Die Gemeindemitglieder von Liblin legen dem Ministerrat ihre Erfahrungen mit dem neuen Gemeindegesetz vor und bitten, die jetzt vereinten Orte Liblin und Bujesil in selbständige Gemeinden umzuwandeln. Das Gemeindegesetz vom 17. März 1849 bestimmte, dass sich die ehemaligen Ortschaften der Herrschaft Liblin und jene der Herrschaft Plaß zu einer Gemeinde zusammenschließen sollten. Die Gemeindemitglieder von Liblin sind nun nach der Konstituierung der Gemeinde 'Liblin' davon überzeugt, dass das Gesetz nur bei großen Gemeinden, nicht aber bei mittelgroßen und kleinen Gemeinden durchführbar sei. Die negativen Folgen des Gemeindegesetzes würden sich vor allem bei mittelgroßen Gemeinden zeigen. So sind sie davon überzeugt, dass die Einbeziehung von einzelnen Großgrundbesitzern – in diesem Fall des Grafen Wurmbrand – in kleine bzw. mittelgroße Gemeinden ein ungleiches Verhältnis bei der Steuerzahlung hervorrufe, was das gute Verhältnis der Gemeindemitglieder zum Grafen beeinträchtigen werde. Durch die Zusammenfassung zu einer Gemeinde habe sich außerdem unter den einzelnen Ortschaften bereits ein beinahe feindliches Verhältnis entwickelt. Ein weiteres Problem sehen die Verfasser darin, dass die bisherigen Dorfrichter den neuen Ansprüchen für das Amt des Gemeindevorstandes nicht mehr genügen.
Hohes k.k. Gesammtministerium!
Vor beiläufig einem Jahre erschien der damalige Pilsner Herr Kreiskommissär Ritter von Merkl [Merkel] bei dem damaligen Herrschaft Libliner
Amte, berief die Ortsrichter mehrerer Gemeinden, welche zur ehemaligen
Herrschaft Liblin gehörten, zusammen; machte ihnen
bekannt, aus welchen Ortschaften und alten Gemeinden die neuen großen Gemeinden
zusammengesetzt werden sollten und forderte die Richter auf, ihr Einverständnis
mit dieser Zusammensetzung oder ihre etwaigen anderweitigen Wünsche anzugeben.
Die Richter hatten keine Zeit gehabt, sich früher mit den andern
Gemeindemitgliedern zu besprechen; was sie also sagten, waren eigentlich nur
ihre persönlichen Wünsche und Ansichten. Wenn sie aber auch die nöthige Zeit zur
Rücksprache gehabt hätten, so wäre es ihnen doch unmöglich gewesen, die wahre
Ansicht der Majorität der Gemeindeglieder zu eruiren, indem sich diese damals
noch nicht klar herausgestellt hatte und auch nicht herausstellen
konnte.
Viel erfahrenere und gescheidtere Leute als wir haben es stets
gesagt und sagen es fortwährend, daß es unendlich schwer ist, sich in neue
Anstalten, neue Einrichtungen, die erst auf dem Papiere sind, hineinzudenken;
daß man sich, um sie vollkommen aufzufassen, nothwendig in sie hineinleben, sie
also thatsächlich versuchen muß. Wie wäre es nun uns einfachen Landsleuten
möglich gewesen, uns in das Gemeindegesetz vom 17. März 18492schon im Sommer desselben Jahres so
hineingedacht zu haben, daß wir uns klar gewesen wären, ob die Bildung sehr
großer Gemeinden oder mittelgroßer Gemeinden oder endlich die Erhaltung der
alten kleinen Gemeinden vortheilhafter für uns sei. Trotz dieser Unmöglichkeit
wurden doch die obbenannten Richter von ihrer inneren Scheu vor plötzlichen
großartigen Änderungen ziemlich richtig geleitet und sprachen sich dahin aus,
daß zwar jede der alten Gemeinden am liebsten für sich allein bliebe, daß sie
aber mit dem ihnen bekannt gegebenen Vorschlage einverstanden seien, wenn ihr
obiger Wunsch nicht erfüllt werden könnte. So viel wir uns erinnern, war damals
darauf angetragen, daß die Ortschaften: Liblin – Libstein
[Liebstein] – Bujesil –
Wrch – Lhotka –
Kockow – der ehemaligen Herrschaft
Liblin und die Ortschaften:
