter Weise ein kirchliches, d. i. von der ganzen allgemeinen Kirche Christi, welcher in Ihr und durch Sie anordnet und regiert, für die ganze katholische Welt eingesetztes und angeordnetes Institut als bloße Privatsache irgend eines Bischofes an sich angesehen und behandelt werden, indem es selbst bei positiven Staatsanstalten nicht darauf ankommt, wie man dieselben ansehen will, sondern wie man sie nach dem Rechtsprinzip ansehen soll. Wenn Seine k.k. Apostolische Majestät an die allerhöchste Anerkennung der kirchlichen Knabenseminare als Bildungsanstalten gewisse Bedingungen, z. B. die Rücksichtnahme auf die allgemeinen Staatsgesetze zu knüpfen geruhten, so ändert dieses doch den wesentlichen Charakter dieses kirchlichen Institutes nicht, welchem (Charakter) neben der gesetzten Bedingung schon der allerhöchsten Anerkennung nach doch noch immer Rechnung zu tragen als recht und billig anerkannt werden wird.
Bisher bestand und besteht nun noch nicht eine eigenthümliche bezügliche gesetzliche Bestimmung über die Stellung des kirchlichen Knabenseminärs und der damit verbundenen Gymnasiallehranstalt den diesfälligen Staatslehranstalten gegenüber; denn diese soll ja eben erst auf Grundlage der mit dem bischöflichen Comité eingeleiteten Verhandlung erfolgen. Wenn nun aus Mangel einer derartigen gesetzlichen Bestimmung die kaiserliche Verordnung vom 27. Juni 18501 inzwischen zur Basis genommen werden will, so darf ich mich nach den bisher angedeuteten Rechtsprinzipien wohl dem Vertrauen hingeben, daß hiemit nicht auch die Deutung verbunden werden wolle, als ob durch zeitweilige Anwendung der angezogenen bloß für Privatlehranstalten erfloßenen allerhöchsten Verordnung dem kirchlichen Institute eben auch nur der Charakter einer bloßen Privatlehranstalt an sich aufgedrückt werden sollte; sondern daß vielmehr solche Modifikationen der Natur der Sache nach als recht und billig und angemessen werden [sic!], anerkannt werden, wie sie der kirchen- und staatsrechtliche Charakter dieses kirchlichen Lehr- und Erziehungsinstitutes erheischt, welche auch die Weisheit Seiner k.k. Apostolischen Majestät in diesem Sinne zu bewilligen und allerhöchst sich die Entscheidung vorzubehalten geruhten.
Ich finde mich nun berufen, auf derartige Modifikationen nach einzelnen Paragrafen der angezogenen allerhöchsten Verordnung vom 27. Juni 1850 hinzudeuten und nähre dabei die beruhigende Überzeugung, daß ich dadurch einen, dem Sinne und Geiste Seiner k.k. Apostolischen Majestät, unsers kirchenfreundlichen Kaisers angemessenen Ausdruck gebe.

Kaiserliche Verordnung vom 27. Juni 1850
§ 2. Gegen diesen § wäre wohl in Bezug auf die Lehranstalt im Knabenseminar nichts zu erinnern.
§ 3. Ad 1. Wird gebeten die gestattete Dispens in Anspruch nehmen zu dürfen.
Ad 3. Wird um eine Modifikation in der Art gebeten, daß die von der Kirchenauktorität ertheilte Befugnis und Anstellung zum Lehren überhaupt und insbesondere in Betreff religiöser Orden die bischöfliche Anerkennung des von Seiten des Ordenshauptes angestellten Vorstandes und Lehrers der hohen Regierung genüge.
§ 4. Diesfalls wird mit Beziehung auf das hohe Studienhofkommissionsdekret vom 16. April 1836 um folgende Deutung des Paragrafen gebeten: Die Lehranstalt im kirchlichen Knabenseminar macht auf die Berechtigung, den Namen eines Gymnasiums, und zwar eines öffentlichen Gymnasiums zu führen um so zuversichtlicher Anspruch, als diese aller[höchste] Anerkennung nicht undeutlich im Sinne seiner Majestät bei allerhöchst Ihrer Entscheidung vom 9. Mai letzten Jahres ausgedrückt erscheint.
