Die drei Dokumente sind unterschiedliche Entwürfe für ein Statut des Reichsrats. Das Statut regelt die Kompetenzen, die rechtliche Stellung und die Zusammensetzung des Reichsrats. Der erste Entwurf ist der endgültige Entwurf der Reichsratskommission, der zweite wurde vom Ministerrat ausgearbeitet, der dritte stellt die Version dar, die auf der Basis der vorangegangen Vorschläge als gemeinsamer Entwurf vom Präsidenten des Reichsrats und des Ministerrats vorgelegt wurde. Die Entwürfe weichen ingesamt nur wenig voneinander ab. Unterschiede zeigen sich insbesondere bei den Kompetenzen des Reichsrats. Im letzten Entwurf werden etwa die im zweiten Entwurf vorkommenden Bestimmungen fallen gelassen, in Dringlichkeitsfällen den Reichsrat bei Gesetzeseinbringungen nicht konsultieren zu müssen sowie das Recht der Minister bei den Beratungen des Reichsrats anwesend zu sein. Dagegen wird die Bestimmung aufgenommen, dass der Ministerrat eine allfällige Nichtberücksichtigung eines reichsrätlichen Gutachtens begründen müsse. Die Anmerkungen von Thun zeigen eine grundsätzliche Skepsis, was die Funktion des Reichsrates betrifft.
Drei Stücke:
Der Entwurf ist halbbrüchig verfasst, wobei dem Entwurf des
Ministerrats obiger Entwurf des Reichsratsstatuts nach der Auffassung
der mehreren Stimmen der Kommission, 14. Januar 1851 gegenübergestellt
ist. Der Entwurf des Ministerrats ist im Dokument mit B (rechte Spalte),
der Entwurf der eingesetzten Kommission mit A (linke Spalte)
überschrieben. Die Transkription von letzterer wird hier kursiv wiedergegeben.
Mit eigenhändigen Anmerkungen Thuns.
Entwurf des Reichsrathsstatuts nach der Auffassung der mehreren
Stimmen der Commission
I. Bestimmung und Stellung
§ 1. Der Reichsrath ist ein in Gemäßheit der Reichsverfassung (§ 96) zur
Seite der Krone und der vollziehenden Reichsgewalt eingesetzter Körper zur
Berathung aller jener Angelegenheiten, über welche er im Sinne des § 7 dieses
Statutes einen berathenden Einfluß auszuüben berufen oder von der Krone oder von
der vollziehenden Reichsgewalt um sein Gutachten angegangen wird.
§ 2. Seine
vorzügliche Aufgabe ist es, die Krone und die vollziehende Reichsgewalt durch
seine Kenntnisse und Erfahrungen zu unterstützen, damit in der Gesetzgebung und
Verwaltung gediegene Reife <doctrinär>
§
3. Der Reichsrath ist ausschließend und unmittelbar Seiner Majestät dem Kaiser
untergeordnet. Seine Stellung zu den Ministerien ist jene der
Nebenordnung.
§ 4. Sein Beruf ist ein rein berathender. In Ertheilung seines
Rathes ist er unabhängig, selbstständig und in seiner freien Berathung
gesichert.
§ 5. Aufträge zur Ertheilung von Gutachten gelangen an den
Reichsrath unmittelbar von Seiner Majestät dem Kaiser und Einladungen in
gleicher Absicht von dem Ministerrathe.
Einzelne Minister können die Vergutachtung eines Gegenstandes im Körper des
Reichsrathes nur durch den
§ 6. Die unmittelbar von Seiner Majestät dem
Kaiser an den Reichsrath gehenden Gegenstände kommen demselben mittels
kaiserlichen Erlasses zu. Das Gutachten hierüber wird Seiner Majestät
unmittelbar vorgelegt.
Gegenstände, welche der
§ 7. Der Berathung und Begutachtung des Reichsrathes sind jederzeit
zu unterziehen: Alle Gegenstände der Reichs- und Landesgesetzgebung und der
Gesetzerläuterung sowie jene der im Verfügungswege zu erlassenden Anordnungen,
welche zu ihrer gesetzlichen Geltung die kaiserliche Sanction bedürfen.
In
der Kundmachung solcher Gesetze und Verfügungen ist die vorausgegangene
Vernehmung des Reichsrathes stets ausdrücklich zu erwähnen.
§ 8. In
Beziehung auf alle anderen Gegenstände steht es der Krone und dem Ministerium
frei, sie der Berathung und Begutachtung des Reichsrathes zu unterziehen.