Rakolaus – Rohy –
Kraschau – Brodeslad –
Kozojed – Borek – Wschrd
[Všehrdy] –
Lednitz – Unterhradischt – der
ehemaligen Herrschaft Plaß – zusammen eine
neue Gemeinde bilden sollen, welche einen Grundbesitz von 9.125 Joch haben und
2.759 Seelen zählen würde.
Unterm 15. September vorigen Jahres erschien auch
der von dem damaligen Pilsner Herrn
Kreishauptmann Fortwängler
unterschriebene Ausweis über die zusammengesetzten selbstständigen Gemeinden des
Pilsner Kreises und in diesem Ausweise
war die Gemeinde „Liblin“ oder
„Kozojed“ thatsächlich so aufgeführt, wie wir es oben
angegeben haben. Von diesem Zeitpunkte an haben wir über die Konstituirung der
neuen Gemeinde nichts mehr gehört, bis wir im Anfange des heurigen Prüfjahres
zur Bezirkshauptmannschaft nach Kralowitz vorgerufen und
uns dort bekannt gemacht wurde, daß sich die Gemeinde
Liblin aus den Ortschaften Ober- und Unterliblin,
Bujesil, Lhotka und
Kotzkow zu konstiuiren und unsere Richter die
Ausweise über alle jene, welche nicht unter 1 fl CM Steuer zahlen, einzusenden
haben.
Von den meisten Anwesenden wurde wieder verlautet, daß es am besten
wäre, wenn jede Gemeinde für sich selbstständig bliebe; jedoch wurde gegen die
Vereinigung nicht feierlich protestirt, ja sogar der Termin, bis Ende April, bis
wohin wir es noch hätten thun können, von uns versäumt.
Eines Theils waren
wir, wie gesagt, mit der ganzen neuen Einrichtung noch zu wenig bekannt,
anderertheils scheuten wir uns, den Behörden in irgend etwas Hindernisse zu
machen, weil wir ihre Bestrebungen, Gesetz und Ordnung in ihr Recht schnell
möglichst einzusetzen, mit Dank anerkennen.
Am 20. vorigen Monats fand die
Wahl statt. Seit dieser Zeit haben wir uns nun in das Gesetz und in die
Wirklichkeit etwas hineingelebt und es ist uns schon jetzt vollkommen klar
geworden:
A. daß das Gesetz vom 17. März 1849 nur bei sehr großen Gemeinden,
auf keinen Fall aber bei mittelgroßen ausführbar sei.
B. daß bei ganz
kleinen Gemeinden die Unausführbarkeit des Gesetzes zwar dieselbe wie bei
mittelgroßen ist, die weitern üblen Folgen aber dennoch nicht in der Art
schädlich sind wie bei mittelgroßen, und daß die ganz kleinen Gemeinden am
ersten noch die Möglichkeit biethen können, aus diesem Wirrnis bald
herauszukommen und seinen verderblichen Folgen möglichst vorzubeugen.
Ad
A.
