Gemeindemitglieder von Liblin an den Ministerrat
Liblin, 6. September 1850
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Regest

Die Gemeindemitglieder von Liblin legen dem Ministerrat ihre Erfahrungen mit dem neuen Gemeindegesetz vor und bitten, die jetzt vereinten Orte Liblin und Bujesil in selbständige Gemeinden umzuwandeln. Das Gemeindegesetz vom 17. März 1849 bestimmte, dass sich die ehemaligen Ortschaften der Herrschaft Liblin und jene der Herrschaft Plaß zu einer Gemeinde zusammenschließen sollten. Die Gemeindemitglieder von Liblin sind nun nach der Konstituierung der Gemeinde 'Liblin' davon überzeugt, dass das Gesetz nur bei großen Gemeinden, nicht aber bei mittelgroßen und kleinen Gemeinden durchführbar sei. Die negativen Folgen des Gemeindegesetzes würden sich vor allem bei mittelgroßen Gemeinden zeigen. So sind sie davon überzeugt, dass die Einbeziehung von einzelnen Großgrundbesitzern – in diesem Fall des Grafen Wurmbrand – in kleine bzw. mittelgroße Gemeinden ein ungleiches Verhältnis bei der Steuerzahlung hervorrufe, was das gute Verhältnis der Gemeindemitglieder zum Grafen beeinträchtigen werde. Durch die Zusammenfassung zu einer Gemeinde habe sich außerdem unter den einzelnen Ortschaften bereits ein beinahe feindliches Verhältnis entwickelt. Ein weiteres Problem sehen die Verfasser darin, dass die bisherigen Dorfrichter den neuen Ansprüchen für das Amt des Gemeindevorstandes nicht mehr genügen.

Anmerkungen zum Dokument

Beilage: Dieselbe Bittschrift in Tschechisch.1

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DC05-8

Schlagworte

Edierter Text

Hohes k.k. Gesammtministerium!

Vor beiläufig einem Jahre erschien der damalige Pilsner Herr Kreiskommissär Ritter von Merkl [Merkel] bei dem damaligen Herrschaft Libliner Amte, berief die Ortsrichter mehrerer Gemeinden, welche zur ehemaligen Herrschaft Liblin gehörten, zusammen; machte ihnen bekannt, aus welchen Ortschaften und alten Gemeinden die neuen großen Gemeinden zusammengesetzt werden sollten und forderte die Richter auf, ihr Einverständnis mit dieser Zusammensetzung oder ihre etwaigen anderweitigen Wünsche anzugeben. Die Richter hatten keine Zeit gehabt, sich früher mit den andern Gemeindemitgliedern zu besprechen; was sie also sagten, waren eigentlich nur ihre persönlichen Wünsche und Ansichten. Wenn sie aber auch die nöthige Zeit zur Rücksprache gehabt hätten, so wäre es ihnen doch unmöglich gewesen, die wahre Ansicht der Majorität der Gemeindeglieder zu eruiren, indem sich diese damals noch nicht klar herausgestellt hatte und auch nicht herausstellen konnte.