§ 9. Dem Reichsrathe können nur bereits ausgearbeitete Entwürfe zur
Berathung und Begutachtung übergeben werden; zur ersten Verfassung derselben ist
er nicht berufen.
Entwürfe, über welche der
§ 10. Der Reichsrath hat keinerlei Initiative in Vorlegung von Gesetzes-
oder Verordnungsvorschlägen. Sollten ihm jedoch in der bestehenden Gesetzgebung
im weitesten Sinne Lücken, Mängel oder Bedürfnisse auffallen, so ist er berufen,
dieselben ohne Erstattung eines Vorschlages Seiner Majestät dem Kaiser
wohlbegründet vorzustellen, Allerhöchstdemselben vorbehaltend, davon im
verfassungsmäßigen Wege Gebrauch zu machen.
§ 11. Das Resultat der Berathung
des Reichsrathes kann das allein verantwortliche Ministerium in seinen Anträgen
in seinen Anträgen nicht binden. <Wenn aber>
§ 12. Sollten dem Reichsrathe noch andere Attribute
oder Functionen zugedacht werden wollen, so sind sie als Ergänzung des
gegenwärtigen Statutes im gesetzlichen Wege zu Stande zu bringen.
II. Zusammensetzung des Reichsrathes
§ 13. Der Reichsrath besteht aus seinem Präsidenten, den Reichsräthen und
zeitlichen Theilnehmern. Ein Stellvertreter des Präsidenten wird von Seiner
Majestät aus den Reichsräthen bestimmt. Zur Besorgung der Hülfs- und
Ordnungsgeschäfte werden ihm das Cabinetsarchiv und besondere Organe in
entsprechender Zahl zugewiesen.
§ 14. Alle Personalernennungen sind Seiner
Majestät dem Kaiser vorbehalten.
Von Allerhöchstdenselben hängt es ab, darüber Vorschläge einzuholen und zu
bestimmen, welche Kategorien des Hülfspersonales und der Dienerschaft, dann
unter welchen Bedingungen der Wahl und Ernennung des Reichsrathes selbst oder
seines Präsidenten überlassen werden wollen.
Als Ehrentitel wird die bloße
Benennung Reichsrath nie ertheilt.
§ 15. Die Zahl der Reichsräthe wird
vorläufig auf achtzehn bestimmt. Ihre Ernennung erfolgt in der Art, daß die Wahl
der einen Hälfte vorzugsweise aus dem Grunde besonderer Geschäfts- und
Fachkenntnisse, jene der anderen Hälfte aber vorzugsweise mit Rücksicht auf die
verschiedenen Theile des Reiches (§ 97 Reichsverfassung) bestimmt werde.
§
16. Als zeitliche Theilnehmer des Reichsrathes können zur gründlichen Erörterung
und Aufklärung einzelner Gesetzvorschläge und Fragen Männer aus allen Ständen
und Theilen der Monarchie zeitweilig beigezogen werden, welche durch ihre
Erfahrung, ihr Wissen, ihre gesellschaftliche Stellung zum Gesammtüberblicke der
Verhältnisse befähiget oder durch besondere Kenntnisse in den verschiedenen
Fächern ausgezeichnet sind.
§ 17. Die Einberufung erfolgt über Antrag des
Präsidenten des Reichsrathes und erwirkte Allerhöchste Genehmigung Seiner
Majestät des Kaisers von dem gedachten Präsidenten.
III. Pflichten und Rechte
§ 18. Die Bestimmung und Zusammensetzung des Reichsrathes bezeichnen auch
die Pflichten dieses Körpers und seiner Glieder.
Der Reichsrath hat bei
allen seinen Arbeiten mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht nur das Heil der
Krone und des Staates vor Augen. Er ist verpflichtet, ohne Furcht vor Lob oder
Tadel nach gewissenhafter Prüfung und männlicher Überzeugung wahr und offen sein
Gutachten auszusprechen und zu begründen und in möglichst kurzer Frist klar und
deutlich verfaßt abzugeben.
§ 19. Der Präsident und die Reichsräthe
beschwören diese Verpflichtung in die Hände Seiner Majestät des Kaisers, die
zeitlichen Theilnehmer geloben dieselbe in die Hände des Präsidenten und damit
auch die Bewahrung des Geheimnisses über die Berathungen.
§ 20. Die
Reichsräthe haben die ihnen im ordnungsmäßigen Wege zukommenden Arbeiten
unabträglich der Gründlichkeit zu befördern, die wünschenswerth befundenen
Behelfe und Aufklärungen zu sammeln und überhaupt alles vorzubereiten, was die
erschöpfende Berathung des Gegenstandes sichert.
