Der Bischof von Verona, Benedikt Riccabona, schildert die Situation am bischöflichen Gymnasium in Verona und bittet um die Gleichstellung desselben mit dem staatlichen Gymnasium. Riccabona betont, dass das Gymnasium gut besucht und nach den staatlichen Lehrplänen organisiert sei. Das Gymnasium besitze außerdem eine umfangreiche Natural- und Physiksammlung. Neben der staatlichen Anerkennung bedürfe das Gymnasium auch einer staatlichen Förderung, damit man die Gehälter der Lehrer erhöhen könne. Riccabona betont auch, dass die staatliche Anerkennung des bischöflichen Instituts die Errichtung eines neuen, dringend benötigten Gymnasiums obsolet machen würde.
Der Brief ist unvollständig bzw. scheint der hier vorhandene Teil ein Abschnitt eines umfangreicheren Konvoluts gewesen zu sein.
Entwurf des Sittengesetzes, welches der gehorsamst unterzeichnete Bischof von Verona dem hohen k.k. Minister des Kultus und des Unterrichtes vorzulegen im Sinn hat. Der Unterzeichnete ersucht in diesem Entwurf, jene Bemerkungen und Abänderungen anzuführen, die man zur Erreichung des Vorschlages für zweckmäßig haltet.1
Es zeiget sich immer mehr wie nützlich, ja wie nothwendig es ist, daß das
bischöfliche Obergimnasium in Verona den öffentlichen
k.k. Obergimnasien gleichgestellt werde.
Ein einziges öffentliches Gimnasium
ist für Verona, dem Mittelpunkte einer so stark
bevölkerten Provinz, wohin von allen Seiten die studierende Jugend zusammen
strömt, nicht hinreichend.
Das bischöfliche Gimnasium in
Verona, welches immer nach dem von der hohen
Regierung vorgeschriebenem Studienplane eingerichtet war, wurde auch stets von
der Veroneser Jugend sehr besucht. Als in der Folge der neue Studienplan
eingeführt wurde, richtete sich auch das bischöfliche Gimnasium darnach ein, und
man trachtete nach Kräften den neu vorgeschriebenen Studienplan durchzuführen.
Daß diese Bestrebungen nicht fruchtlos waren, beweiset, daß die Studenten des
bischöflichen Gimnasiums, die sich der vorgeschriebenen Maturitätsprüfung
unterzogen, dieselbe gewöhnlich mit gutem Erfolge bestanden.
Das
bischöfliche Gimnasium ist bereits mit einem reichen Phisik- und einem schönen
Naturalkabinet versehen und besitzet eine bedeutende und ausgewählte
Bibliothek.
Dies kurz vorausgesetzt erscheint es höchst wünschenswerth, daß
das bischöfliche Gimnasium zu einer öffentlichen Lehranstalt erhoben und den
k.k. Obergimnasien gleichgestellt werde.
Um diese Gnade zu erlangen, wendet
sich der gehorsamst Unterzeichnete an Seine Excellenz den Herrn Minister des
Kultus und des Unterrichtes und hoffet, daß in Anbetracht des großen
vielseitigen Nutzen, der daraus entspringen würde, dieser Antrag eine
wohlwollende Aufnahme und Berücksichtigung finden werde.
Um eben diesen
gemeinnützigen Zweck auch erreichen zu können, müßten einige Bedingnisse
vorläufig festgestellt werden.
1. Der von der k.k. Regierung vorgeschriebene
Studienplan müßte eingeführt und das Gimnasium des Bischofes müßte, wie alle
anderen k.k. Lehranstalten von der Regierung abhängig sein; jedoch hoffet der
Unterzeichnete, daß man jene Rücksichten und Begünstigungen eintreten lassen
würde, die ohne im geringsten das Gedeihen der Lehranstalt zu gefährden, das
Ansehen des Bischofes sichern würden.
2. Das bischöfliche Gimnasium müßte
dann allen andern k.k. Obergimnasien gleichgestellt werden.
3. Die Wahl und
Ernennung der Professoren steht dem Bischofe zu.
4. Die Professoren des
Untergimnasiums sollten, wenn sie von dem Bischofe für tauglich erklärt werden,
ohne weitere Prüfung zugelassen werden. Da Seine Excellenz der Herr Minister des
Unterrichtes den in Wien versammelten Bischöfen die
Zusicherung gab, daß die bischöflichen Untergimnasien mit den öffentlichen
parificirt werden, so wäre in diesem Punkte kein Anstand zu finden.
5. Die
Professoren des Obergimnasiums sollten erst nach Ablegung der vorgeschriebenen
Prüfung zugelassen werden, jedoch bittet der Unterzeichnete, daß das k.k.
Ministerium bei der ersten Errichtung des Obergimnasiums auch hier jene
Erleichterung eintreten lassen wird, die bei der Errichtung der andern
Obergimnasien angewendet wurde, nämlich, daß die bereits vorhandenen und nach
dem früheren Sisteme approbirten Professoren ohne weitere Prüfung als solche
anerkannt werden.
6. Daß von der k.k. Regierung zur Besoldung der
Professoren ein jährlicher Geldbetrag von 6.000 fl bewilliget werde.
Das
bischöfliche Seminar in Verona ist in seinen Geldmitteln sehr beschränket und
besoldet deshalb die Professoren sehr gering. Der jährliche Gehalt eines
Professors beläufet sich auf nicht ganz 200 fl Darum müssen die Professoren sich
nebenbei mit anderen Beschäftigungen abgeben. Sollten nur die Professoren zur
genauen Einhaltung des sehr anstrengenden neuen Studienplanes verhalten werden,
müßte man den geringen Gehalt erhöhen, damit sie ohne anderweitige Beschäftigung
einzig für das Lehrfach leben könnten. Um nun den jährlichen Gehalt eines jeden
Professors auf 600 fl zu bringen, was gewiß keine Übertreibung ist, müßte die
hohe Regierung jährlichen Geldbeitrag von 6000 fl gnädigst bewilligen.
Da
nach Aufhebung aller anderen Gimnasien in der ganzen Provinz Verona ein einziges
öffentliches Obergimnasium noch besteht, und dieses durchaus für den großen
Zudrang der studierenden Jugend nicht genüget, so ist dieser Vorschlag wohl der
Billigste, den man der hohen Regierung machen kann, weil sie sonst beinahe
genöthiget wäre ein zweites Obergimnasium ganz auf eigene Kosten zu errichten,
in welchem Falle dann bedeutendere Geldsummen verwendet werden müßten.
In der Hoffnung einer gnädigen Aufnahme dieses Antrages
Benedikt Riccabona
Bischof
Verona, am 31. Oktober 1856