Viel erfahrenere und gescheidtere Leute als wir haben es stets gesagt und sagen es fortwährend, daß es unendlich schwer ist, sich in neue Anstalten, neue Einrichtungen, die erst auf dem Papiere sind, hineinzudenken; daß man sich, um sie vollkommen aufzufassen, nothwendig in sie hineinleben, sie also thatsächlich versuchen muß. Wie wäre es nun uns einfachen Landsleuten möglich gewesen, uns in das Gemeindegesetz vom 17. März 18492schon im Sommer desselben Jahres so hineingedacht zu haben, daß wir uns klar gewesen wären, ob die Bildung sehr großer Gemeinden oder mittelgroßer Gemeinden oder endlich die Erhaltung der alten kleinen Gemeinden vortheilhafter für uns sei. Trotz dieser Unmöglichkeit wurden doch die obbenannten Richter von ihrer inneren Scheu vor plötzlichen großartigen Änderungen ziemlich richtig geleitet und sprachen sich dahin aus, daß zwar jede der alten Gemeinden am liebsten für sich allein bliebe, daß sie aber mit dem ihnen bekannt gegebenen Vorschlage einverstanden seien, wenn ihr obiger Wunsch nicht erfüllt werden könnte. So viel wir uns erinnern, war damals darauf angetragen, daß die Ortschaften: Liblin – Libstein [Liebstein] – BujesilWrchLhotkaKockow – der ehemaligen Herrschaft Liblin und die Ortschaften: RakolausRohyKraschauBrodesladKozojedBorek – Wschrd [Všehrdy] – LednitzUnterhradischt – der ehemaligen Herrschaft Plaß – zusammen eine neue Gemeinde bilden sollen, welche einen Grundbesitz von 9.125 Joch haben und 2.759 Seelen zählen würde.
Unterm 15. September vorigen Jahres erschien auch der von dem damaligen Pilsner Herrn Kreishauptmann Fortwängler unterschriebene Ausweis über die zusammengesetzten selbstständigen Gemeinden des Pilsner Kreises und in diesem Ausweise war die Gemeinde „Liblin“ oder „Kozojed“ thatsächlich so aufgeführt, wie wir es oben angegeben haben. Von diesem Zeitpunkte an haben wir über die Konstituirung der neuen Gemeinde nichts mehr gehört, bis wir im Anfange des heurigen Prüfjahres zur Bezirkshauptmannschaft nach Kralowitz vorgerufen und uns dort bekannt gemacht wurde, daß sich die Gemeinde Liblin aus den Ortschaften Ober- und Unterliblin, Bujesil, Lhotka und Kotzkow zu konstiuiren und unsere Richter die Ausweise über alle jene, welche nicht unter 1 fl CM Steuer zahlen, einzusenden haben.
Von den meisten Anwesenden wurde wieder verlautet, daß es am besten wäre, wenn jede Gemeinde für sich selbstständig bliebe; jedoch wurde gegen die Vereinigung nicht feierlich protestirt, ja sogar der Termin, bis Ende April, bis wohin wir es noch hätten thun können, von uns versäumt.
Eines Theils waren wir, wie gesagt, mit der ganzen neuen Einrichtung noch zu wenig bekannt, anderertheils scheuten wir uns, den Behörden in irgend etwas Hindernisse zu machen, weil wir ihre Bestrebungen, Gesetz und Ordnung in ihr Recht schnell möglichst einzusetzen, mit Dank anerkennen.
Am 20. vorigen Monats fand die Wahl statt. Seit dieser Zeit haben wir uns nun in das Gesetz und in die Wirklichkeit etwas hineingelebt und es ist uns schon jetzt vollkommen klar geworden:
A. daß das Gesetz vom 17. März 1849 nur bei sehr großen Gemeinden, auf keinen Fall aber bei mittelgroßen ausführbar sei.
B. daß bei ganz kleinen Gemeinden die Unausführbarkeit des Gesetzes zwar dieselbe wie bei mittelgroßen ist, die weitern üblen Folgen aber dennoch nicht in der Art schädlich sind wie bei mittelgroßen, und daß die ganz kleinen Gemeinden am ersten noch die Möglichkeit biethen können, aus diesem Wirrnis bald herauszukommen und seinen verderblichen Folgen möglichst vorzubeugen.
Ad A.