Solchergestalt findet auch der § 15 seine Deutung und Berechtigung in Bezug auf die Lehranstalt im Knabenseminar.
§ 5. Die im Sinne der ad § 3 n. 3. bittlich angesprochenen Modifikation ertheilte Anstellung und Anerkennung möge eine weitere Nachweisung nicht mehr erforderlich machen.
§ 6. Dieser Paragraf findet bereits seine Deutung ad § 4.
§ 7. Wird gegen die geforderte Anzeige der Veränderungen im Lehrpersonale unter Beziehung auf die Bemerkungen ad § 3 und 5 nicht erinnert.
§§ 8., 9., 10., 11. Da die Lehranstalt im kirchlichen Knabensemiär vermög der ehrfurchtsvollen Bemerkung ad § 4 auf die Berechtigung des Namens eines öffentlichen Gymnasiums bittlichen Anspruch macht, so scheinen diese Paragrafe hieher keine Anwendung finden zu sollen, wobei ich jedoch bitte, bezüglich des § 11 voraussetzen zu dürfen, daß die hohe Regierung die Bürgschaft des beeideten Bischofes zugleich als eines von Seiner Majestät anerkannten Repräsentanten der Kirche ebenfalls anerkenne.
§ 12. Diesfalls bitte ich um folgende Modifikation: Die Lehranstalt im kirchlichen Knabenseminär steht unter der Oberaufsicht des Diözesanbischofes, welcher nicht ansteht, mit der hohen Regierung im freundlichen Einvernehmen zu handeln, die etwa gewünschten Auskünfte über den Zustand dieser kirchlichen Lehranstalt zu geben, jedoch in dem gerechten Vertrauen, daß auch die hohe Regierung ihrerseits das Vertrauen des Diözesanbischofes würdigend erwiedern und ebenfalls im freundlichen Einvernehmen mit demselben handeln werde.
Sollte es die hohe Regierung als erwünscht finden, in angemessener Weise sich selbst von diesem kirchlichen Institute Kenntnis zu verschaffen, so wird der Diözesanbischof ihre Einsichtsnahme nicht hindern.
§ 14. Da dem kirchlichen Knabenseminär mit seiner Bildungsanstalt, wie schon aus dem Begriff der Kirche und aus dem Eingangs aufgestellten Prinzip hervorgeht, der rechtliche Charakter der Öffentlichkeit aufgedrückt ist, so dürfte der Text dieses Paragrafes in Anwendung auf dieses kirchliche Institut folgerecht also lauten:
Der Gymnasiallehranstalt im kirchlichen Knabenseminär wird das Recht zuerkannt ihre Schüler und Zöglinge an derselben öffentlich zu prüfen und Zeugnisse auszustellen, welche eben dieselbe Kraft und Geltung als die an Staatsgymnasien ausgestellten Zeugnisse haben sollen.
Will die hohe Regierung einen Kommissär zur Prüfung beordern, so wird der Bischof gegen denselben als solchen nichts einwenden; so wie gegenseitig auch der Bischof einen Kommissär beordern wird, den die hohe Regierung, wenn wider seine Person in politischer Beziehung kein Anstand obwaltet, anerkennt. Der Regierungskommissär bringt seine allenfälligen Bemerkungen nicht nur zur Kenntnis des hohen Ministeriums des Unterrichtes, sondern auch zur unmittelbaren Kenntnis des bischöflichen Ordinariates, von welchem und durch welches der Vorstand dieses kirchlichen Bildungsinstitutes in allen dasselbe betreffenden Angelegenheiten Berichte und Weisungen empfängt; welches im erforderlichen Falle sich im vorgezeichneten oder geeigneten Wege mit dem hohen Ministerium ins Einvernehmen setzt, um so durch wechselseitige Verständigungen Kollisionen zu begegnen und die gute Sache zu fördern.
§ 16–20. Haben hieher keine Anwendung.

Schlußbemerkung:
Da jedoch die Väter der Gesellschaft Jesu diese kirchliche Bildungsanstalt leiten, so dürfte es gerecht und ordnungsmäßig erscheinen, auch die Meinung des Ordensprovinzvorstandes zu vernehmen.

Provisorisches Gesetz über den Privatunterricht
§ 1.
