Überlegungen zur Aufgabe der Volksschulen
o. D. [1850/51?]1
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Regest

In dem kurzen Text wird die Aufgabe der Volksschulen in Österreich besprochen. Der ungenannte Autor betont die Rolle der Volksschule zur Heranbildung treuer Diener von Staat und Kirche und spricht sich daher auch für einige Reformen im Bereich der Volksschulen aus. Grundlage der Bildung soll der katholische Glaube und eine Erziehung zur Sittlichkeit sein. Die Volksschule soll die Voraussetzungen für die Erlernung von verschiedenen Berufen, Künsten und Wissenschaften legen. Der Autor glaubt, dass es nicht nötig sei, allen Menschen denselben Grad an Bildung zu ermöglichen, da für viele Berufe und Tätigkeiten ein geringer Bildungsstand ausreichend sei. Daher schlägt er auch eine Differenzierung im Bereich der Volksschule vor.
Im zweiten Teil geht der Schreiber auf die Anforderungen an die Lehrer ein. Auch hier gilt es zwischen niederer und höherer Volksschule zu unterscheiden. Gerade für die niederen Volksschulen genüge es, dass ein Lehrer die zu vermittelnden Kenntnisse besitze. Wichtiger erscheint es dem Autor, dass die Lehrer lokal verwurzelt seien und – ähnlich dem Pfarrer – eine sittliche Instanz des Dorfes darstellen. Gleichwohl soll ein solcher Lehrer eine Prüfung vor einer Kommission der Landesschulbehörde ablegen müssen. Zur besseren Vorbereitung der Lehrer soll ein Lehrbuch erarbeitet werden, das in einfacher Weise Inhalte, Methoden aber auch Pflichten der Lehrer zusammenfasst. Für die höheren Volksschulen empfiehlt der Autor eine bessere Ausbildung der Lehrer sowohl in praktischer als auch theoretischer Hinsicht.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Die Volksschule ist ein Gegenstand von höchster Wichtigkeit für den Staat und die Kirche.
In der Volksschule sollen treue Diener Gottes und gute Staatsbürger herangebildet werden.
Die einzig richtige, sichere und nachhaltige Grundlage aller echten Bildung ist die lebendige Ergreifung der ewigen, unveränderlichen Wahrheit.
Diese Wahrheit mitsammt den übernatürlichen Mitteln zur Kräftigung des guten Willens findet sich vollständig nur in der römisch-katholischen Kirche.
Es gibt eine Bildung, welche allen Staatsbürgern gleich nothwendig ist: Religiöser Glaube und auf ihn gegründete Sittlichkeit.
Diese Grundlage – als die Bedingung der wahren Wohlfahrt – soll auch der Staat schützen und pflegen, um so mehr der Österreichische, da fast 4/5 seiner Bürger sich zur römisch-katholischen Kirche bekennen.
Die Bildung in den verschiedenen Zweigen der Geschäfte, Fertigkeiten, Künste und Wissenschaften ist nothwendig sehr verschieden, im Grade und in der Art nach Verschiedenheit der Anlagen, des Berufes, des Amtes, der Bedürfnisse und Verhältnisse einzelner Menschen und ganzer Klassen.
Es heißt Vernunft und Erfahrung verläugnen, und ist ein ebenso vergebliches als thörichtes Unterfangen, die große Masse auf eine Stufe des Wissens und der Geschicklichkeit heben zu wollen, deren sie zur Erfüllung ihres Berufes und zur Zufriedenheit des Lebens nicht bedarf.
Dieser Grundsatz muß umso mehr bei der Volksschule festgehalten werden, da Mißgriffe auf diesem Boden allgemein verderblich wirken, und unkluge Anforderungen einen Aufwand erheischen, der schon an sich die Kräfte des Staates und der Gemeinden übersteigt.
Für die Volkschule ist daher nothwendig ein Unterschied der höheren und niederen Art zuzulassen und festzustellen.
Die unterste und allgemeinste Art ist die Volks-Grundschule, welche nebst dem Unterrichte in der Religion das Richtiglesen, das Verständlichschreiben und die Fertigkeit in den einfachen Rechnungsarten in durchaus praktischer Weise den Schülern beibringt.