§ 21. Der Reichsrath ist
berechtigt, durch seinen Präsidenten das willfährige Entgegenkommen der
Ministerien in Anspruch zu nehmen, welche von den ihnen untergeordneten Behörden
und Anstalten alle zur Vollständigkeit der Arbeiten des Reichsrathes
bezeichneten Behelfe herbeischaffen werden.
§ 22. Wenn zum Behufe von
Aufklärungen über vorliegende Operate von dem
§ 23. Es bleibt Seiner Majestät dem Kaiser vorbehalten, den Präsidenten des
Reichsrathes allein oder mit einzelnen Mitgliedern dem unter Allerhöchstihrem
Vorsitze abzuhaltenden
§ 24. Der Präsident des Reichsrathes hat den Rang der ersten
Diätenklasse unmittelbar nach dem Präsidenten des
§ 25. Außer den
Fällen der Beförderung zu anderen Functionen, die aber gegen den Willen nicht
aufgedrungen werden kann, der Pensionirung wegen Alters oder erwiesener
Gebrechen und des nach den allgemeinen Gesetzen vorgesehenen Dienstverlustes
kann die Enthebung eines Reichsrathes nur nach Erkenntnis des im Plenum
versammelten Reichsrathes von Seiner Majestät dem Kaiser ausgesprochen
werden.
§ 26. Die Besoldungen und Gebühren des Präsidenten, der Reichsräthe,
die Gebühren der zeitlichen Theilnehmer, die Genüsse des Personales und der
Dienerschaft werden in der Geschäftsordnung von Seiner Majestät bestimmt.
§
27. In Beziehung auf Ruhegenüsse und aus der ämtlichen Stellung entspringende
Verhältnisse gelten die bestehenden gesetzlichen Vorschriften.
§ 28. Der
Präsident und die Reichsräthe, dann die Beamtenschaft des Reichsrathes können
außer Ordens- und Hofwürden nebstbei weder ein anderes Staatsamt bekleiden noch
Mitglieder repräsentativer Körperschaften seyn.
§ 29. Der Reichsrath hat
seinen regelmäßigen Sitz in
IV. Allgemeine Grundzüge der Geschäftsordnung
§ 30. Die Ausarbeitung einer umfassenden Geschäftsordnung wird die erste
Beschäftigung des Reichsrathes nach erfolgter Zusammentretung seyn und Seiner
Majestät dem Kaiser sowie über die Vorschläge über das Hülfspersonal und die
Dienerschaft, den Besoldungsstand, die Genüsse und Gebühren, dann die
materiellen Diensterfordernisse vorgelegt werden. Folgende Grundsätze werden
darin ihren näheren Ausdruck zu finden haben.
§ 31. Die Verhandlungen des
Reichsrathes sind ohne Öffentlichkeit. Die Geschäftssprache desselben ist die
deutsche, ohne bei mündlichen Verhandlungen andere Sprachen unbedingt
auszuschließen.
§ 32. Der Reichsrath wird in drei Sectionen getheilt, und zwar:
a. in
die Sektion des Inneren nebst Kultus, Unterricht und ökonomisch-administrativen
Militärgegenständen,
b. in die Section für Finanzen, Handel, Industrie,
Kommunicationen, Ackerbau und Bergwesen,
c. in die Sektion für
Justiz.
Zur Leitung der Verhandlungen in den Sektionen wird einer der
Reichsräthe vom Präsidenten bestimmt. Keine der Sektionen hat vor der anderen
einen Vorrang.
Ein Mitglied kann mehreren Sectionen angehören.
§ 33. Der
Präsident des Reichsrathes verfügt innerhalb der festgesetzten Eintheilung die
Geschäftszuweisung.
§ 34. Die an den Reichsrath in gehöriger Weise gelangten
Aufgaben sind, sobald die Vorarbeit vollendet ist, in Berathung zu ziehen und
die Antragsbeschlüsse mit gleichzeitiger genauer Anführung aller Abstimmungen im
Protokolle niederzulegen. Übrigens nach § 6 zu verfahren.
§ 35. Es steht
jedem Rathe frei, seine besondere Meinung schriftlich dem Protokolle
beizulegen.
§ 36. Kein berufener Reichsrath kann sich außer in Angelegenheiten
persönlicher Betreffnisse oder Erkrankung der Theilnahme und Abstimmung
enthalten. Es darf aber auch kein nach der Geschäftsordnung berufener Reichsrath
(mit der obigen Ausnahme) übergangen oder ausgeschlossen werden.
