Sektionsrat Johann Mikulas erteilt einen Vorschlag zur Abfassung eines Erlasses an die reformierten Superintendenten und die politischen Landesbehörden in Ungarn. Mit diesem sollen die Widerstände gegen die Neueinteilung der Superintendenzen in Ungarn durch das Patent vom 1. September 1859 vermindert werden. Mikulas geht in der Folge auf die Gründe ein, warum durch das Patent eine Vermehrung der Zahl der Superintendenzen vorgenommen worden ist und welche Kritik sich an dieser Maßnahme entzündet hatte. Mit dem geplanten Erlass soll nun dieser Kritik Rechnung getragen und die Einteilung der Superintendenzen neu verhandelt werden. Mikulas regt außerdem an, dass in einem weiteren Erlass auf die Wahl von Gemeindevertretern und die Neuordnung der Gemeinden gedrängt werde. Schließlich empfiehlt Mikulas die Gewährung einer allgemeinen Amnestie für diejenigen, die bisher gegen Anordnungen des Patents vom 1. September 1859 verstoßen hatten.
In der Form eines zur allgemeinen Veröffentlichung bestimmten
Intimates an die reformierten Superintendenturen und an die politischen
Landesbehörden.
Die Evangelischen beider Bekenntnisse im Königreich
Ungarn haben zu allen Zeiten und mit vollem Grunde eine
den Interessen ihrer Kirche in mehrfacher Beziehung höchst nachtheilige
Beschränkung darin erkannt, wenn – wie in vergangenen Zeiten durch Einflußnahme
des Staates geschehen ist – die Zahl ihrer Kirchendistrikte und damit auch die
Zahl ihrer kirchlichen Oberen herabgemindert worden ist. Sie haben in einer
solchen Reduktion nicht nur eine Schmälerung ihres kirchenrechtlichen Bestandes
und eine Herabsetzung ihrer öffentlichen Geltung gefunden, sondern durch eine
solche auch die natürlichen Bedingungen der gedeihlichen Entwicklung ihres
konfessionellen Lebens in empfindlicher Weise beeinträchtigt und gefährdet
gesehen. Denn es ist ihnen die Wahrnehmung nicht entgangen, daß in
Superintendenzen von übermäßig großer Ausdehnung und mit übermäßig großer
Seelenzahl weder das Bewußtsein der kirchlichen Zusammengehörigkeit leicht zum
praktischen Ausdruck gelangen, noch die Erfüllung der oberhirtlichen Pflichten,
unter denen die kanonische Visitation mit Recht als die vorzüglichste und
wichtigste genannt wird, noch überhaupt die Führung eines ersprießlichen
Kirchenregimentes in vollkommen befriedigender Weise gesichert erscheinen
kann.
Eben darum ist von evangelischer Seite bis auf die neueste Zeit der
Versuch nicht gemacht worden, jenen königlichen Befehl aus der ersten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts, in Folge dessen bei den evangelisch helvetischen
Glaubensgenossen in Ungarn anstatt der früher bestandenen 6
Kirchendistrikte 4 Superintendenzen nach Maßgabe der damaligen politischen
Eintheilung des Landes eingerichtet wurden, als einen Lichtpunkt in der
Geschichte der evangelischen Kirche Ungarns darzustellen. Dagegen haben
unzählige das Bedürfnis gefühlt und anerkannt, die Anzahl der Superintendenzen
zu vermehren und eine zweckmäßigere Eintheilung derselben
herzustellen.
Diesem Bedürfnis kommt der § 26 des kaiserlichen Patentes vom
1. September 18593 wohlmeinend
entgegen, indem er unter lit. B die Zahl der evangelisch reformierten
Kirchendistrikte vermehrte und ihnen, mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten der
bei den Evangelischen noch nicht hergestellten Kirchenordnung, provisorisch eine
für zweckmäßig erachtete Eintheilung, mit der schon im § 27 desselben
kaiserlichen Patentes nachfolgenden Zusicherung gab, daß die weitere
Untertheilung dieser Superintendenzen oder die Zuweisung ganzer Seniorate von
einer Superintendenz an eine andere, das ist eine anderweitige Eintheilung der
Kirchendistrikte, in der Generalkonferenz der Superintendenzen zu berathen und
im Wege des Ministeriums
für Kultus und Unterricht der Allerhöchsten Schlußfassung zu
unterziehen sein werde.
Eine zweckmäßige Abgrenzung der Superintendenzen ist
ferner auch aus dem Grunde als eine dringende Nothwendigkeit erkannt worden,
weil der Regierung zufolge des § 6 des bezogenen allerhöchsten Patentes die
Verpflichtung oblag, die über die evangelischen Unterthanen Seiner k.k. Majestät
bisher von den Civilgerichten ausgeübte Ehegerichtsbarkeit ohne längere Säumnis
den kirchlichen Gerichten und zwar in erster Instanz den Senioralkonsistorien,
und in zweiter Instanz den Superintendential-Konsistorien zu übertragen.