In ihr ist vorzugsweise der Anschauungs-Unterricht zu pflegen, durch fortwährendes Gespräch und Unterredung den Verstand, das Urtheil und die Sprache zu üben, und so die Fertigkeit zu vermitteln, die gehabten Anschauungen und den klaren Gedanken in einer allgemeinen verständlichen, wenn auch nicht den feinern Regeln der Rechtschreibung und Wortfügung entsprechenden Weise, schriftlich auszudrücken.
Die Volksmittel- und Volkshauptschule ist mit diesem allgemein nothwendigen geringsten Grade der Bildung nicht zufrieden, sondern auf dem ersten Grunde fortbauend führt sie den Schüler durch fortgesetzte und gesteigerte Übung, durch den Vortrag mehrerer Gegenstände des Wissens, durch Bekanntmachung höherer Anschauungsweisen und weiterer Lebenskreise und Lebensverhältnisse, durch Bewegung und Übung höherer Thätigkeiten auf jene Stufe der Bildung, welche bei günstigen Anlagen und Umständen ohne Übertreibung bis zum Alter von 12 bis 15 Jahren erreicht werden kann.
Es ist von selbst klar, daß diese Verschiedenheit der Schulen auch einen verschiedenen Grad der Bildung im Lehrer bestimme.
Der Lehrer der Grundschule erscheint hinreichend befähigt, wenn er die den Schülern beizubringenden Fertigkeiten in einem höheren Grade nebst der Fähigkeit der Mittheilung und einen angemessenen Vorrath richtiger Anschauungen und Grundsätze besitzt.
Er wird mit einem sehr geringen Einkommen zufrieden und der Mann des Vertrauens und der Zuflucht sein, wenn er sich in Sitte und Lebensweise nicht als den Gegensatz der Gemeinde, sondern nur als den geschickteren und edleren beweist.
Um solche Lehrer zu bilden, sollte vorzüglich darauf gewirkt werden, taugliche Jünglinge aus der Gemeinde selbst oder doch aus ähnlichen Gemeinden zu erhalten.
Der Kandidat – wo möglich schon in seinen letzten Schuljahren dazu bezeichnet – sollte von einem geschickten Priester oder Schulmann in seiner Fortbildung geleitet und mit tauglichen Hülfsbüchern unterstützt werden.
Hat er unter der Anleitung eines geschickten Schulmannes sich emsig der eigenen Ausbildung beflissen und sich selbst in der Schule praktisch versucht, und glaubt er die nöthige Kenntniss und Geschicklichkeit zu haben, dann soll er, mit dem verschlossenen Zeugnisse über jene Sittlichkeit und bisherige Verwendung versehen, eine Prüfung vor der Prüfungskommission bestehen, welche aus einem Mitgliede der Landesschulbehörde, einem Kommissär der Schuloberaufsicht und einem tüchtigen Lehrer zusammengesetzt ist.
Bei gut bestandener Prüfung erhält er von dieser Kommission das Lehrfähigkeitszeugnis für Grundschulen, und erst nach einer wenigst dreijährigen guten Verwendung, wenn ihn der Ortsseelsorger, der Distriktsinspektor und der Landesschulinspektor für würdig erkannte, das Bestätigungsdekret.
Für diese Lehrer sollte ein Buch verfasst werden, welches
a. den erforderlichen Umfang der von ihnen bei der Prüfung geforderten Kenntnisse,
b. leicht fassliche Andeutungen über die anzuwendende Methode und
c. eine einfache Instruktion über ihre Rechte und Verpflichtungen als Lehrer enthalten.
Für die Lehrer der Mittel- und Hauptvolksschulen, denen allerdings ein entsprechender besserer Gehalt auszumitteln ist, wird als entferntere Vorbereitung die vollständige Auffassung der Gegenstände der Hauptschule von vier Klassen, und ein zweijähriger theoretisch-praktischer Lehrkurs gefordert.
In der Regel soll es der Gemeinde, welche die Schule selbst erhält, frei stehen, welche Gattung von Schule sie einhalten will. Nur wo besondere Umstände eine andere Verfügung erheischen, soll die Landesschulbehörde einschreiten.