1. Sämmtliche Gemeindeglieder der alten Gemeinden
Liblin, mit Ausnahme des Herrn Grafen Wurmbrand, zahlen
270 fl 27 kr Haus-, Grund- und Erwerbsteuer und besitzen 209 Joch 1.275
Quadratklafter. Die frühere Obrigkeit, das jetzige Gemeindeglied Herr Wilhelm Graf Wurmbrand,
zahlt aber allein 444 fl 4 kr und besitzt 876 Joch 1.385 Quadratklafter. Hat er
im Ausschuße nicht mehr zu sagen als ein Ausschußmitglied von uns (wenn
Liblin nämlich in der Größe der früheren Gemeinde
bleibt), so muß er zu allen Einrichtungen, die es uns zu treffen, zu allen
Zahlungen, die es uns auszuschreiben beliebt, 2/3 zahlen, wenn er auch für seine
Person nicht den mindesten Nutzen, ja vielleicht noch Unannehmlichkeit und
Schaden davon hat; und wenn wir ihn nicht zum Ausschußmitgliede gewählt hätten,
so wäre er im Ausschuße gar nicht vertreten. Wir müßten Räuber sein, um uns ein
solches Verhältnis zu ihm zu wünschen und wir müßten Narren sein, um zu glauben,
daß ein solches Verhältnis Bestand haben könne. Würde aber des Herrn Grafen Stimme in dem
Verhältnisse ins Gewicht fallen, in welchem Verhältnisse seine Steuer und sein
Grund zu unserer Steuer und zu unserem Grunde stehen, so würde er im
Gemeinderathe unser absoluter Herr werden; denn er hätte dann für seine Meinung
stets, wenn auch niemand von uns mit ihm stimmt, eine Majorität von 2/3
Stimmen.
Das eine ist so ungerecht und unbillig wie das andere; beides aber
liegt in der Zuweisung einzelner großer Grundbesitzer zu kleinen Gemeinden. Bei
mittleren Gemeinden ist das Verhältnis etwas, aber nicht viel besser.
Bei
der Gemeinde Liblin, wie sie am 20. vorigen Monat
konstituirt wurde, und die eine solche mittelgroße Gemeinde wäre, entfallen auf
Herrn Grafen
Wurmbrand 523 fl 3 kr, an die übrigen Gemeindeglieder 1.070 fl 34
1/2 kr an Steuer. Er hat also als Gemeindebürger nur 1/96, als Ausschuß nur 1/8
Recht; von der Pflicht aber hat er ein Drittheil. Diese Unbilligkeit kann nur
bei sehr großen Gemeinden und da nur theilweise ausgeglichen werden; bei
mittleren und kleinen Gemeinden bleibt sie etwas mehr oder weniger, immerhin
aufrecht erhalten; und aus einer Unbilligkeit in der Gemeinde kann der Gemeinde
selbst kein Heil erwachsen.
2. Dem Gemeindevorstande ist ein großer Theil
jener Obliegenheiten übertragen, welche früher dem politischen Amtmanne und dem
Steuereinnehmer zustanden. Wir haben von diesen Geschäften genug Kenntnis, um zu
wissen, daß sie eine gewisse Vorbildung, gewisse Studien und eine gewisse
Geläufigkeit erfordern, welche keiner von uns besitzt. Wir wissen zwar sehr gut,
daß in der ganzen Gegend herum Männer das Amt eines Vorstandes übernommen haben,
welche eben so wenig im Stande sind, den Obliegenheiten, welche das Gesetz vom
Vorstande fordert, nachzukommen, als (mit sehr wenigen Ausnahmen) einer von uns
ihnen nachzukommen im Stande wäre; der einzige Unterschied zwischen ihnen und
uns ist der, daß wir schon jetzt die Überzeugung gewonnen haben, wie wir den
Gesetzesanforderungen als Vorstände nicht genügen könnten und ihnen diese
Überzeugung erst später in Folge bitterer Erfahrungen und schmerzlicher
Enttäuschungen werden wird. Wir haben ferner genug gesunden Menschenverstand, um
uns selbst ganz richtig prophezeien zu können, wohin dieser Zustand führen kann,
wohin er führen muß.