§ 37. Die
Geschäftsordnung hat genau zu bestimmen, was in einer Plenarversammlung des
Reichsrathes und was in zwei gleichzeitig versammelten Sektionen vorgetragen
werden soll.
§ 38. Bei der Einberufung zeitlicher Theilnehmer sind die
Vorarbeiten, für welche sie geladen wurden, vor allem ihrer eigenen Berathung zu
unterziehen, welcher der Präsident selbst oder durch einen Stellvertreter
vorzusitzen hat.
Dieser Berathung können die Reichsräthe beiwohnen, ohne
wirksamen Antheil daran zu nehmen.
Die im Protocolle niedergelegten
Resultate der Berathung der zeitlichen Theilnehmer gelangen dann erst an den
Reichsrath, wo sie nach dem Statute der Geschäftsordnung in weitere Verhandlung
genommen werden.
§ 39. Es bleibt Seiner Majestät dem Kaiser vorbehalten, den
Reichsrath unter Allerhöchsteigenem Vorsitz Gegenstände erörtern zu lassen,
worüber Allerhöchstdieselben jedesmal besondere Weisungen an den Präsidenten des
Reichsrathes erlassen.
Entwurf des Reichsrathsstatutes
A. nach dem Vorschlage der zu dessen Entwerfung eingesetzt
gewesenen Commission
B. nach dem Vorschlage des Ministercomités vom 10. und 11.
Hornung 1851 gemäß den früheren Ministerrathsbeschlüssen
Wir Franz Joseph der Erste von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs, von Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien, König von Jerusalem, etc. Erzherzog von Oesterreich, Großherzog von Toskana und Krakau, Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen; Markgraf von Mähren; Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober- und Nieder-Lausitz und in Istrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc.; Herr von Triest, von Cattaro und auf der windischen Mark; Großwoywod der Woywodschaft Serbien etc. etc. haben in Ausführung der §§ 96 bis 98 der Reichsverfassung nach eingeholtem Gutachten der unter dem Vorsitze Unseres Reichsrathspräsidenten zusammengesetzten Commission und nach Anhörung Unseres Ministerrathes im Grunde der §§ 87 und 120 der Reichsverfassung folgendes Statut über den Reichsrath erlassen:
I. Abschnitt:
Bestimmung und Stellung des Reichsrathes
§ 1. Der Reichsrath ist zur Berathung aller jener Angelegenheiten
bestimmt, über welche er von Uns befragt oder von Unserem
§ 1. Der Reichsrath ist ein in Gemäßheit der
Reichsverfassung (§ 96) zur Seite der Krone und der vollziehenden
Reichsgewalt eingesetzter Körper zur Berathung aller jener
Angelegenheiten, über welche er im Sinne des § 7 dieses Statutes einen
berathenden Einfluß auszuüben berufen oder von der Krone oder von der
vollziehenden Reichsgewalt um sein Gutachten angegangen wird.
§ 2. Die vorzüglichste Aufgabe des Reichsrathes ist Uns und Unsere
Regierung durch seine Einsichten, Kenntnisse und Erfahrungen zu
unterstützen, damit in der Gesetzgebung gediegene Reife (und Einheit der
leitenden Grundsätze) erzielt werde.
§ 2. Seine vorzügliche Aufgabe ist es, die Krone und die
vollziehende Reichsgewalt durch seine Kenntnisse und Erfahrungen zu
unterstützen, damit in der Gesetzgebung und Verwaltung gediegene Reife
und Einheit der leitenden Grundsätze erzielt werde.
§ 3. Der Reichsrath ist ausschließend und unmittelbar Uns
untergeordnet. Seine Stellung zu Unseren Ministerien ist jene der Nebenordnung.
§ 3. Der Reichsrath ist ausschließend und unmittelbar
Seiner Majestät dem Kaiser untergeordnet. Seine Stellung zu den
Ministerien ist jene der Nebenordnung.
§ 4. Sein Beruf ist ein rein berathender. In Ertheilung seines Rathes
ist er unabhängig, selbstständig und in seiner freien Berathung gesichert.
§ 4. Sein Beruf ist ein rein berathender. In Ertheilung
seines Rathes ist er unabhängig, selbstständig und in seiner freien
Berathung gesichert.
§ 5. Aufträge zur Erstattung von Gutachten gelangen an den Reichsrath
unmittelbar von Uns und Einladungen in gleicher Absicht von dem
Eingaben von
anderen Behörden, Körperschaften oder Privaten können keine Veranlassung zu
Verhandlungen oder Berathungen des Reichsrathes geben und sind, wenn sie
nicht ausschließend die inneren Angelegenheiten desselben betreffen, stets
unerwidert zu lassen.