Der Unterricht in den Lehrgegenständen der Gymnasien und Realschulen kann künftig auch in Privatanstalten ertheilt werden.
§ 2.
Jede solche Lehranstalt muß einen Vorstand haben, welcher die unmittelbare Leitung derselben besorgt und den Regierungsbehörden gegenüber die Verantwortlichkeit für den Zustand der Anstalt trägt.
§ 3.
Der Vorstand muß:
1. österreichischer Staatsbürger,
2. in moralischer und politischer Beziehung unbescholten seyn,
und 3. in wissenschaftlicher Beziehung diejenige Befähigung nachweisen, welche von einem Lehrer an einer gleichartigen Staatsschule gefordert wird.
Die Lehrer müssen ebenfalls österreichische Staatsbürger und in moralischer und politischer Beziehung unbescholten seyn.
Von der Bedingung der österreichischen Staatsbürgerschaft kann in besonders rücksichtswürdigen Fällen die Landesschulbehörde dispensiren.
§ 4.
Diese Privatanstalten sind von zweierlei Art: Sie sind entweder berechtiget, den Namen eines Gymnasiums oder einer Realschule zu führen oder sie sind hiezu nicht berechtiget.
§ 5.
Damit eine Privatlehranstalt den Namen eines Gymnasiums oder einer Realschule führen dürfe, muß:
1. ihre Einrichtung der Einrichtung der gleichnamigen Staatsanstalten in Bezug auf Lehrplan und Lehrmittel in den wesentlichen Punkten entsprechen.
2. Sämtliche Lehrer müssen die für Staatsanstalten dieser Art geforderte wissenschaftliche Befähigung nachgewiesen haben.
§ 6.
Zur Eröffnung einer den Namen Gymnasium oder Realschule führenden Privatanstalt ist die Genehmigung des Ministeriums des Cultus und Unterrichts nothwendig. Diese Genehmigung setzt die Nachweisung voraus, daß die in den §§ 2, 3 und 5 gestellten Bedingungen erfüllt sind und daß die Subsistenzmittel der Anstalt für eine Reihe von Jahren wenigstens mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit gedeckt sind.
§ 7.
Veränderungen in der Einrichtung und im Lehrpersonale einer solchen Anstalt sind jedesmal der Landesschulbehörde anzuzeigen: Das Ministerium kann der Anstalt wegen Mangel der gesetzlichen Eigenschaften den Namen eines Gymnasiums oder einer Realschule zu jeder Zeit wieder entziehen.
§ 8.
Eine Privatlehranstalt, welche zwar in den Lehrgegenständen des Gymnasiums oder in denen der Realschule Unterricht ertheilt, ohne aber auf den Namen eines Gymnasiums oder einer Realschule Anspruch zu machen, ist in ihrer Einrichtung an die Einrichtung der gleichnamigen Staatsschulen nicht gebunden.
§ 9.
Die Eröffnung einer solchen Anstalt setzt voraus, daß:
1. mindestens 3 Monate zuvor die Anzeige davon an den Statthalter des Kronlandes, in welchem die Anstalt bestehen soll, gemacht,
2. der Ort der Anstalt bezeichnet,
3. ein Programm, welches den Zweck und die Einrichtung der Anstalt ausspricht, vorgelegt und
4. die Nachweisung geliefert werde, daß die Bestimmungen der §§ 2 und 3 erfüllt sind.
§ 10.
Die Regierung kann die Eröffnung wegen Mangel der §§ 2 und 3 gestellten Bedingungen untersagen. Ist ein Grund zur Untersagung nicht vorhanden, so nimmt sie die Eröffnung einfach zur Kenntnis.
§ 11.
Die Regierung übernimmt daher auch keinerlei Bürgschaft für die wissenschaftlichen oder pädagogischen Leistungen solcher Privatanstalten, es bleibt vielmehr ganz denjenigen, welche ihre Kinder oder Pflegbefohlenen ihnen anvertrauen, überlassen, sich davon zu überzeugen, ob sie ihres Vertrauens werth sind oder nicht.
§ 12.