1. Sämmtliche Gemeindeglieder der alten Gemeinden Liblin, mit Ausnahme des Herrn Grafen Wurmbrand, zahlen 270 fl 27 kr Haus-, Grund- und Erwerbsteuer und besitzen 209 Joch 1.275 Quadratklafter. Die frühere Obrigkeit, das jetzige Gemeindeglied Herr Wilhelm Graf Wurmbrand, zahlt aber allein 444 fl 4 kr und besitzt 876 Joch 1.385 Quadratklafter. Hat er im Ausschuße nicht mehr zu sagen als ein Ausschußmitglied von uns (wenn Liblin nämlich in der Größe der früheren Gemeinde bleibt), so muß er zu allen Einrichtungen, die es uns zu treffen, zu allen Zahlungen, die es uns auszuschreiben beliebt, 2/3 zahlen, wenn er auch für seine Person nicht den mindesten Nutzen, ja vielleicht noch Unannehmlichkeit und Schaden davon hat; und wenn wir ihn nicht zum Ausschußmitgliede gewählt hätten, so wäre er im Ausschuße gar nicht vertreten. Wir müßten Räuber sein, um uns ein solches Verhältnis zu ihm zu wünschen und wir müßten Narren sein, um zu glauben, daß ein solches Verhältnis Bestand haben könne. Würde aber des Herrn Grafen Stimme in dem Verhältnisse ins Gewicht fallen, in welchem Verhältnisse seine Steuer und sein Grund zu unserer Steuer und zu unserem Grunde stehen, so würde er im Gemeinderathe unser absoluter Herr werden; denn er hätte dann für seine Meinung stets, wenn auch niemand von uns mit ihm stimmt, eine Majorität von 2/3 Stimmen.
Das eine ist so ungerecht und unbillig wie das andere; beides aber liegt in der Zuweisung einzelner großer Grundbesitzer zu kleinen Gemeinden. Bei mittleren Gemeinden ist das Verhältnis etwas, aber nicht viel besser.
Bei der Gemeinde Liblin, wie sie am 20. vorigen Monat konstituirt wurde, und die eine solche mittelgroße Gemeinde wäre, entfallen auf Herrn Grafen Wurmbrand 523 fl 3 kr, an die übrigen Gemeindeglieder 1.070 fl 34 1/2 kr an Steuer. Er hat also als Gemeindebürger nur 1/96, als Ausschuß nur 1/8 Recht; von der Pflicht aber hat er ein Drittheil. Diese Unbilligkeit kann nur bei sehr großen Gemeinden und da nur theilweise ausgeglichen werden; bei mittleren und kleinen Gemeinden bleibt sie etwas mehr oder weniger, immerhin aufrecht erhalten; und aus einer Unbilligkeit in der Gemeinde kann der Gemeinde selbst kein Heil erwachsen.
2. Dem Gemeindevorstande ist ein großer Theil jener Obliegenheiten übertragen, welche früher dem politischen Amtmanne und dem Steuereinnehmer zustanden. Wir haben von diesen Geschäften genug Kenntnis, um zu wissen, daß sie eine gewisse Vorbildung, gewisse Studien und eine gewisse Geläufigkeit erfordern, welche keiner von uns besitzt. Wir wissen zwar sehr gut, daß in der ganzen Gegend herum Männer das Amt eines Vorstandes übernommen haben, welche eben so wenig im Stande sind, den Obliegenheiten, welche das Gesetz vom Vorstande fordert, nachzukommen, als (mit sehr wenigen Ausnahmen) einer von uns ihnen nachzukommen im Stande wäre; der einzige Unterschied zwischen ihnen und uns ist der, daß wir schon jetzt die Überzeugung gewonnen haben, wie wir den Gesetzesanforderungen als Vorstände nicht genügen könnten und ihnen diese Überzeugung erst später in Folge bitterer Erfahrungen und schmerzlicher Enttäuschungen werden wird. Wir haben ferner genug gesunden Menschenverstand, um uns selbst ganz richtig prophezeien zu können, wohin dieser Zustand führen kann, wohin er führen muß.
