Der Jurist Leopold Hasner bittet den Minister um einen Urlaub für die kommenden Semesterferien. Als Grund gibt er eine Erkrankung des Halses sowie geistige Überlastung an. Er versichert dem Minister allerdings, dass der Fortgang der Geschäfte der Fakultät darunter nicht leiden werde, denn die Staatsprüfungen seien abgeschlossen und in wichtigen Fällen werde ihn Franz Xaver Schneider vertreten. Hasner bittet Thun außerdem um die Erlaubnis, ihm bei einem persönlichen Treffen einen Bericht über das abgelaufene Studienjahr und seine Tätigkeit als Dekan geben zu dürfen. Sollte Thun keine Zeit dazu finden, so möchte Hasner Thun bei Gelegenheit zumindest brieflich über zwei Angelegenheiten informieren: einerseits über den Antrag von Johann Chlupp um Beförderung und andererseits über ein Protokoll, das die Besprechung der Gymnasialreform im Senat wiedergibt. Aus seiner Sicht wirft das Protokoll nämlich ein schiefes Licht auf die Besprechung und den Senat.
Euere Excellenz
Ich habe am 9. letzten Monats ein Gesuch an das hohe Ministerium
abgeschickt, worin ich, gleich mehrern meiner Collegen, um Beurlaubung für die
Ferialmonate gebeten habe. Ich bin derselben dringend bedürftig, da ich nicht
nur, wie das beigelegte Krankenzeugnis aussagt, Hals-, sondern auch nervös sehr
leidend bin. Indem ich mir nun erlaube, Euer Excellenz um gnädige Gewährung
meiner Bitte unmittelbar anzusprechen, glaube ich anführen zu können, daß der
Dienst dabei nicht im Mindesten leiden wird, weil alle meine Dekanats- und
Staatsprüfungsgeschäfte in bester Ordnung sind und abgeschlossen werden in den
Ferien, seit die Dekanate bestehen, bisher nie etwas Wichtigeres vorkam, zudem
aber Professor Schneider, der
die Ferien in Prag zubringt, mich für alle Fälle zu
substituiren bereit ist.
Über manches Vorkommnis meines übrigens glücklich
zum Ende geführten Dekanats und Assessorats beim akademischen Senate hätte ich
sehr gewünscht, Euer Excellenz berichten zu dürfen, da die Acten nicht immer ein
vollkommen deutliches Bild derselben geben und vieles gar nicht berühren können,
was theils zur Aufklärung für Euer Excellenz, theils zur Rechtfertigung der
Betheiligten der Mittheilung bedürfte. Indes läßt sich dies nicht in Kürze thun,
und ich dürfte es nicht wagen, Euer Excellenz mit weitschweifigen Darstellungen
ohne weiteres zu belästigen, kann auch vielleicht hoffen, bei günstigem Anlasse
dies mündlich in kürzerer Frist thun zu können. Sollte dies aber nicht möglich
sein und mir Euer Excellenz die Erlaubnis dazu ertheilen, so würde ich gerne von
Wartenberg aus, wohin ich mich zu meiner Kur begeben
soll, über zwei Punkte wenigstens mich aussprechen, nämlich: der Vorgang
rücksichtlich der Beantragung einer Rangerhöhung des Prof. Chlupp; und sodann die Angelegenheit
der im Senate zur Besprechung gekommenen Gymnasialreform, über welche
Verhandlung das dem hohen
Ministerium vorgelegte Protokoll, das zudem erst nach Kassirung
eines früheren über meinen Protest und der nachfolgende der Majorität der
Senatsmitglieder, wenigstens nicht dem Sachverhalte zuwider ausgefallen ist, ein
nur sehr ungenügendes Bild gibt. Nicht in meinem Interesse, das in einem wie im
andern Falle nicht im Entferntesten betheiligt ist, lediglich im Interesse der
Sache, für deren richtige und wahrheitsgemäße Darlegung von anderer Seite ich
nicht ganz unbesorgt sein zu dürfen glaube, wäre mir diese Erlaubnis erwünscht.
Indem ich zugleich meine oben gestellte Bitte gehorsamst wiederhole,
zeichne ich mit unbegrenzter Verehrung und Dankbarkeit
Euerer Excellenz
gehorsamster Diener
Hasner
Prag, am 11. Juli 1858