Leopold Hasner an Leo Thun
Prag, 11. Juli 1858
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Regest

Der Jurist Leopold Hasner bittet den Minister um einen Urlaub für die kommenden Semesterferien. Als Grund gibt er eine Erkrankung des Halses sowie geistige Überlastung an. Er versichert dem Minister allerdings, dass der Fortgang der Geschäfte der Fakultät darunter nicht leiden werde, denn die Staatsprüfungen seien abgeschlossen und in wichtigen Fällen werde ihn Franz Xaver Schneider vertreten. Hasner bittet Thun außerdem um die Erlaubnis, ihm bei einem persönlichen Treffen einen Bericht über das abgelaufene Studienjahr und seine Tätigkeit als Dekan geben zu dürfen. Sollte Thun keine Zeit dazu finden, so möchte Hasner Thun bei Gelegenheit zumindest brieflich über zwei Angelegenheiten informieren: einerseits über den Antrag von Johann Chlupp um Beförderung und andererseits über ein Protokoll, das die Besprechung der Gymnasialreform im Senat wiedergibt. Aus seiner Sicht wirft das Protokoll nämlich ein schiefes Licht auf die Besprechung und den Senat.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Euere Excellenz

Ich habe am 9. letzten Monats ein Gesuch an das hohe Ministerium abgeschickt, worin ich, gleich mehrern meiner Collegen, um Beurlaubung für die Ferialmonate gebeten habe. Ich bin derselben dringend bedürftig, da ich nicht nur, wie das beigelegte Krankenzeugnis aussagt, Hals-, sondern auch nervös sehr leidend bin. Indem ich mir nun erlaube, Euer Excellenz um gnädige Gewährung meiner Bitte unmittelbar anzusprechen, glaube ich anführen zu können, daß der Dienst dabei nicht im Mindesten leiden wird, weil alle meine Dekanats- und Staatsprüfungsgeschäfte in bester Ordnung sind und abgeschlossen werden in den Ferien, seit die Dekanate bestehen, bisher nie etwas Wichtigeres vorkam, zudem aber Professor Schneider, der die Ferien in Prag zubringt, mich für alle Fälle zu substituiren bereit ist.
Über manches Vorkommnis meines übrigens glücklich zum Ende geführten Dekanats und Assessorats beim akademischen Senate hätte ich sehr gewünscht, Euer Excellenz berichten zu dürfen, da die Acten nicht immer ein vollkommen deutliches Bild derselben geben und vieles gar nicht berühren können, was theils zur Aufklärung für Euer Excellenz, theils zur Rechtfertigung der Betheiligten der Mittheilung bedürfte. Indes läßt sich dies nicht in Kürze thun, und ich dürfte es nicht wagen, Euer Excellenz mit weitschweifigen Darstellungen ohne weiteres zu belästigen, kann auch vielleicht hoffen, bei günstigem Anlasse dies mündlich in kürzerer Frist thun zu können. Sollte dies aber nicht möglich sein und mir Euer Excellenz die Erlaubnis dazu ertheilen, so würde ich gerne von Wartenberg aus, wohin ich mich zu meiner Kur begeben soll, über zwei Punkte wenigstens mich aussprechen, nämlich: der Vorgang rücksichtlich der Beantragung einer Rangerhöhung des Prof. Chlupp; und sodann die Angelegenheit der im Senate zur Besprechung gekommenen Gymnasialreform, über welche Verhandlung das dem hohen Ministerium vorgelegte Protokoll, das zudem erst nach Kassirung eines früheren über meinen Protest und der nachfolgende der Majorität der Senatsmitglieder, wenigstens nicht dem Sachverhalte zuwider ausgefallen ist, ein nur sehr ungenügendes Bild gibt. Nicht in meinem Interesse, das in einem wie im andern Falle nicht im Entferntesten betheiligt ist, lediglich im Interesse der Sache, für deren richtige und wahrheitsgemäße Darlegung von anderer Seite ich nicht ganz unbesorgt sein zu dürfen glaube, wäre mir diese Erlaubnis erwünscht.
Indem ich zugleich meine oben gestellte Bitte gehorsamst wiederhole, zeichne ich mit unbegrenzter Verehrung und Dankbarkeit

Euerer Excellenz
gehorsamster Diener
Hasner

Prag, am 11. Juli 1858