Allgemein bekannte Verhältnisse bringen es jedoch mit sich, daß die
Gerichtsbarkeit in Ehestreitigkeiten in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von
minderbemittelten Personen in Anspruch genommen wird, die ohne schreiende
Verletzung der Rücksichten auf Billigkeit und Humanität, nicht in die
Nothwendigkeit gesetzt werden dürfen, die Wohlthat der Rechtspflege in zweiter
Instanz bei einem Konsistorium zu suchen, das wegen des übermäßig ausgedehnten
Komplexes der Superintendenz von den meisten der ihr angehörigen
Kirchengemeinden, mithin auch von der überwiegenden Mehrzahl der
rechtsbedürftigen Parteien, in einer Entfernung sich befindet, welche diesen
Parteien immer sehr drückend, oft unerschwingliche Reisekosten und einen
bedeutenden Zeitaufwand verursacht. Die unbemittelten Volksklassen müßten daher,
wenn nicht eine zweckmäßige Abgrenzung der kirchlichen Gerichtssprengel
stattfinden würde, in der Übertragung der Rechtssprechung in Ehestreitigkeiten
der Evangelischen von den Landesfürstlichen Gerichten auf die Kirchengerichte
nicht eine Wohlthat, sondern eine schwere Belastung erkennen.
Es ist nicht
anzunehmen, daß diese Motive der Allerhöchsten Anordnung des § 26 des
kaiserlichen Patentes vom 1. September 1859 dem intelligenteren Theile der
evangelischen Glaubensgenossen helvetischen Bekenntnisses verborgen geblieben
sind. Dennoch haben ihre Versammlungen gegen die neue Eintheilung der
Superintendenzen H.C. eine entschiedene Abneigung an den Tag gelegt und gegen
dieselbe mit wirklicher oder anscheinender Einhelligkeit Einsprache erhoben,
ohne auch nur die ernste Absicht erkennen zu lassen, zur Herstellung einer
andern, etwa zweckmäßigeren und ihren Wünschen mehr entsprechenden Eintheilung
ihrerseits das Erforderliche beizutragen. Die lediglich zur Förderung der
Interessen der Kirche und mit möglichster Schonung ihrer Autonomie getroffene
neue Einrichtung wurde vielmehr in einem Lichte dargestellt, als ob damit die
Vernichtung der Selbstständigkeit der Kirche und die Beschränkung ihrer
gesetzlich festgestellten Rechte angestrebt, ja selbst die Religion bedroht
werden wäre. Eine gegentheilige Auffassung oder auch nur eine mildere
Beurtheilung ist in den größeren Versammlungen der evangelisch reformierten
Glaubensgenossen gar nicht und in den Konventen der einzelnen Kirchengemeinden
nicht häufig zum Ausdruck gekommen, entweder weil die große Mehrzahl der
Lokalkonvente sich in der That der in den großen Versammlungen herrschenden
Ansicht angeschlossen, oder weil auf die Kirchengemeinde und ihre Pfarrer eine
Einwirkung stattgefunden hat, der zu widerstehen diese nicht die Kraft und nicht
den Muth gehabt haben.
Wird gegenüber diesen Thatsachen in Erwägung gezogen,
daß die Ausführung einer neuen Eintheilung der evangelisch reformierten
Superintendenzen jedenfalls mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, die
hauptsächlich aus den Dispositionen über die vorhandenen Stiftungen herrühren,
und nur im guten Einvernehmen mit den Betheiligten zur allgemeinen Befriedigung
überwunden werden können, wird ferner in Betracht genommen, daß der Staat kein
unmittelbares Interesse daran hat, die Vermehrung der evangelisch reformierten
Superintendenzen, beziehendlich ihre zweckmäßige Eintheilung zu bewirken, und
daß in dem Allerhöchsten Patente vom 1. September 1859 § 27 die weitere
Antragstellung in Absicht auf die Abgrenzung der Kirchendistrikte der Konferenz
der Superintendenzen vorbehalten ist: so entfällt für die Regierung die
Nothwendigkeit, auf der schon im § 26 lit. B des kaiserlichen Patentes
vorgezeichneten Eintheilung der evangelisch helvetischen Kirchendistrikte zu
beharren, und die Ausführung derselben, gegen den Wunsch der dabei zunächst
betheiligten, durch Anwendung von Nöthigungsmitteln zu bewirken.