Alle Privatlehranstalten stehen unter der Oberaufsicht der Regierung; sie sind daher verpflichtet, die von dieser geforderten Auskünfte über ihren Zustand zu geben und die Regierung ist berechtigt, in der ihr geeignet scheinenden Weise sich von diesem Zustande genauer Kenntnis zu verschaffen.
§ 13.
Verweigert eine Anstalt den Regierungsbehörden die in Anspruch genommene Einsicht, so kann sie geschlossen werden, dasselbe kann zu jeder Zeit geschehen, wenn sie einen in moralischer oder politischer Beziehung schädlichen Charakter annimmt.
§ 14.
Keine Privatlehranstalt als solche, mag sie den Namen eines Gymnasiums oder einer Realschule zu führen berechtigt worden seyn oder nicht, kann ihren Schülern staatsgiltige, d. i. solche Zeugnisse ausstellen, denen der Staat Giltigkeit zuerkennt, wenn es sich für die Schüler derselben um den Eintritt in Staatsschulen, in den Staatsdienst oder um andere vom Staate zu machende Zugeständnisse handelt, deren Erlangung die Gymnasial- oder Realschulbildung voraussetzt.
Zur Erlangung staatsgiltiger Zeugnisse haben die Schüler der Privatanstalten sich der Prüfung einer öffentlichen entsprechenden Lehranstalt zu unterziehen.
§ 15.
Es können jedoch Privatlehranstalten vom Ministerium in den Rang öffentlicher Gymnasien oder Realschulen erhoben werden, wenn ihre Einrichtung die für den beabsichtigten Erfolg des Unterrichts nöthigen Bürgschaften darbietet; in diesem Falle erhalten sie das Recht, staatsgiltige Zeugnisse auszustellen.
§ 16.
Wer häuslichen Unterricht in den Lehrgegenständen der Gymnasien und Realschulen zu ertheilen wünscht, bedarf dazu keiner besonderen Bewilligung der Behörden.
Es ist daher künftig, wenn Schüler, welche häuslichen Unterricht genießen, an öffentlichen Lehranstalten als Privatschüler oder zu einer Prüfung an einem Gymnasium oder an einer Realschule sich melden, die Vorweisung eines Lehrfähigkeitszeugnisses ihrer Hauslehrer nicht mehr zu fordern.
§ 17.
Privatanstalten, welche einen Unterricht beabsichtigen, der in dem Systeme der Staatsschulen seinem Wesen nach nur an Anstalten ertheilt wird, die den Unterricht der Gymnasien oder Realschulen schon voraussetzen, können nur mit besonderer Bewilligung der Regierung errichtet werden.
Die Einrichtung und der Fortbestand setzt voraus:
1. daß kein Lehrer bestellt werde, welcher nicht mit Rücksicht auf seine wissenschaftliche Befähigung und auf sein moralisches und politisches Betragen von der Regierung als befähigt anerkannt worden ist;
2. daß die Subsistenzmittel der Anstalt für eine Reihe von Jahren wenigstens mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit gedeckt sind.
§ 18.
Die Bestimmungen der §§ 2, 3, 12–16 gelten auch von dieser Art von Privatlehranstalten, doch kann eine Zulassung der Schüler dieser Anstalten zu Staatsprüfungen oder zu Prüfungen an öffentlichen Anstalten, um staatsgiltige Zeugnisse zu erwerben, nur insofern beansprucht werden, als Erwerbung solcher Zeugnisse nicht gesetzlich von dem Besuche öffentlicher Lehranstalten abhängig gemacht ist.
§ 19.
Die Errichtung von Lehranstalten für Zeichnen, Musik, Schönschreiben und ähnliche Gegenstände unterliegt den in den §§ 8–16 enthaltenen Bestimmungen.
Andere Lehranstalten, wie z. B. Handelsschulen, werden nach den für diejenigen Anstalten geltenden Bestimmungen behandelt, welchen sie ihrem Wesen nach am nächsten verwandt sind.
§ 20.
Für den Privatunterricht, insoweit er die Volksschulen ersetzen soll, bleiben die bisherigen Vorschriften noch in Wirksamkeit, nur ist auch hier zur Ertheilung des häuslichen Unterrichtes nicht mehr erforderlich, daß die Lehrer sich mit einem Fähigkeitszeugnisse ausweisen.
Thun m.p.