Leo Thun beantwortet einen Brief von Lehrern aus einem nicht genannten Schulbezirk. Der Minister nimmt darin Stellung zur schwierigen Lage der Volksschullehrer. Thun verspricht, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, die materiellen Verhältnisse der Schullehrer zu verbessern, die sich seit den revolutionären Unruhen deutlich verschlechtert hatten. Der Gedanke, dass der Staat die Besoldung der Lehrer übernehmen wolle, sei ein Übel. Thun betont, dass die Regelung und Auszahlung der Gehälter Sache der Gemeinden sei und der Staat keine zusätzlichen Ausgaben übernehmen könne. Thun will sich jedoch bei den einzelnen Landesregierungen dahingehend einsetzen, dass sie die Neuregelung der Lehrergehälter in Angriff nehmen. Er hofft, dass der Unordnung der Jahre 1848/49 bald ein Ende gesetzt werde und damit auch für die Lehrer wieder bessere Zeiten beginnen werden.
Hochwürdiger Herr!
Vor wenigen Tagen ist mir die Adresse zugekommen, welche die Schullehrer des ... Bezirkes an mich gerichtet haben. Ich ersuche Sie, ihnen für den mir darin ausgesprochenen Glückwunsch zu der höchst ehrvollen Wendung meines Schicksals und für die freundliche Erinnerung an mein früheres Wirken als Kreiskommissär in jener Gegend meinen herzlichen Dank zu sagen. Ihre herzliche und vertrauensvolle Ansprache hat mich eben so sehr gefreut als gerührt. Und doch habe ich die Schrift auch nicht ohne recht schmerzliche Empfindung bei Seite legen können. Es wird mir darin die traurige Lage der Landschullehrer zu Gemüthe geführt, und die Erwartung ausgesprochen, daß ich ihr abhelfen werde; ja eine ausgiebige schleunige Abhilfe erwartet man, denn das Übel ist groß und die Noth wieder von Tag zu Tage dringend. Ich weiß es, daß an vielen Orten Schullehrer angestellt worden sind mit so geringen Einnahmen, daß sie fortwährend mit bitterer Not zu kämpfen hatten; mancher verdienstvolle Lehrer hat die Kinder seiner Gemeinde seit Jahren und Jahrzehnten mit Sorgfalt und Liebe unterrichtet hat [sic!]. Von den Kindern, die zu ihm in die Schule gegangen, sind vielleicht schon viele jetzt wohlhabende Grundbesitzer, geschickte Handwerker, glückliche Mütter; ihm haben sie es großtentheils zu danken, daß sie gelernt haben, was sie brauchten, um ihre Geschäfte gut zu besorgen, - und werden zu können, was sie geworden sind, - er aber darbt in bitterer Noth; er der fremde Kinder erzogen hat, weiß vielleicht jetzt nicht, wie er seine eigenen erhalten und ernähren soll! Denn selbst das Schulgeld und die sonstigen Giebigkeiten, die er bisher bezogen hatte, werden ihm jetzt oft verweigert, seit in den Zeiten allgemeiner Unordnung, die wir im vorigen Jahr erlebt haben, auch die Meinung ausgesprengt wurde, das Schulgeld müsse aufhören, denn der Staat müsse die Schullehrer besolden. Nichts ist verderblicher für die gegenwärtige Lage der Schullehrer geworden als die Verbreitung dieses Gedankens. Der Schullehrer arbeitet zunächst nur für seine Gemeinde; es ist also das Natürlichste, daß hauptsächlich sie ihn bezahle, und immer und überall wird das wohl so sein. Die Gemeinde könnte überdies wenigstens der dringenden Noth gleich abhelfen, während die Regierung es nicht kann, ehe sie durch Gesetze dazu ermächtigt ist. Was sie einmal gibt, das muß sie alle Jahre wieder geben. Ja die österreichische Monarchie gibt es. Ungarn abgerechnet würden mir noch die nöthigen Auskünfte fehlen – beiläufig ... Schullehrer. Soll jedem von ihnen vom Staate nur 50 fl gegeben werden, so macht das jährlich ... Es bedarf wohl keiner Erklärung, daß eine solche bleibende Vermehrung der Ausgaben des Staates nicht stattfinden kann, ohne die Steuern in gleichen Maaße bleibend zu erhöhen, und daß dieses nicht ohne ein förmliches im verfassungsmäßigen Wege erlassenes Gesetz geschehen darf. Mein ernstliches Streben wird es sein dafür zu sorgen, daß den nächsten Landtagen schon Vorschläge zu Gesetzen vorgelegt werden, durch welche die Lehrer gegen bittere Noth bleibend geschützt werden sollen. Bis dahin kann aber die Regierung in dieser Angelegenheit von der die Verfassung ausdrücklich erklärt, daß sie nicht bloß eine Reichsangelegenheit, sondern auch eine Angelegenheit des Kernlandes und der Gemeinde sei, nur nach den bestehenden Gesetzen vorgehen. Um ihre bisherigen Bezüge zu halten, müssen sich die Lehrer wie früher auch fortan bei der nächsten Behörde Beistand suchen, diese Behörden sind nachdrücklich angewiesen worden, ihnen den nöthigen Schutz und Beistand zu gewähren. So oft mir ein Fall angezeigt wird, wo eine Behörde säumt diesen Beistand pflichtschuldig zu leisten, werde ich sie dazu zu verhalten wissen. Ich hoffe aber, daß mehr und mehr der Taumel vorüber ist, welchen viele für Freiheit ersahen, was bloßes Unrecht war und wahre Freiheit unmöglich macht, und auch den armen Schullehrern wieder ohne Zwang gegeben werden wird, was ihnen gebührt. Eine Zulage aus den öffentlichen Fonden aber kann für jetzt nach den bestehenden Gesetzen nur dann von den Landesregierungen bewilligt werden, wenn nachgewiesen ist, daß die Kräfte der Gemeinde unzureichend sind. Schwer fehlt es mir den bedrängten Lehrern einen weiteren Trost für jetzt nicht geben zu können.