Wo die Gemeindevorsteher im Rechnungswesen, in der
durchaus nöthigen schriftlichen Korrespondenz mit den k.k. Behörden in Kenntnis
dieser Masse von Polizei- und Sanitätsvorschriften nicht genügen werden; wo die
Vorsteher trotz des besten Willens und hie und da selbst trotz einer genügenden
Fähigkeit ihrer Obliegenheiten nicht werden nachkommen können, weil sie ihnen
ihre ganze Zeit widmen, ihre eigenen Geschäfte vernachlässigen und mit Haus und
Hof zu Grunde gehen müßten, überall da wird in sehr kurzer Zeit Unordnung und
Gesetzlosigkeit, Zwist und Hader einreißen und das Gemeindevermögen, welches aus
der Vormundschaft emanzipirt werden sollte, wird eben so reißend schnell
verschwinden, als der Unfug des Bettelwesens einerseits und die Hilflosigkeit
der wahren Armen andererseits schon unläugbar zugenommen hat. Je länger diese
Übelstände dauern, je ärger müssen sie werden, bis endlich die Regierung nicht
länger gleichgültig zusehen können wird. Was wird, was kann aber die Regierung
dann thun? Nichts anderes als die frühere Bevormundung wieder einführen und zu
diesem Behufe eine Masse neuer Beamten einsetzen! Dann werden wir statt der
alten obrigkeitlichen Ämter neue kaiserliche Exposituren haben, von welch
letztern ohnedies schon seit Jahr und Tag überall viel gesprochen wird, und dies
wird der erste Unterschied sein. Der zweite Unterschied wird darin bestehen,
daß, wenn wir uns über die kg. Exposituren bei der k. Bezirkshauptmannschaft
oder der k. Kreisregierung beklagen werden, wir den jüngern Bruder beim ältern
verklagen und dieser gegen den erstern nicht allzu streng verfahren wird,
während früher die Patrimonialämter und die Kreisämter, wenn nicht Feinde, doch
wenigstens Nebenbuhler und auf keinen Fall Kinder derselben Familie
waren.
Der dritte und Hauptunterschied wird aber darin bestehen, daß diese
Masse von Beamten, welche früher von 5–600 Obrigkeiten gezahlt wurden, künftig
von uns werden gezahlt werden müssen. Alle diese Übelstände sind die
nothwendigen Folgen der Konstituirung mittelgroßer Gemeinden. Wir können uns
also von diesen so wie überhaupt von einer Halbheit kein Heil
versprechen.
Ad B.
Eine der schrecklichsten Geburten der mittelgroßen
Gemeinden ist die Zwietracht und Eifersucht, welche zwischen den verschiedenen
Ortschaften bei jedem Anlasse entstehet, wie ein Waldstrom von Tag zu Tag
anschwillt und endlich im bittern Haß ausarten würde. Durch Jahrhunderte leben
die Ortschaften Liblin, Bujesil
und Lhotka in Friede und Eintracht; seit der Zeit aber,
als ihnen bekannt gegeben wurde, daß sie eine Gemeinde bilden und unter dem
Namen „Vorstand“ thatsächlich doch einen und denselben Richter haben müssen,
was, man möge hierüber noch so schöne Worte von Brüderlichkeit usw. machen,
immerhin eine gewisse Unterordnung unter die Ortschaft, aus welcher der Richter
ist, involviret, – seit dieser Zeit ist dieses Verhältnis gestört und seit den
14 Tagen, wo die benannten Ortschaften bereits thatsächlich unter einem Richter
stehen, ist es leider schon ein unfreundliches, wenn auch noch nicht geradezu
ein feindseliges geworden.
Erhält es sich durch längere Zeit auf dem
Standpunkte, auf dem es heute ist, so wird dies ein Glück sein; dieses Glück
werden wir aber nur dem besonderen Umstande zu danken haben, daß jede der
obgenannten Ortschaften die Hoffnung heget nächstens als selbstständige Gemeinde
konstituirt zu werden.
