In der Akte sind zahlreiche Schriftstücke enthalten, die im Rahmen der
Verhandlungen um die Überlassung eines Gebäudes an die Jesuiten in
Mailand zwischen verschiedenen Akteuren gewechselt wurden.
Friedrich
Thun fasst im Februar 1857 die bisherigen Verhandlungen zusammen und
schildert die Situation: Der Erzbischof von Mailand hatte sich im Namen
der Jesuiten seit dem Jahr 1853 darum bemüht, dem Orden ein Gebäude in
Mailand zu verschaffen. Die Gesellschaft Jesu bat dabei um ein bzw.
mehrere Gebäude, die vormals im Besitz des Ordens gewesen waren und im
Jahr 1853 vom Staat für unterschiedliche Zwecke benützt wurden. Die
Jesuiten wollten darin zunächst Wohnraum für weitere Ordensmitglieder
schaffen und eine Schule errichten. Die mehrfachen Bitten hatte der
Kaiser zunächst mit der Begründung abgewiesen, dass der Staat die
Gebäude selbst dringend benötigte. Sowohl die Gesuche als auch die
verschiedenen Gutachten sind in der Sammelakte enthalten. In weiterer
Folge hatten sich auch mehrere Adelige für die Jesuiten eingesetzt.
Friedrich Thun ließ diesen jedoch bescheiden, dass der Antrag keine
Aussicht auf Erfolg habe. Er begründet dies unter anderem auch damit,
dass die Jesuiten in ihren Provinzen Mailand und Como über große
Besitzungen verfügten, die jährlich einen so großen Gewinn abwürfen,
dass sie der Hilfe des Staates nicht bedürftig seien.
Unter der Signatur sind insgesamt 25 Dokumente abgelegt.1
Deutsch und Italienisch.
Thun, Graf Friedrich, bzgl. Jesuiten in Mailand
Der Erzbischof und mehrere Adelige von Mailand um die Schenkung an die Jesuiten irgendeines in den Besitz der Staatsverwaltung übergangenen klösterlichen Gebäudes 2
Allerunterthänigste Auskunft
Für die Jesuiten Gesellschaft in Mailand, welche aus
einigen wenigen Mitgliedern bestehend den Gottesdienst in der Kirche S.
Damiano versieht, und das an dieselbe anstoßende kleinere Gebäude bewohnt,
war vom Erzbischof von Mailand
schon zu wiederholten Malen um die Überlassung verschiedener in den Besitz
der Staatsverwaltung übergegangenen früher klösterlichen Gebäuden
eingeschritten. Sein erstes diesfälliges Majestätsgesuch hatte die Gebäude
S. Bernhardino alle Monache welches zum Militärspital dient, und jenes del
Giardino wo sich gegenwärtig das Lottoamt befindet zum Gegenstand.
Laut
Allerhöchster Entschließung vom 19. Jänner 1853 wurde jedoch diesem Gesuche
wegen der Unentbehrlichkeit der erwähnten Gebäude keine Folge gegeben. Kurz
darauf erneuerte der Erzbischof seine Bitte in einem dato 27. April 1853
präsentierten der Allerhöchsten Signatur gewürdigten Majestätsgesuche, worin
er zum Zwecke der Ausbreitung und Vermehrung der Jesuitengesellschaft das
bei der Kirche S. Damiano befindliche größere Gebäude, das gegenwärtig zur
Aufbewahrung eines Theiles der Gerichtsarchive dient, in Anspruch nahm. Die
über die Möglichkeit der Abtretung dieses Lokales oder der Substituierung
eines anderen Gebäudes sowohl bei der Generaldirektion der Archive als der
Finanzpräfektur gepflogenen umständlichen Verhandlungen ergaben das
übereinstimmende Resultat, daß weder das erwähnte Gebäude für die Zwecke der
die umfaßendsten Räumlichkeiten in Anspruch nehmenden und dennoch nur in
sehr beschränkter und ungenügender Weise verwahrten Archive entbehrlich noch
diesfalls bei der bekannten unzulänglichen Anzahl von Staatsgebäuden in
Mailand ein anderes sei es für die Archive, sei
es für die Jesuitengesellschaft selbst taugliches Gebäude vorhanden sei. Das
erzbischöfliche Bittgesuch wurde daher in Folge Allerhöchster Entschließung
vom 5. September 1853 abermals abgewiesen.
In neuester Zeit hat sich
noch der Duca Scotti in einem ohne Allerhöchster Bezeichnung an die
Statthalterei in Mailand übermittelten
Majestätsgesuch um die Rückstellung des früher im Besitze der
Jesuitengesellschaft befindlichen und gegenwärtig gleichfalls zur
Aufbewahrung von Archiven benützten Gebäudes S. Fedele zum Behufe der
Eröffnung von öffentlichen Schulen verwendet. In Erwägung des aus den
früheren Verhandlungen gewonnenen Resultates, sah sich die Statthalterei
nicht veranlaßt, über dieses Einschreiten eine weitere Verhandlung
einzuleiten, ließ daher dem Duca Scotti bedeuten, daß Seine k.k.
apostolische Majestät hierüber keine Verfügung zu treffen geruht
haben.
Nach diesen Antezedentien erlaube ich mir die ehrerbiethigste
Ansicht auszusprechen, daß auch das vorliegende Gesuch womit diesselbe Bitte
wiederholt wird, nicht geeignet sey, in weiterer Verhandlung gezogen zu
werden, und dies umsomehr als nach dem Ausweise des Prokurators der
Jesuitengesellschaft deren nur wenige Mitglieder in
Mailand vorhanden sind, dieselben in den
Provinzen Mailand und Como ein Grundcomplex von
10.032 pertiche mit dem Attivo von 41.320 Scudi besitzt, und daher der Hülfe
des Staates nicht zu bedürfen erscheint.
Friedrich Thun.
Mailand am 6. Februar 1857.