Wo die Gemeindevorsteher im Rechnungswesen, in der durchaus nöthigen schriftlichen Korrespondenz mit den k.k. Behörden in Kenntnis dieser Masse von Polizei- und Sanitätsvorschriften nicht genügen werden; wo die Vorsteher trotz des besten Willens und hie und da selbst trotz einer genügenden Fähigkeit ihrer Obliegenheiten nicht werden nachkommen können, weil sie ihnen ihre ganze Zeit widmen, ihre eigenen Geschäfte vernachlässigen und mit Haus und Hof zu Grunde gehen müßten, überall da wird in sehr kurzer Zeit Unordnung und Gesetzlosigkeit, Zwist und Hader einreißen und das Gemeindevermögen, welches aus der Vormundschaft emanzipirt werden sollte, wird eben so reißend schnell verschwinden, als der Unfug des Bettelwesens einerseits und die Hilflosigkeit der wahren Armen andererseits schon unläugbar zugenommen hat. Je länger diese Übelstände dauern, je ärger müssen sie werden, bis endlich die Regierung nicht länger gleichgültig zusehen können wird. Was wird, was kann aber die Regierung dann thun? Nichts anderes als die frühere Bevormundung wieder einführen und zu diesem Behufe eine Masse neuer Beamten einsetzen! Dann werden wir statt der alten obrigkeitlichen Ämter neue kaiserliche Exposituren haben, von welch letztern ohnedies schon seit Jahr und Tag überall viel gesprochen wird, und dies wird der erste Unterschied sein. Der zweite Unterschied wird darin bestehen, daß, wenn wir uns über die kg. Exposituren bei der k. Bezirkshauptmannschaft oder der k. Kreisregierung beklagen werden, wir den jüngern Bruder beim ältern verklagen und dieser gegen den erstern nicht allzu streng verfahren wird, während früher die Patrimonialämter und die Kreisämter, wenn nicht Feinde, doch wenigstens Nebenbuhler und auf keinen Fall Kinder derselben Familie waren.
Der dritte und Hauptunterschied wird aber darin bestehen, daß diese Masse von Beamten, welche früher von 5–600 Obrigkeiten gezahlt wurden, künftig von uns werden gezahlt werden müssen. Alle diese Übelstände sind die nothwendigen Folgen der Konstituirung mittelgroßer Gemeinden. Wir können uns also von diesen so wie überhaupt von einer Halbheit kein Heil versprechen.
Ad B.
Eine der schrecklichsten Geburten der mittelgroßen Gemeinden ist die Zwietracht und Eifersucht, welche zwischen den verschiedenen Ortschaften bei jedem Anlasse entstehet, wie ein Waldstrom von Tag zu Tag anschwillt und endlich im bittern Haß ausarten würde. Durch Jahrhunderte leben die Ortschaften Liblin, Bujesil und Lhotka in Friede und Eintracht; seit der Zeit aber, als ihnen bekannt gegeben wurde, daß sie eine Gemeinde bilden und unter dem Namen „Vorstand“ thatsächlich doch einen und denselben Richter haben müssen, was, man möge hierüber noch so schöne Worte von Brüderlichkeit usw. machen, immerhin eine gewisse Unterordnung unter die Ortschaft, aus welcher der Richter ist, involviret, – seit dieser Zeit ist dieses Verhältnis gestört und seit den 14 Tagen, wo die benannten Ortschaften bereits thatsächlich unter einem Richter stehen, ist es leider schon ein unfreundliches, wenn auch noch nicht geradezu ein feindseliges geworden.
Erhält es sich durch längere Zeit auf dem Standpunkte, auf dem es heute ist, so wird dies ein Glück sein; dieses Glück werden wir aber nur dem besonderen Umstande zu danken haben, daß jede der obgenannten Ortschaften die Hoffnung heget nächstens als selbstständige Gemeinde konstituirt zu werden.
