Der Pädagoge Theodor Vernaleken legt Leo Thun das von ihm verfasste "Methodische Handbuch" zur Prüfung vor. Das Buch soll Volksschullehrern als methodische Grundlage für den Unterricht dienen. Er hat das Buch verfasst, weil das bisher verwendete Methodenbuch stark veraltet war und den neuen Anforderungen nicht mehr entsprach. Vernaleken betont seine langjährige Erfahrung als Lehrer, wodurch das Buch stark von eigenen praktischen Erfahrungen geprägt sei. Sollte Thun Änderungen an dem Buch wünschen, so wäre Vernaleken gerne bereit, diese vorzunehmen. Sollte der Minister das Methodenbuch im staatlichen Schulbücherverlag verlegen wollen, so würde Vernaleken es für diesen Zweck gerne zur Verfügung stellen. Andernfalls will Vernaleken es einem anderen Verlag zur Herausgabe übergeben.
Exzellenz!
Die neuen Elementarbücher sind nun in den Händen der Schüler und Lehrer, und es
liegt in dem Wunsche Euer Exzellenz, daß sie auf die fruchtbringendste Weise gebraucht werden.
Das „Sprach- und
Lesebuch“ fasset in sich nicht bloß ein Lesebuch, sondern auch das
Sprachlehrliche. Nur dadurch konnte dem Unterrichte im Sprechen, Lesen,
Schreiben etc. in Verbindung mit den nöthigen Sachkenntnissen eine neue Grundlage gegeben werden. Welche Stellung hat also dieser
Unterricht in der Volksschule, und wie ist er vom Lehrer zu handhaben? Diese und
andere Fragen haben sich die angestellten Schullehrer klar zu machen, und der
Präparandenunterricht hat die Zöglinge für einen nutzbringenden Sprachunterricht
vorzubereiten. Das bisherige „Methodenbuch“, ohnedieß schon veraltet, passt aber
nicht mehr zu den neuen Lehrmitteln. Ich habe mich daher beeilt, dem vielfach
ausgesprochenen Bedürfnisse entgegenzukommen und die andere mir gestellte
Aufgabe nach Kräften zu lösen. Es schließt sich aber an den
Muttersprachunterricht, eben weil er alle Seelenthätigkeiten des Kindes in
Anspruch nimmt, alles dasjenige am natürlichsten an, was man Didaktik, Methodik
etc. nennt. In dieser Hinsicht haben mir einerseits die Extravaganzen der
deutschen Volksschule warnend vorgeschwebt, andererseits habe ich die bessern
Bestrebungen im Gebiete des elementaren Sprachunterrichts in den letzten 20
Jahren berücksichtigt und die ganze Volksschuldidaktik in einen kleinen Rahmen
zusammengedrängt.
Somit möchte ich dem „Methodischen Handbuche“1, welches ich vorzulegen die Ehre habe,
folgende Bestimmung anweisen:
1. Es ist vollständige Gebrauchsanleitung zum
„Sprach- und Lesebuche“, mit Beifügung alles dessen, was aus der Sprachlehre dem
Volksschullehrer für diese Stufe zu wissen nöthig ist.
2. Es enthält die
methodische Grundlage für den elementaren Volksschulunterricht
überhaupt.
Für beide Zwecke ist es
3. bloßes Hilfsbuch für die
Präparandenschulen.
Ein Methodenbuch erfüllt nur dann seinen Zweck, wenn es
sich unmittelbar den Lehrmitteln anschließt. Es lehrt den
Gebrauch der Lehrmittel. Darum bildet ein „methodisches Handbuch“ in seinen 4
Abtheilungen für: Religion, Sprache, Rechnen, Gesang den eigentlichen
Lehrgegenstand der Präparandenschulen. Dieser Fach- oder Berufsunterricht geht
dem praktischen Schulhalten parallel.
Beiliegendes Buch bildet sonach die I.
Abtheilung der nothwendig gewordenen Neubearbeitung des „Methodenbuches“, dessen
erste Hälfte (S. 1–190) dadurch ersetzt wird.
Das Buch ist nur
als Manuscript in etwa 50 Exemplaren abgezogen, und ich stelle es Euer
Exzellenz zur Verfügung. Im Falle einzelne Änderungen gewünscht werden, so bin
ich gern bereit, dieselben im Interesse unserer Volksschule
vorzunehmen.
Sollten Euer Exzellenz das „methodische Handbuch“ dem
Schulbücherverschleiße als Staatseigenthum – gegen ein beliebiges Honorar für
jede Auflage – einreihen, so stelle ich es für diesen Zweck zur Verfügung; wenn
nicht, so gedenke ich es einem Verleger zu übergeben, der alsdann wegen des
Verkaufspreises sich mit dem hohen Ministerium ins Einvernehmen zu setzen
hätte.
Schließlich bitte ich Euer Exzellenz angelegentlich, das Büchlein selbst einer näheren Einsicht zu würdigen.
Zu jeder
mündlichen Auseinandersetzung erbötig verharre ich,
Euer Exzellenz
unterhäniger Diener
Theodor Vernaleken
Wien, den 7. Christmonat [Dezember] 1851