Die kleinen Gemeinden können, wie gesagt,
rücksichtlich der den sogenannten freien Gemeinden übertragenen neuen Geschäfte
nur hie und da und nur in wenigen Punkten entsprechen; sie können aber doch (was
jedoch den mittelgroßen eben so unmöglich ist wie den obangeführten
Obliegenheiten nachzukommen) in ihrem eigenen Hause Zucht und Ordnung erhalten;
ihre Konstituirung kann endlich den Anlaß geben, die zwischen den Staatsbehörden
und den alten Dorfrichtern (denn mit Ausnahme eines andern Namens werden die
Vorsteher der kleinen neuen Gemeinden doch nichts anderes als die alten
Dorfrichter sein) fehlende Behörde ins Leben zu rufen.
Wir haben es sehr
bedauert, daß das hohe Ministerium von seiner im Gesetze vom 17. März 1849 so
klar ausgesprochenen Absicht, große Gemeinden zu errichten, aus uns unbekannten
Ursachen abgegangen ist. Daß es geschehen sei, weil ein Paar Zeitungsschreiber
dagegen geschrieben haben, ein paar Leute, die ihre Meinung für den Willen des
Volkes ausgaben, ohne vom Volke, am wenigsten von uns Landbewohnern, irgend eine
Vollmacht zu haben, das können wir von den ersten Räthen unsers Kaisers und
Herrn unmöglich glauben. Daß aber das hohe Ministerium jetzt andere Gemeinden
konstituiren ließ, als ihm am 17. März 1849 vor Augen geschwebt haben müssen,
dies ist richtig. Nachdem wir nun diese Überzeugung hatten, daß es von den
großen Gemeinden wieder abgekommen sei, entwerfen wir uns in unserer Einfalt ein
Bild, wie denn das Gemeindewesen mit Berücksichtigung unserer Sitten,
Gewohnheiten und Bedürfnisse, unserer guten Eigenschaften, aber auch unserer
Fehler und Schwächen, mit welchen wir natürlich besser bekannt sind als irgend
jemand anderer, am besten eingerichtet werden könnte.
Wir hätten es nie
gewagt, unsere Ansicht hierüber zu veröffentlichen; nach den Erfahrungen aber,
die wir sowohl an uns als auch an unsern Nachbarn in der ganzen Umgegend
rücksichtlich der Gemeindekonstituirungen gemacht haben, scheint es uns, daß
unsere Ansicht keine unrichtige ist und daß deren Durchführung dem Zwecke,
welchen das hohe Ministerium bei Erlaß des Gemeindegesetzes vor Augen hatte,
wahrscheinlich besser entsprechen dürfte, als alles, was bis jetzt geschehen
ist, selbst als das Patent vom 17. März 1849.
In den kleinen Gemeinden
wurden allerdings seit jeher und werden auch jetzt noch wenigstens gemeiniglich
die intelligentesten Männer zu Dorfrichtern gewählt. Ihre Intelligenz und ihre
Kenntnisse genügten für den Dorfrichter, sie genügen aber nicht für den heutigen
Vorstand. Die alten Dorfrichter waren aber nicht nur die Intelligentesten,
sondern sie waren auch gemeiniglich unter den Wohlhabendsten. Dies ist auch
natürlich, denn wer intelligent ist, verbessert und vermehrt sein Vermögen ganz
leicht, während dies einem Unintelligenten gar nicht oder nur sehr schwer oder
selten gelingt. Wer aber wohlhabend ist, kann seinen Kindern eine bessere
Erziehung geben lassen und wer eine bessere Erziehung genossen und mehr gelernt
hat, kann leicht gescheidter und intelligenter sein als ein anderer, dem der
liebe Gott dieses Glück nicht beschert hat. Eben weil wir einfache Landbewohner,
aber deshalb doch reife Männer sind, sehen wir vollkommen ein, wie Vermögen und
Intelligenz stets einen Unterschied zwischen den Menschen hervorgerufen haben
und stets hervorrufen werden; ferner, daß es nicht nur billig, sondern zum
allgemeinen Wohle unumgänglich nöthig ist, daß diejenigen, welche von dem einen
oder dem andern, um so mehr also jene, welche von beiden obgenannten Gütern am
meisten besitzen, auch am meisten zu sagen haben sollen.