In
allergnädigster Würdigung dieser Umstände haben Seine kk. Apostolische Majestät,
auf allerunterthänigsten Antrag Ihres Ministers für Kultus und Unterricht mit
der allerhöchsten Entschließung vom .... zu genehmigen geruht, daß von der im §
26 Allerhöchst Ihren Patentes vom 1. September 1859 vorgezeichneten Eintheilung
der evangelischen Superintendenzen H.C. Abstand genommen und im Sinne des § 27
desselben allerhöchsten Patentes der Generalkonferenz der 4 Superintendenzen
A.C. anheimgestellt werde, den ihr etwa gut scheinenden Antrag auf deine
zweckmäßige Abgrenzung der Kirchendistrikte zu erstatten und dadurch oder durch
Ermittelung anderweitiger, die Handhabung der kirchlichen Rechtspflege nicht
erschwerenden und die Parteien nicht übermäßig belastenden Einrichtungen die Übertragung der Ehegerichtsbarkeit von den weltlichen
Gerichten auf die Konsistorien zu ermöglichen.
In einem zweiten Circularerlasse würde dann angekündigt werden, daß jene allerhöchste Resolution den wesentlichsten Anstand der Abhaltung von Konventen bei den Reformierten behoben habe, daß jedoch die Beschlüße dieser Konvente so lange keine Rechtskraft haben und von den Staatsbehörden in keiner Weise anerkannt werden können, bis in den Lokalgemeinden, dann in den Senioraten und Superintendenzen, gemäß dem im allerhöchsten Patente vom 1. September vorigen Jahres ausgesprochenen Willen Seiner Majestät, nach den Grundsätzen des presbyterialen Organismus, eine fest geordnete und bestimmte Vertretung der berechtigten Glieder der Kirche hergestellt sein wird. Zur Überwachung der vom Staate nicht als gesetzlich und beschlußfähig anerkannten Konvente wird sich die Entsendung eines Sicherheitskommissärs vorbehalten, welcher den Besprechungen beizuwohnen hat. Gesetzesübertretungen werden je nach der Höhe des Vergehens entweder mit einer Ordnungsstrafe geahndet oder dem Strafgerichte zur Amtshandlung überantwortet werden. Ein Verbot gegen die Wahl von Superintendenten und Kuratoren und gegen die nicht autorisierte Abhaltung einer Synode wäre nicht zu erlassen, weil es nicht angezeigt ist, auf die gefährlichsten Mittel der Agitation und des aktiven Widerstandes aufmerksam zu machen.
Mit den obigen beiden Verordnungen oder wenige Tage nach Publikation derselben
wäre die zweite Allerhöchste Entschließung, betreffend die Amnestie
kundzumachen.
Die Formulierung einer solchen ist jedoch sehr schwierig, weil
sie motiviert sein, und zugleich die Mahnung enthalten muß, daß gleiche Umtriebe
fortan nicht ungestraft bleiben könnten. Sie dürfte ungefähr die folgenden
Punkte enthalten.
In Anbetracht der sichergestellten Thatsache, daß unter
denjenigen Personen, die wegen ihrer verbrecherischen Umtriebe gegen die
Ausführung des allerhöchsten Patentes vom 1. September 1859 eine
strafgerichtliche Untersuchung und Ahndung sich zugezogen haben, auch solche
sich befinden, die nicht aus eigenem Antriebe sondern aus Furcht vor den
Verfolgungen einer rücksichtslosen Fraktion verbrecherische Handlungen begangen
haben, und in Erwägung der Schwierigkeit einer sicheren Unterscheidung der
innerlichen Motive, welche eine jede zur strafgerichtlichen Verantwortung
gezogene Person zu der verbrecherischen Handlung getrieben haben, haben Seine
k.k. Majestät Allerhöchst bewogen gefunden, auf Antrag ..... in Gnade
anzuordnen,
1. daß die wegen einer verbrecherischen Handlung aus Anlaß des
bezogenen allerhöchsten Patentes, zufolge strafgerichtlichen Erkenntnisses zur
Kerkerstrafe verurtheilten Personen, wenn sie schon die Strafe angetreten haben,
aus der Haft entlassen werden;
2. daß die wegen gleicher verbrecherischer
Handlungen schon gefällten, jedoch noch nicht zur Ausführung gelangten
Strafgerichtserkenntnisse nicht in Vollzug gesetzt werden.
3. daß die noch
im Zuge befindlichen strafgerichtlichen Amtshandlungen gegen Personen, die sich
desselben Verbrechens schuldig gemacht haben, eingestellt werden.
4. daß die
in Folge einer strafgerichtlichen Untersuchung oder eines strafgerichtlichen
Erkenntnisses von ihrem Amte suspendierten oder entsetzten evangelischen
Pfarrer, Prediger und Lehrer, wenn dem Wiederantritt ihrer Funktionen die
betreffende Kirchengemeinde und Schulpatronate nicht entgegen sind, nicht
gehindert werden, ihre frühere Stellung wieder einzunehmen.
Wenn jedoch in
der Zukunft die Übertretung des Gesetzes noch vorkommen würden, so wird der
vorgeschriebenen Ahndung derselben freier Lauf gelassen werden.
Mittlerweile würde erfolgen ein orientierendes Circular an die Evangelischen A.C. zur Betreibung der Koordinierung, und die Publikation der Dankadressen.