Sektionsrat Joseph Mozart übersendet Leo Thun ein Verzeichnis von Texten mit religiösen Inhalten oder solchen, die auf Österreich und seine Geschichte Bezug nehmen. Viele dieser Texte sind in den von ihm zusammengestellten beiden Lesebüchern enthalten. Dabei betont er, dass er versucht hat, möglichst viele Texte mit patriotischen und religiös-moralischen Inhalten aufzunehmen. Er hat nicht nur die Auswahl der Schriftsteller, insbesondere der österreichischen, reiflich bedacht, sondern auch darauf geachtet, dass insbesondere der Standpunkt der katholischen Kirche berücksichtigt werde. Er glaubt daher auch, dass seine Lesebücher sicherlich einen positiven Einfluss auf die Jugend haben würden. Mozart bittet Thun schließlich um eine baldige Entscheidung, ob die Lesebücher für den Schulgebrauch zugelassen werden.
Eure Excellenz,
Im Anschluße habe ich die Ehre ein Verzeichnis der Musterstücke mit religiösem Stoffe, dann derjenigen, welche einen speciell österreichischen Stoff behandeln, endlich eine Übersicht der
im Lehrbuche angeführten österreichischen Schriftsteller zu
überreichen.
Außerdem finden sich in der Sammlung sehr
zahlreich Musterstücke mit religiös-moralischen Stellen, ohne deshalb
gerade ausschließlich religiösen oder moralischen Inhaltes zu sein. Ich konnte
sie nicht alle einzeln anführen.
In der That ist es kaum möglich, das
Element des belehrenden Stoffes mehr zu vertreten, als dies
hier geschehen ist.
Ich glaube, mit Bezug auf diese Übersichten, daß keine
literarhistorische Sammlung existirt, welche eben so
viele patriotische und religiös-moralische Stoffe enthält als die Meinige2, und zugleich das Uncorrecte
entfernt hält.
In meinen Lehrbüchern für die vier unteren Klassen ist
allerdings mehr Religiöses und Vaterländisches: allein diese sind auch keine
Literargeschichte.
Man kann vielleicht noch mehr Stoff der erwähnten Art in
ein deutsch-literarhistorisches Lehrbuch aufnehmen, aber nicht viel mehr. Wenn Eure Excellenz es befehlen, so wird der Lehrplan dadurch abgeändert oder es wird ein unkritisches, ein schlechtes literarhistorisches
Handbuch, was Eure Excellenz wohl doch auch nicht würden empfehlen
wollen.
Glauben Eure Excellenz gnädigst meiner Versicherung, ich habe meinen
Auftrag reiflich erwogen und kenne die Schriftsteller wohl, auch unsere
österreichischen. Die bedeutenden unter den österreichischen sind im
Wesentlichen von keiner besseren Färbung als Göthe und Schiller; unter Herder stehen sie weit. Dies gilt
selbst von dem bedeutendsten der österreichischen Literaten, von Grillparzer, da gerade seine
bedeutendsten Werke aus einer früheren Periode stammten, wo er mit sich selbst
nicht im Klaren war. Hievon machen nur die Historiker eine Ausnahme, allein bloß
in wissenschaftlicher Beziehung; auf die Literatur haben sie
gar nicht gewirkt.
Wie dem auch sein möge, ich glaube mit Bestimmtheit sagen
zu können, daß die Benützung des ersten und zweiten Theiles dieser Sammlung
einen besseren Geist unter der studierenden Jugend verbreiten werde, als dies
durch andere derlei Sammlungen geschieht, die bloß vom
literarhistorischen Standpuncte ausgehen. Falls Euer Excellenz die Benützung
genehmigen, so könnte das beiliegende Verzeichnis der speciell
österreichischen Stoffe und Schriftsteller mitgedruckt werden, um den
Einwurf, solche Gegenstände seien nicht vertreten, gleich von vorn herein zu
beseitigen.
Ich erlaube mir schließlich die Art und Weise anzudeuten, in
welcher sich das überwiegende Vorherrschen des speciell katholischen Elementes einzig und allein in jenem Umfange, in welchem
es zu wünschen wäre, erzielen läßt.
Beschränken Eure Excellenz die deutsche Literargeschichte auf die sechste Klasse und
verlegen Hochdieselben in die siebente Klasse den Unterricht über neuere Literatur statt desjenigen über deutsche. In
einem Handbuche für deutsche Literaturgeschichte läßt sich
das, was gewünscht wird, in überwiegender Art nicht thun,
sonst erreicht man den entgegengesetzten Zweck von dem,
welchen man erreichen will. Man kann nur, wie ich gethan
habe, das Religiöse am passenden Orte hervortreten lassen und überhaupt den
moralischen Inhalt hervorheben, der bei mir sicher reichlich vorhanden
ist.
In der Geschichte der neueren Literatur dagegen
lassen sich mustergiltige Übersetzungen von Werken katholischer Franzosen,
Italiäner usw. geben. Hier könnte von einer durchgängig katholischen Färbung die
Rede sein, obwohl man doch auch bedeutende katholische Schriftsteller zur
Sprache bringen müßte, die für die Jugend weit verderblicher
sind als irgend ein protestantischer, besonders unter den
Italiänern.
Jedenfalls bedingt dies eine Änderung des Lehrplans.