Die kleinen Gemeinden können, wie gesagt, rücksichtlich der den sogenannten freien Gemeinden übertragenen neuen Geschäfte nur hie und da und nur in wenigen Punkten entsprechen; sie können aber doch (was jedoch den mittelgroßen eben so unmöglich ist wie den obangeführten Obliegenheiten nachzukommen) in ihrem eigenen Hause Zucht und Ordnung erhalten; ihre Konstituirung kann endlich den Anlaß geben, die zwischen den Staatsbehörden und den alten Dorfrichtern (denn mit Ausnahme eines andern Namens werden die Vorsteher der kleinen neuen Gemeinden doch nichts anderes als die alten Dorfrichter sein) fehlende Behörde ins Leben zu rufen.
Wir haben es sehr bedauert, daß das hohe Ministerium von seiner im Gesetze vom 17. März 1849 so klar ausgesprochenen Absicht, große Gemeinden zu errichten, aus uns unbekannten Ursachen abgegangen ist. Daß es geschehen sei, weil ein Paar Zeitungsschreiber dagegen geschrieben haben, ein paar Leute, die ihre Meinung für den Willen des Volkes ausgaben, ohne vom Volke, am wenigsten von uns Landbewohnern, irgend eine Vollmacht zu haben, das können wir von den ersten Räthen unsers Kaisers und Herrn unmöglich glauben. Daß aber das hohe Ministerium jetzt andere Gemeinden konstituiren ließ, als ihm am 17. März 1849 vor Augen geschwebt haben müssen, dies ist richtig. Nachdem wir nun diese Überzeugung hatten, daß es von den großen Gemeinden wieder abgekommen sei, entwerfen wir uns in unserer Einfalt ein Bild, wie denn das Gemeindewesen mit Berücksichtigung unserer Sitten, Gewohnheiten und Bedürfnisse, unserer guten Eigenschaften, aber auch unserer Fehler und Schwächen, mit welchen wir natürlich besser bekannt sind als irgend jemand anderer, am besten eingerichtet werden könnte.
Wir hätten es nie gewagt, unsere Ansicht hierüber zu veröffentlichen; nach den Erfahrungen aber, die wir sowohl an uns als auch an unsern Nachbarn in der ganzen Umgegend rücksichtlich der Gemeindekonstituirungen gemacht haben, scheint es uns, daß unsere Ansicht keine unrichtige ist und daß deren Durchführung dem Zwecke, welchen das hohe Ministerium bei Erlaß des Gemeindegesetzes vor Augen hatte, wahrscheinlich besser entsprechen dürfte, als alles, was bis jetzt geschehen ist, selbst als das Patent vom 17. März 1849.
In den kleinen Gemeinden wurden allerdings seit jeher und werden auch jetzt noch wenigstens gemeiniglich die intelligentesten Männer zu Dorfrichtern gewählt. Ihre Intelligenz und ihre Kenntnisse genügten für den Dorfrichter, sie genügen aber nicht für den heutigen Vorstand. Die alten Dorfrichter waren aber nicht nur die Intelligentesten, sondern sie waren auch gemeiniglich unter den Wohlhabendsten. Dies ist auch natürlich, denn wer intelligent ist, verbessert und vermehrt sein Vermögen ganz leicht, während dies einem Unintelligenten gar nicht oder nur sehr schwer oder selten gelingt. Wer aber wohlhabend ist, kann seinen Kindern eine bessere Erziehung geben lassen und wer eine bessere Erziehung genossen und mehr gelernt hat, kann leicht gescheidter und intelligenter sein als ein anderer, dem der liebe Gott dieses Glück nicht beschert hat. Eben weil wir einfache Landbewohner, aber deshalb doch reife Männer sind, sehen wir vollkommen ein, wie Vermögen und Intelligenz stets einen Unterschied zwischen den Menschen hervorgerufen haben und stets hervorrufen werden; ferner, daß es nicht nur billig, sondern zum allgemeinen Wohle unumgänglich nöthig ist, daß diejenigen, welche von dem einen oder dem andern, um so mehr also jene, welche von beiden obgenannten Gütern am meisten besitzen, auch am meisten zu sagen haben sollen.
