Eigenhändige schriftliche Bemerkungen von Leo Thun zum provisorischen Gesetz über die Prüfung der Kandidaten des Gymnasiallehramtes vom 30. August 1849. Das Gesetz behandelt insbesondere den Unterricht in den lebenden Sprachen. Thun ist der Ansicht, dass die Lehrer zu einem vergleichenden Sprachstudium angeregt werden sollten. Seine Empfehlung geht daher dahin, zumindest eine klassische Sprache mit einer Landessprache zu kombinieren. Gleichzeitig soll die Lehrbefähigung für eine Landessprache an die Befähigung für die deutsche und die beiden klassischen Sprachen geknüpft werden.
Beilagen: Provisorisches Gesetz über die Prüfung der Kandidaten des Gymnasiallehramtes vom 30. August 1849 in gedruckter Version mit Anmerkungen Thuns sowie die Übergangsbestimmungen ebenfalls in gedruckter Version.
Soll der Unterricht in den lebenden Sprachen, d. i. der deutschen und der übrigen
Landessprachen (jene oder diese mögen als Unterrichtssprache oder als 2.
Landessprache gelehrt werden) gedeihen und für die Gesammtbildung der Jugend
förderlich werden, so ist es unerläßlich, daß in Beziehung auf Grammatik – wohl
auch Syntax – vergleichend vorgegangen werde, nämlich sowohl gegenüber der
lateinischen und griechischen, als die deutsche und die 2 Landessprache unter
einander vergleichend. Insbesondere, daß die Lehrer zu dem vergleichenden
Sprachstudium genöthiget werden, daß die Bedingung, die allein die Herstellung
zweckmäßiger Lehrbücher fördere und es möglich machen kann die Zahl der Lehrer,
die in den unteren Klassen beschäftiget werden, zu vermindern.
Deshalb wäre
wünschenswerth:
1. Kombination der vollen Befähigung für eine klassische
Sprache und einer Landessprache, nebst Befähigung für das Untergymnasium für die
2. klassische und 2. Landessprache. 2. Jedenfalls die volle Befähigung für nicht
deutsche Landessprache zu knüpfen an Befähigung für Untergymnasium in der
deutschen und beiden klassischen Sprachen.
Daher Vorschlag:
Deutsche
Sprache und andere Landessprache in das philosophische Hauptgebieth und zu
verlangen:
1. Wer sich nur für Sprache qualifizirt, muß die volle Befähigung
für 2 Sprachen erwerben (es ist aber auf die volle Qualifikation aus einer
Sprache und Geographie und Geschichte oder Mathematik zulässig.
2.
Jedenfalls ist aber die volle Qualifikation aus einer Sprache unzertrennlich von
Qualifikation fürs Untergymnasium aus mindestens noch zwei oder 3 Sprachen,
nämlich: wer Lateinisch zum Hauptgegenstand wählt, dazu für Untergymnasium
Griechisch und Deutsch und Unterrichtssprache, wenn sie eine andere als die
Deutsche ist
wer Griechisch zum Hauptgegenstande wählt: dazu für
Untergymnasium Lateinisch und Deutsch und Unterrichtssprache
wer Deutsch zum
Hauptgegenstande wählt, dazu für Untergymnasium Lateinisch und Griechisch – oder
eines von beiden und 2. Landessprache
wer eine andere Landessprache wählt,
dazu für Untergymnasium Lateinisch oder Griechisch und Deutsch
(freilich
wäre andererseits der Unterricht in der Literatur der Landessprache, auch
allgemeine Geschichte oder wenigstens österreichische sehr zu wünschen)