Wenn nun unsere
intelligentesten und wohlhabendsten Männer, nämlich unsere Dorfrichter und die
ehemaligen Herrschaften, als größere Grundbesitzer (welche für sich selbständige
Gemeinden bilden könnten, wodurch der von uns oberwähnten Unbilligkeit
vorgebeugt würde) im Umkreise von z. B. 1 Quadratmeile zusammentreten und einen
Friedensrichter (welcher deshalb nicht auch Dorfrichter sein müßte, aber wohl
sein könnte) für alle ihre Dörfer zusammen wählen würden, so könnten diesem jene
Obliegenheiten übertragen werden, die ein Gemeindevorstand nach dem neuen
Gesetze besorgen soll und unsere alten Richter nicht besorgen können, während
den eigentlichen Dorfrichtern das, was sie bis jetzt besorgt haben und was die
Ortschaften nicht gern aus der Hand geben, endlich hie und da noch etwas mehr
verbleiben könnte. Fänden die Dorfrichter nun jemanden, der die
Friedensrichterstelle unentgeltlich versehen würde, so wäre dies ein Gewinn für
die Gemeinden; fänden sie keinen, so müßten sie einen besolden. Diese Besoldung
aber auf alle Dörfer in einer Quadratmeile nach dem Steuergulden vertheilt,
würde den Gemeinden sehr leicht zu ertragen und im Vergleiche mit den Übeln,
welche ihnen nach der jetzigen Einrichtung bevorstehen und welchen durch den
Friedensrichter vorgebeugt würde, wahrscheinlich noch eine Ersparnis sein. Der
Friedensrichter, welcher, wenn er selbst ein Ansäßiger und Begüteter ist, wohl
kaum einen Gehalt und höchstens Vergütung seiner baaren Auslagen annehmen würde,
könnte und würde im entgegengesetzten Falle mit einem nicht bedeutenden Gehalte
vorlieb nehmen, um so mehr, als das Zeitraubendste und Kleinlichste3
Unsere Bitte
ist:
„Das hohe Ministerium wolle anordnen, daß die zwei Ortschaften
Liblin und Bujesil, welche bis
jetzt eine und dieselbe Katastralgemeinde bilden, sich als zwei selbstständige
Gemeinden konstituiren können.“
Die Gründe, welche wir zur Bekräftigung
dieser Bitte noch insbesondere anführen, sind:4
Wir erlauben uns einem hohen Ministerium schlüßlich an [sic!] noch zu bemerken, wie unsere Äußerung, wir seien einfache Landleute dadurch nicht Lügen gestraft wird, daß wir eine Bittschrift einsenden, die so einfache Leute als wir zu sein behaupten, nicht leicht hätten verfassen können. Sie ist auch nicht von uns selbst, sondern vom Herrn Wilh[elm] Grafen Wurmbrand verfaßt worden. Nachdem er sich bei der ganzen Gemeindekonstituirung und dem Wahlakte vollkommen neutral verhalten hatte und dies ferner auch in allem, was die Zusammensetzung und Wahl anbelangt, thun wollte, hat er unsern dringenden Bitten und unserer Vorstellung, daß wir uns sonst um theueres Geld an einen Fremden wenden müßten, nachgegeben. Wenn nun die vorliegende Schrift auch seine Worte sind, so enthaltet sie nicht desto weniger unsere Gedanken, unsere Ansichten und Meinungen, die ihm während eines 17jährlichen Aufenthaltes unter uns und durch viele Rücksprachen und Berathungen, welche wir namentlich in den letzten zwei Jahren mit ihm gepflogen haben, genau bekannt geworden sind. Wir haben auch nicht blind unterschrieben, sondern haben das Ganze vorerst genau mit ihm besprochen, sodann aufmerksam gelesen und nochmals wohl überdacht, bevor wir es unterzeichneten.
Liblin, den 6. Sept. 1850