§ 5. Aufträge zur Ertheilung von Gutachten gelangen an den
Reichsrath unmittelbar von Seiner Majestät dem Kaiser und Einladungen in
gleicher Absicht von dem Ministerrathe. Einzelne Minister können die
Vergutachtung eines Gegenstandes im Körper des Reichsrathes nur durch
den Ministerrath veranlassen. Eingaben von anderen Behörden,
Körperschaften oder Privaten können keine Veranlassung zu Berathungen
des Reichsrathes geben und sind, wenn sie nicht ausschließend die
inneren Angelegenheiten des Reichsrathes betreffen, stets unerwidert zu
lassen.
§ 6. Die unmittelbar von Uns an den Reichsrath gehenden Gegenstände
kommen demselben mittelst kaiserlichen Erlasses zu. Das Gutachten hierüber
wird Uns unmittelbar vorgelegt. Gegenstände, welche der
§ 6. Die unmittelbar von Seiner Majestät dem Kaiser an den
Reichsrath gehenden Gegenstände kommen demselben mittels kaiserlichen
Erlasses zu. Das Gutachten hierüber wird Seiner Majestät unmittelbar
vorgelegt. Gegenstände, welche der Ministerrath an den Reichsrath
leitet, sind zu diesem Behufe durch den Präsidenten des Ministerrathes
an jenen des Reichsrathes zu übersenden. In diesem Falle ist auch das
Ergebnis der reichsräthlichen Berathung an den Präsidenten des
Ministerrathes zu leiten.
§ 7. Der Reichsrath wird, Dringlichkeitsfälle ausgenommen, in allen
Fragen der Gesetzgebung gehört und der Anhörung desselben in der Kundmachung
der Gesetze erwähnt. Übrigens behalten Wir Uns vor die Ansicht und das
Gutachten des Reichsrathes auch in anderen Angelegenheiten zu vernehmen.
§ 7. Der Berathung und Begutachtung des Reichsrathes sind
jederzeit zu unterziehen: Alle Gegenstände der Reichs- und
Landesgesetzgebung und der Gesetzerläuterung sowie jene der im
Verfügungswege zu erlassenden Anordnungen, welche zu ihrer gesetzlichen
Geltung die kaiserliche Sanction bedürfen.In der Kundmachung
solcher Gesetze und Verfügungen ist die vorausgegangene Vernehmung des
Reichsrathes stets ausdrücklich zu erwähnen.
II. Abschnitt:
Zusammensetzung des Reichsrathes
§ 12. Der Reichsrath besteht aus seinem Präsidenten und Reichsräthen im
ordentlichen und außerordentlichen Dienste. Ein Stellvertreter des
Präsidenten wird von Uns aus den Reichsräthen bestimmt.
Zur Besorgung
der Hilfs- und Ordnungsgeschäfte wird ihm das nöthige Personale in
entsprechender Anzahl zugewiesen.
Zusatz nach dem Antrage des Ministers des Innern: und die Benützung des
Cabinetsarchives eingeräumt.
III. Abschnitt:
Pflichten und Rechte
§ 16. Die Bestimmung und Zusammensetzung des Reichsrathes bezeichnen
auch die Pflichten dieses Körpers und seiner Glieder. Der Reichsrath hat bei
allen seinen Arbeiten mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht nur das Heil
der Krone und des Staates vor Augen. Er ist verpflichtet, ohne Rücksicht auf
Lob oder Tadel nach gewissenhafter Prüfung und männlicher Überzeugung wahr
und offen sein Gutachten auszusprechen und zu begründen und in möglichst
kurzer Frist klar und deutlich verfaßt abzugeben.
§ 18. Die Bestimmung und Zusammensetzung des Reichsrathes
bezeichnen auch die Pflichten dieses Körpers und seiner Glieder.Der
Reichsrath hat bei allen seinen Arbeiten mit Hintansetzung jeder anderen
Rücksicht nur das Heil der Krone und des Staates vor Augen. Er ist
verpflichtet, ohne Furcht vor Lob oder Tadel nach gewissenhafter Prüfung
und männlicher Überzeugung wahr und offen sein Gutachten auszusprechen
und zu begründen und in möglichst kurzer Frist klar und deutlich verfaßt
abzugeben.
IV. Abschnitt:
Die Einleitungen zum Vollzuge dieses organischen Gesetzes hat der Präsident
Unseres Ministerrathes im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Reichsrathes
zu treffen.
Gegeben in Unserer etc. etc.