Eine solche war aber nicht vorhanden, als ich mein
Lehrbuch bearbeitete.
Ich erlaube mir ohnedies die Bitte, Euer Excellenz
mögen geruhen, über die beiden Bände dieser literarhistorischen Sammlung
baldigst definitiv zu entscheiden und mir die Entscheidung bekannt geben zu
lassen: denn zu meiner Überraschung höre ich nun, daß auch über den ersten Band,
worüber mich Eure Excellenz mündlich bereits beruhigt hatten, noch nichts
verfügt ist.
Eurer Excellenz
unterthänigster
J. Mozart
Theils allgemein religiöse, theils speciell katholische Stoffe:
Seite 13
Bodmer, Noah3
Seite 18 Gellert, geistliche Ode4
Seite 40 Cramer, der Geist Gottes5
Seite 58
Klopstock, der Tod6
Seite 91 Uz,
Theodiceen7
Seite 97 Karsch, das Ungewitter8
Seite 103 Jacobi, Aschermittwoch9
Seite 111
Gerstenberg, Unsterblichkeit10
Seite 152
Haman, Brocken11
Seite
161 Herder, längere Abhandlung über Unsterblichkeit12
Seite 251 Hölty, Todtengräberlied13
Seite 255 Voß, Empfang des Neujahrs14
Seite 257 Voß, der Wechsel15
Seite 303 Salis, das
Grab16
Seite 317 Friedrich Schlegel, aus der
Literaturgeschichte17
Seite 321
Novalis, geistliches Lied
Novalis, geistliches Lied
Novalis, geistliches
Lied18
Seite 324 Chamisso, die Kreuzschau19
Seite 325 Kosegarten, das Brod des
heiligen Jodocus20
Seite 325 Kosegarten, die fünf Begrüßungen21
327
Hebel, der Winter22
328 Hebel, die Vergänglichkeit23
349 Rückert, Adventlied24
Obige Muster sind derartige, die ausschließlich religiöse Gegenstände behandeln. Gedichte und Abhandlungen mit religiös-moralischer Tendenz finden sich noch viel mehr und von größerem Umfange in der Sammlung zerstreut.
Verzeichnis der Musterstücke, welche einen speciell
österreichischen Gegenstand behandeln:
Seite … Gottsched, Ode auf Carlsbad (noch ungedruckt)25
Seite 55
Klopstsock
,
Ihr Tod (Gedicht auf Maria Theresia)26
Seite 114 Denis, Josephs II.
Reise27
Seite 115 Denis, Wiens
Befreiung28
Seite
116 Denis, Lied von Wien29
Seite 117 Denis, Lied eines
österreichischen Kriegers (in keiner Sammlung gedruckt)30
Seite 118 Mastalier, Das Bild Maria Theresias
Seite 119 Mastalier, Tod der Prinzessin Theresia31
Seite 158 Herder, die Fürstentafel, eine
böhmische Geschichte32
Seite 159 Herder,
das Roß aus dem Berge, eine böhmische Sage33
Seite 209 Göthe, Italienische Reise,
aus Venedig34
Seite 214 Göthe, Krönung Kaiser
Josephs II, eine historische Schilderung von großem Umfange35
Seite 282 Schiller,
der Graf von Habsburg36
Seite 299 Blumauer, die
Donaufahrt37
Seite 333 Collin,
Kaiser Max auf der Martinswand38
Seite 339 Collin, Landwehrlied (in keiner
Sammlung)
Seite 340 Collin, Österreich über Alles (in
keiner Sammlung)39
Seite 342 Körner, Andreas
Hofer40
Seite 342
Körner, Durch41
Seite 343 Körner, Abschied von Wien42
Seite 344 Rückert,
Hofer Commandant von Tyrol43
Seite 345 Rückert, Speckbacher44
Seite 365 Caroline Pichler, der Margräfin
Schleier
Seite 366 Caroline Pichler, Salm45
Seite 367 Caroline Pichler, Roggendorf46
Seite 369 Stelzhamer,
Gedicht in der obderensischen Mundart (noch nirgends abgedruckt)
Seite 379
Johannes Müller, die Zeit Rudolfs von Habsburg, eine
historische Schilderung von größerem Umfange47
Seite 383 Friedrich von Gentz, Manifest
Seiner Majestät des Kaisers48
Seite 368 Seidl, Hans Euler49
Seite 353 Grillparzer, die Enthüllung des Standbildes Mozarts in
Salzburg (noch in keiner Sammlung abgedruckt)50
Österreichische Schriftsteller, von welchen Musterstücke vorhanden sind:
Seite 112 Ayrenhoff,
Aurelius
Seite 114 Denis
Seite 118 Mastalier
Seite 296
Alxinger
Seite 333 Collin
Seite 341 Körner
Seite 353
Grillparzer
Seite 354 Anastasius Grün
Seite 355 Lenau
Seite 365
Caroline Pichler
Seite 383 Gentz
Seite 368 Seidl
Seite 369
Stelzhamer
Österreichische Schriftsteller, von welchen nur Biographien vorkommen:
Seite
368 Zedlitz
Seite 372 Enk
Seite 372 Raimund
Seite 372
Castolli
Seite 372 Bauernfeld
Seite 372 Halen
Seite 400 Sonnenfels
(von welchem schon im früheren Band ein Muster vorkam)