Wenn nun unsere intelligentesten und wohlhabendsten Männer, nämlich unsere Dorfrichter und die ehemaligen Herrschaften, als größere Grundbesitzer (welche für sich selbständige Gemeinden bilden könnten, wodurch der von uns oberwähnten Unbilligkeit vorgebeugt würde) im Umkreise von z. B. 1 Quadratmeile zusammentreten und einen Friedensrichter (welcher deshalb nicht auch Dorfrichter sein müßte, aber wohl sein könnte) für alle ihre Dörfer zusammen wählen würden, so könnten diesem jene Obliegenheiten übertragen werden, die ein Gemeindevorstand nach dem neuen Gesetze besorgen soll und unsere alten Richter nicht besorgen können, während den eigentlichen Dorfrichtern das, was sie bis jetzt besorgt haben und was die Ortschaften nicht gern aus der Hand geben, endlich hie und da noch etwas mehr verbleiben könnte. Fänden die Dorfrichter nun jemanden, der die Friedensrichterstelle unentgeltlich versehen würde, so wäre dies ein Gewinn für die Gemeinden; fänden sie keinen, so müßten sie einen besolden. Diese Besoldung aber auf alle Dörfer in einer Quadratmeile nach dem Steuergulden vertheilt, würde den Gemeinden sehr leicht zu ertragen und im Vergleiche mit den Übeln, welche ihnen nach der jetzigen Einrichtung bevorstehen und welchen durch den Friedensrichter vorgebeugt würde, wahrscheinlich noch eine Ersparnis sein. Der Friedensrichter, welcher, wenn er selbst ein Ansäßiger und Begüteter ist, wohl kaum einen Gehalt und höchstens Vergütung seiner baaren Auslagen annehmen würde, könnte und würde im entgegengesetzten Falle mit einem nicht bedeutenden Gehalte vorlieb nehmen, um so mehr, als das Zeitraubendste und Kleinlichste3
Unsere Bitte ist:
„Das hohe Ministerium wolle anordnen, daß die zwei Ortschaften Liblin und Bujesil, welche bis jetzt eine und dieselbe Katastralgemeinde bilden, sich als zwei selbstständige Gemeinden konstituiren können.“
Die Gründe, welche wir zur Bekräftigung dieser Bitte noch insbesondere anführen, sind:4

Wir erlauben uns einem hohen Ministerium schlüßlich an [sic!] noch zu bemerken, wie unsere Äußerung, wir seien einfache Landleute dadurch nicht Lügen gestraft wird, daß wir eine Bittschrift einsenden, die so einfache Leute als wir zu sein behaupten, nicht leicht hätten verfassen können. Sie ist auch nicht von uns selbst, sondern vom Herrn Wilh[elm] Grafen Wurmbrand verfaßt worden. Nachdem er sich bei der ganzen Gemeindekonstituirung und dem Wahlakte vollkommen neutral verhalten hatte und dies ferner auch in allem, was die Zusammensetzung und Wahl anbelangt, thun wollte, hat er unsern dringenden Bitten und unserer Vorstellung, daß wir uns sonst um theueres Geld an einen Fremden wenden müßten, nachgegeben. Wenn nun die vorliegende Schrift auch seine Worte sind, so enthaltet sie nicht desto weniger unsere Gedanken, unsere Ansichten und Meinungen, die ihm während eines 17jährlichen Aufenthaltes unter uns und durch viele Rücksprachen und Berathungen, welche wir namentlich in den letzten zwei Jahren mit ihm gepflogen haben, genau bekannt geworden sind. Wir haben auch nicht blind unterschrieben, sondern haben das Ganze vorerst genau mit ihm besprochen, sodann aufmerksam gelesen und nochmals wohl überdacht, bevor wir es unterzeichneten.

Liblin, den 6. Sept. 1850