Entwurf des Reichsrathsstatutes nach der zwischen den Präsidenten des
Ministerrathes und des Reichsrathes getroffenen Vereinbarung
Wir Franz Joseph der Erste von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, König von
Ungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs, von Dalmatien,
Croatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Illirien, König von Jerusalem
etc. Erzherzog von Österreich, Großherzog von Toskana und Krakau, Herzog von
Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain und der Bukowina,
Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren, Herzog von Ober- und
Nieder-Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz
und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von
Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradiska, Fürst von Trient und
Brixen; Markgraf von Ober- und Nieder-Lausitz und in Istrien; Graf von
Hohenembs, Feldkirch, Bregenz, Sonnenburg etc. Herr von Triest, von Cattaro
und auf der windischen Mark; Großwoywod der Woywodschaft Serbien etc.
etc.
haben in Ausführung der §§ 96 bis 98 der Reichsverfassung nach
eingeholtem Gutachten der unter dem Vorsitze Unseres Reichsrathspräsidenten
zusammengesetzten Commission und nach Anhörung Unseres Ministerrathes im
Grunde der §§ 87 und 120 der Reichsverfassung folgendes Statut über den
Reichsrath erlassen.
I. Abschnitt:
Bestimmung und Stellung des Reichsrathes
§ 1. Der Reichsrath ist zur Berathung aller jener Angelegenheiten
bestimmt, über welche er im Sinne des § 7 dieses Statutes einen berathenden
Einfluß auszuüben berufen oder von Uns befragt oder von Unserem
§ 2. Die vorzüglichste Aufgabe des Reichsrathes ist, Uns und Unser
Ministerium durch seine Einsichten, Kenntnisse und Erfahrungen zu
unterstützen, damit in der Gesetzgebung gediegene Reife und Einheit der
leitenden Grundsätze erzielt werde.
§ 3. Der Reichsrath ist auschließend
und unmittelbar Uns untergeordnet; seine Stellung zu Unserem Ministerium ist
jene der Nebenordnung.
§ 4. Sein Beruf ist ein rein berathender. In
Ertheilung seines Rathes ist er unabhängig, selbstständig und in seiner
freien Berathung gesichert.
§ 5. Aufträge zur Erstattung von Gutachten
gelangen an den Reichsrath unmittelbar von Uns und Einladungen in gleicher
Absicht von dem Ministerrathe
Die einzelnen Minister sind jedoch
berechtiget, von der ihnen obliegenden Ausarbeitung umfassender
Gesetzentwürfe die Berathung der Prinzipien derselben im Reichsrathe zu
verlangen und an dieser Berathung Theil zu nehmen. (Vgl. § 22)>
Eingaben von anderen Behörden, Körperschaften oder Privaten können
keine Veranlassung zu Verhandlungen oder Berathungen des Reichsrathes geben
und sind, wenn sie nicht ausschließend die inneren Angelegenheiten desselben
betreffen, stets unerwidert zu lassen.
§ 6. Die unmittelbar von Uns an
den Reichsrath gehenden Gegenstände kommen demselben mittelst kaiserlichen
Erlasses zu. Das Gutachten hierüber wird Uns unmittelbar
vorgelegt.
Gegenstände, welche der
§ 7. Der
Reichsrath wird in allen Fragen der Gesetzgebung gehört
und der Anhörung desselben in der Kundmachung der Gesetze erwähnt.
§ 8.
Wir behalten Uns vor, die Ansicht und das Gutachten des Reichsrathes auch in
anderen Angelegenheiten zu vernehmen. Unserem Ministerium steht es frei,
auch andere hier nicht bezeichnete Gegenstände der Berathung und
Begutachtung des Reichsrathes zu unterziehen.
§ 9. Dem Reichsrathe
sollen von dem Ministerium nur ausgearbeitete Entwürfe zur Berathung und
Begutachtung übergeben werden.
§ 10. Der Reichsrath hat keinerlei Initiative in Vorlegung von
Gesetzes- oder Verordnungsvorschlägen. <Wir behalten uns jedoch vor dem
Reichsrathe in dem Falle, wenn er sich gegen einen ihm von dem Ministerium
vorgelegten Gesetzentwurf ausspricht, die Ausarbeitung eines neuen Entwurfes
aufzutragen.>
§
11. Das Resultat der Berathung des Reichsrathes kann das Ministerium in
seinen Anträgen nicht binden. In den Angelegenheiten, welche im § 7
bezeichnet sind, wird der
§ 12. Sollten Wir für gut finden, dem Reichsrathe noch andere
Attribute oder Functionen zuzuweisen, so werden Wir hierüber die weiteren
Bestimmungen erlassen.
