Josef Puffer an Leo Thun
Wien, 22. November 1849
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Regest

Josef Puffer schildert Leo Thun seine Ansichten zur Zukunft der Grenzregimenter. Puffer betont, dass das Ziel sein müsse, die Situation der Grenzregimenter zu verbessern und die Reformen diesem Ziel angepasst werden sollten. Außer Zweifel steht für den Beamten, dass die Verwaltung der Militärgrenze insgesamt reformiert werden müsse. Dahingehend wurde auch bereits ein Entwurf ausgearbeitet, der ein neues System vorsieht. Puffer zufolge sollten aber die notwendigen Verbesserungen auf der Grundlage der bisherigen Regelungen vorgenommen werden. Dabei erscheint ihm wichtig, dass man vom bisherigen Sparkurs abgehe, der für viele Verschlechterungen in der Vergangenheit verantwortlich war, und zugleich den zentralen Zweck der Militärgrenze – die militärische Verteidigung – als Grundsatz aller Reformen beachte. Er glaubt daher, dass die reine Militärverwaltung auf ein Minimum beschränkt, und alle sonstigen Einrichtungen in der Militärgrenze analog zu anderen Provinzen organisiert werden sollten. Daher empfiehlt er schließlich die Grenzregimenter den Oberbehörden der jeweiligen Kronländer zu unterstellen. Nur über diese sollte die administrative Anbindung an das Armeeoberkommando bzw. in rein militärischen Angelegenheiten an das Kriegsministerium erfolgen.

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Edierter Text

Ehe die Frage erörtert werden kann, ob es thunlich – oder gar nothwendig, daß die Grenzregimenter unter die Leitung der Oberbehörde der betreffenden Kronländer zu stellen oder wie bisher unmittelbar unter dem Kriegsministerium zu verbleiben und als Mittelsbehörde nur jene militärischen Stellen in den Provinzen haben sollen, welche die bisherigen Generalcommanden ersetzen; – muß erörtert werden, was eigentlich mit der Grenze geschehen soll.
In der octroirten Verfassung sind im Bezug derselben zwei Berührungspunkte, welche sich scheinbar geradezu wiedersprechen.
Der eine Paragraph sichert allen Staatsbürgern ohne Ausnahme gleiche Berechtigungen – also auch den Grenzern.
Der andere Paragraph stellt fest, daß die Grenze bleiben soll wie sie ist. In der praktischen Ausführung lassen sich mit kluger Umsicht diese scheinbaren Wiedersprüche der Art vereinen, daß Beiden genüge geleistet wird.
Daß das Grenzinstitut zeitgemäße Änderungen, respective Verbesserungen bedarf, unterliegt keinen Zweifel.
Es wurde demgemäß auch schon ein Entwurf ausgearbeitet. So viel Gutes dieser Entwurf enthält, so hat er nach meiner Ansicht doch Ein Hauptgebrechen.
Es stellt ein neues System hin und nimmt aus dem Alten auf, was gut ist.
Meine Meinung wäre, das Alte in der Hauptsache als Basis zu lassen und auszuscheiden, zu verbessern, was nicht mehr zeitgemäß oder durch falsche Maßregeln verdorben wurde.
Das ursprüngliche Grenzgrundgesetz ist schön und gut, nur größtentheils zum Formenwesen herabgezerrt.
Ein zweiter Übelstand, daß seit einer Reihe von Jahren nur alles Jenes Geltung fand, was die Ausgaben minderte – die Einnahmen vermehrte – ohne Rücksicht der Folgen.
Durch zweckmäßige Änderungen diese Lasten dem Grenzer zu nehmen, das Unhaltbare aus dem alten System auszuscheiden, ist erste Aufgabe.
Bei jedem dieser Schritte wohl zu erwägen, daß durch selben das als Bedingnis aufgestellte militärische Prinzip nicht geschwächt, im Gegentheil gekräftigt werde: Hauptrücksicht. Aus der Schwierigkeit dieser Arbeit geht schon die Unmöglichkeit hervor, diese neue Gestaltung die da werden soll, wie aus einem Gusse hinzustellen, um so mehr als alle administrativen Änderungen im Vorhinein schlecht genannt werden könnten, wenn sie nicht Hand in Hand analog den neu zu schaffenden Institutionen im nachbarlichen Provinziale gehen würden.
Ja, es ist nicht zu zweifeln, daß das Durchführen der neuen Verwaltung durch solch ein einseitiges Vorgehen auch in den nachbarlichen Provinziale gehemmt würde, da in vielen, ja den meisten Fällen die Berührungspunkte in der Grenze liegen.
Die einzelnen Fälle hier anzuführen, in welchen diese Berührungspunkte vorkommen, erforderte ein eigenes Elaborat.
Ich getraue mir jedoch zu beweisen, daß sowohl in politischer und administrativer als auch selbst in rein militärischer Beziehung die schroffe Abscheidung der Grenzregimenter von der Oberbehörde der betreffenden Kronländer ein Mißgriff wäre.
Man bezeichne in bestimmten Zügen wie und in welcher Art in der Militärgrenze die reine Militärverwaltung ferner bestehen solle und lasse alle anderen Verfügungen Hand in Hand mit den neuen Gestaltungen in den Provinziale gehen, immer mit der Bedingnis als unabänderliche Rücksicht vor Augen gestellt, daß die der Grenze analog dem Provinziale anzupassenden Veränderungen dem militärischen Prinzipe nicht störend entgegen treten. Ich lebe der Überzeugung, daß auf diese Art der Grenzer des größten Theils der Vortheile und Begünstigungen theilhaftig wird gemacht werden können, welche jeden andern Staatsbürger treffen und daß er auf diese Art sicher zufrieden gestellt werden wird, wenn er solcher Institutionen auch entbehren muß, die man ihm nicht geben kann, wenn man nicht an den Militärischen rütteln will.
Dahin gehört vorzugsweise die Vertretung auf dem Landtag.
Die gewichtigsten Fragen, welche wenigstens auf den ersten Landtagen zur Sprache kommen werden, sind:
1. die Entschädigungsfrage
2. die Steuerbewilligung
Mit diesen beiden Fragen hat der Grenzer gar nichts zu thun, denn von einer Entschädigung der erlaßenen Robbot ist keine Rede und der Steuerfuß ist für denselben ebenfalls nach einen ganz andern Maßstab bemessen als für jeden andern Staatsbürger, da der Grenzer mehr mit seinem Blute leistet.
Ebenso bleiben dem Grenzer alle anderen Fragen über innere Organisation, Adminstration des Provinziale gleichgiltig und fremd; vorausgesetzt, daß seine Gemeindeordnung auf die ursprüngliche Reinheit, wie diese bestanden, zurückgeführt wird.
Scheidet man noch jene Gemeindeschaften aus der Grenze aus, welche im Laufe der Jahre, besonders durch Handel, der Art sich gehoben, daß die Grenzinstitutionen nicht mehr für sie passen und verleibt sie dem Provinziale ein (die bestehenden Communitäten), so kann man die Hauptelemente der Störung für die Ruhe der Grenzer als beseitigt betrachten und guten Muthes der Zukunft entgegen sehen.
Es ist daher meine bestimmte Meinung, daß die Grenzregimenter unmittelbar unter der Leitung der in den betreffenden Kronländern eingesetzten, wie immer Namen habenden Oberbehörden stehen und nur durch diese ihre Anknüpfung an das allerhöchste Armeeobercommando – in rein militärischer an das Kriegsministerium – in administrativer Beziehung finden sollen.

Wien, den 22. November 1849

Puffer