II. Abschnitt:
Zusammensetzung des Reichsrathes
§ 13. Der Reichsrath besteht aus seinem Präsidenten, aus den
Reichsräthen und aus zeitlichen Beisitzern. Ein Stellvertreter des
Präsidenten wird von Uns aus den Reichsräthen bestimmt.
Wir behalten Uns
vor, nebst den für den ordentlichen Dienst bestimmten Reichsräthen auch
Reichsräthe im außerordentlichen Dienste zu ernennen und die in dieser
Beziehung erforderlichen Bestimmungen besonders festzusetzen.
Zur
Besorgung der Hilfs- und Ordnungsgeschäfte werden ihm das Cabinetsarchiv im
engeren Sinne mit Vorbehalt der freien Benützung für das Ministerium, dann
die weiters erforderlichen besonderen Organe in entsprechender Zahl
zugewiesen.
§ 14. Alle Personalernennungen gehen von Uns aus.
Wir
behalten Uns übrigens vor, abgesondert zu bestimmen, welche Categorien des
Hilfspersonals und der Dienerschaft, dann unter welchen Bedingungen, der
Wahl und Ernennung des Reichsrathes selbst oder seines Präsidenten
überlassen werden.
Als Ehrentitel wird die Benennung Reichsrath nie
ertheilt.
§ 15. Die Zahl der Reichsräthe im ordentlichen Dienste wird
nach dem Bedürfnisse des Geschäftsumfanges über den Vorschlag Unseres
Reichsrathspräsidenten jeweilig von Uns bestimmt werden. Bei der Wahl der
Reichsräthe wird auf die verschiedenen Theile des Reiches entsprechende
Rücksicht genommen werden.
§ 16. Als zeitliche Beisitzer des
Reichsrathes können zur gründlichen Erörterung und Aufklärung einzelner
Gesetzvorschläge und Fragen Männer aus allen Ständen und Theilen der
Monarchie zeitweilig beigezogen werden, welche durch ihre Erfahrung, ihr
Wissen, ihre gesellschaftliche Stellung zum Gesammtüberblicke der
Verhältnisse befähigt oder durch besondere Kenntnisse in den verschiedenen
Fächern ausgezeichnet sind.
§ 17. Die Beschlüsse über die Zweckmäßigkeit
oder Nützlichkeit der Einberufung, über den Gegenstand und die Ordnung der
Berathung so wie über die Wahl der Beisitzer bleiben Uns in jedem besonderen
Falle vorbehalten.
III. Abschnitt:
Pflichten und Rechte
§ 18. Die Bestimmung und Zusammensetzung des Reichsrathes bezeichnen
auch die Pflichten dieses Körpers und seiner Glieder.
Der Reichsrath hat
bei allen seinen Arbeiten mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht nur das
Heil der Krone und des Staates vor Augen. Er ist verpflichtet, ohne
Rücksicht auf Lob oder Tadel nach gewissenhafter Prüfung und männlicher
Überzeugung wahr und offen sein Gutachten auszusprechen und zu begründen und
in möglichst kurzer Frist klar und deutlich verfaßt abzugeben.
§ 19. Der
Präsident und die Reichsräthe beschwören diese Verpflichtung in Unsere
Hände, die zeitlichen Beisitzer geloben dieselben, in die Hände des
Präsidenten und damit auch die Bewahrung des Geheimnisses über die
Berathungen.
§ 20. Die Reichsräthe haben die ihnen im ordnungsmäßigen
Wege zukommenden Arbeiten unabträglich der Gründlichkeit zu befördern, die
wünschenswerth befundenen Behelfe und Aufklärungen zu sammeln und überhaupt
alles vorzubereiten, was die erschöpfende Berathung des Gegenstandes
sichert.
§ 21. Der Reichsrath ist berechtigt, durch seinen Präsidenten
das willfährige Entgegenkommen der Ministerien in Anspruch zu nehmen, welche
von den ihnen untergeordneten Behörden und Anstalten die zur Vollständigkeit
der Arbeiten des Reichsrathes bezeichneten Behelfe herbeischaffen
werden.
§ 22. Wenn zum Behufe von Aufklärungen über vorliegende Operate
von dem Ministerrathe oder dem Reichsrathe der Wunsch ausgesprochen wird,
Mitglieder des einen oder des anderen Köpers <oder Beamte einzelner
Ministerien>
§ 23. Es bleibt Uns vorbehalten, den Präsidenten des Reichsrathes
allein oder mit einzelnen Mitgliedern dem unter Unserem Vorsitze
abzuhaltenden Ministerrathe beizuziehen. Bei dieser Berathung haben jedoch
die Mitglieder des Reichsrathes keine entscheidende Stimme.
§ 24. Der
Präsident des Reichsrathes hat den Rang unmittelbar nach dem Präsidenten des
Ministerrathes. Die Reichsräthe als solche haben gleichen Rang mit den
Statthaltern.
§ 25. Die Enthebung vom Amte eines Reichsrathes wird, die
Fälle der Beförderung zu anderen Functionen, die Pensionirung wegen Alters
oder erwiesener Gebrechen und des nach den allgemeinen Gesetzen vorgesehenen
Dienstverlustes ausgenommen, von Uns nur nach Anhörung des Reichsrathes
ausgesprochen werden.
§ 26. Die Besoldungen und Gebühren des Präsidenten
und der Reichsräthe, dann die Genüsse des Personals und der Dienerschaft
werden von Uns bestimmt.
§ 27. In Beziehung auf Ruhegenüsse und aus der
ämtlichen Stellung entspringende Verhältnisse gelten die bestehenden
Vorschriften.
§ 28. Der Präsident und die Reichsräthe im ordentlichen
Dienste, dann die Beamten des Reichsrathes können außer Ordens- und
Hofwürden nebstbei weder ein anderes Staatsamt bekleiden, noch Mitglieder
repräsentativer Wahlkörper
IV. Abschnitt:
Allgemeine Grundzüge der Geschäftsordnung
§ 29. Die Ausarbeitung einer umfassenden Geschäftsordnung wird die
erste Beschäftigung des Reichsrathes nach erfolgtem Zusammentritte sein und
Uns so wie die Vorschläge über das Hilfspersonale und die Dienerschaft, den
Besoldungsstand, die Genüsse und Gebühren, dann die materiellen
Diensterfordernisse vorgelegt werden.
§ 30. Die Verhandlungen des
Reichsrathes sind nicht öffentlich.
§ 31. Der Reichsrath wird in
Sectionen getheilt, deren Zusammensetzung und Geschäftskreis durch die
Geschäftsordnung bestimmt werden wird.
Die Bildung der etwa nothwendigen
Comités bleibt dem Ermessen des Präsidenten überlassen.
Zur Leitung der
Verhandlungen in den Sectionen oder Comités wird einer der Reichsräthe vom
Präsidenten bestimmt. Keine der Sectionen hat vor der anderen einen Vorrang.
Ein Mitglied kann mehreren Sectionen oder Comités angehören.
§ 32. Der
Präsident des Reichsrathes verfügt innerhalb der festgesetzten Eintheilung
die Geschäftszuweisung.
§ 33. Die an den Reichsrath im
vorschriftsmäßigen Wege gelangten Aufgaben sind, sobald die Vorarbeit
vollendet ist, in Berathung zu ziehen und die Antragsbeschlüsse mit
gleichzeitiger genauer Anführung aller Abstimmungen im Protokolle
niederzulegen. Übrigens ist nach § 6 zu verfahren.
§ 34. Es steht jedem
Rathe frei, seine besondere Meinung schriftlich dem Protokolle
beizulegen.
§ 35. Kein berufener Reichsrath kann sich, außer in
Angelegenheiten persönlicher Betreffnisse oder Erkrankung, der Theilnahme
und Abstimmung enthalten. Es darf aber auch kein nach der Geschäftsordnung
berufener Reichsrath (mit der obigen Ausnahme) übergangen oder
ausgeschlossen werden.
§ 36. Die Geschäftsordnung wird bestimmen, welche
Gegenstände in einer Plenarversammlung der Reichsräthe im ordentlichen
Dienste und welche sectionsweise vorgetragen werden sollen.
§ 37. Es
bleibt Uns vorbehalten, den Reichsrath unter Unserem Vorsitze Gegenstände
erörtern zu lassen, worüber Wir jedesmal besondere Weisungen an den
Präsidenten des Reichsrathes ertheilen werden.
§ 38. Die Einleitungen
zum Vollzuge dieses organischen Gesetzes haben der Präsident des
Ministerrathes und der Präsident des Reichsrathes theils im Einvernehmen,
theils jeder in seinem Bereiche zu treffen.
Gegeben in Unserer etc.
etc.
erwähnt in
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Loosdorf 1813–1893 Unterwaltersdorf
Juli und Okt. 1848 Justizminister, ab Juli 1849 Minister des Innern, 1859–1867 österr. Botschafter im Vatikan
https://d-nb.info/gnd/118651455
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